Innovatives Management: Vertrauen ist wichtig, Kontrolle ist richtig

Führung aus der Distanz funktioniert mit der richtigen Infrastruktur und einer guten Unternehmenskultur.

Anne Koschik | 17.11.2021
Das Management soll die Kontrolle nicht komplett aufgeben - Vertrauen und Kontrolle müssen stimmen.

Homeoffice Das Management soll die Kontrolle nicht komplett aufgeben - Vertrauen und Kontrolle müssen stimmen. © Caspar Camille Rubin on Unsplash

Seit 2005 ist die Zahl der Mitarbeiter, die aus dem Homeoffice arbeiten, um 140 Prozent gestiegen. Das wird sich nach der Corona-Krise potenzieren – in Berufen, die man mit dem Computer ausüben kann. Denn es ist selbstverständlich geworden.

„Vor der Corona-Krise war die Skepsis beim Thema „Führen aus der Distanz“ groß“, sagt Dennis Hoffmeister, Executive Director bei der internationalen Personalberatung Page Executive. Jetzt habe sich jedoch gezeigt: Es funktioniert durchaus. Vor allem bei solchen Unternehmen, die im Vorfeld in ihre technische Infrastruktur investiert hätten und bei denen ein Wertesystem bestand, das auf Qualifikation und Wir-Gefühl bauen konnte.

Um in Zukunft nicht nur Krisen zu bestehen, sondern auch von den Erfahrungen im Homeoffice oder beim Remote-Arbeiten zu profitieren, hat die Personalberatung Page Executive drei wichtige Empfehlungen fürs Management. Schöner Nebeneffekt: Wer künftig mehr Remote-Arbeit zulässt, spart auch Kosten: durch Auflösung von Mietflächen, weniger Büroreinigung, Reduzieren des Firmenwagenfuhrparks, fehlende Unterstützung von Kantinenessen oder Kaffeeangeboten im Büro. Das rechnet sich – trotz Neuinvestitionen in technische Infrastrukturen, Internet oder mehr Mobilfunkverträge.

1. Vertrauen und Kontrolle ausbalancieren

Aktuelle Situation:
Die Corona-Phase schafft eine neue Dimension, die auf Führungskräfte erstmal wirken muss. Denn die aktuelle Führungskräftegeneration ist über Kontrolle großgeworden: Mit Kennzahlen (KPIs) zu steuern und deren Ziele zu erfüllen, war für sie über viele Jahre Standard. Auf Vertrauen zu setzen, dass die Mitarbeiter von sich aus qualitativ hochwertig arbeiten und dabei Zeit und Kosten nicht aus den Augen verlieren, war nicht üblich.

Für die jungen Mitarbeiter-Generationen Y und Z ist das jedoch notwendig. Sie erwarten Flexibilität im Arbeitsverhalten.

Was sich ändern wird:
Es ist jetzt wichtig, dass Führungskräfte als Erstes lernen, sich selbst zu vertrauen. In speziellen Trainings können sie erfahren, wie sie Vertrauen entwickeln können. Gleichzeitig sollten sie feste Prozesse für ihre Teams etablieren, in denen die Mitarbeiter ihre Ergebnisse in regelmäßigen kurzen Abständen abliefern. Ein Weg wäre dieser: Zunächst wird ein Projekt besprochen und jedes Teammitglied erhält seine Aufgabe.

Hier kommt jetzt das Vertrauen ins Spiel: Die Aufgabe muss in einem gewissen Zeitrahmen erfüllt werden, ohne dass die Arbeitsschritte und Vorgehensweise hinterfragt und geprüft werden. Erst im Anschluss stellt die Führungskraft gemeinsam mit dem Mitarbeiter fest, ob die Ziele rechtzeitig erreicht wurden.

Das Management soll die Kontrolle nicht komplett aufgeben: Blindes Vertrauen ist nicht das Ziel! Aber die Kontrollverfahren ändern sich.

Die größte Herausforderung:
Der reale tägliche Austausch zwischen Tür und Angel findet nicht statt, die Spontanität des Brainstormings entfällt. Es gibt fast nur noch gesetzte Termine über Videokonferenzen. Darum ist es besonders wichtig, auch die sozialen Momente des Arbeitsalltags aufrechtzuerhalten und sich – über festgelegte Meetings hinaus – spontan virtuell zusammenzufinden. Führungskräfte sollten zudem verstärkt das Einzelgespräch suchen und die persönliche Verbindung zu ihren Mitarbeitern stärken.

2. Feste Unternehmenskultur mit klaren Werten installieren

Aktuelle Situation:
Es hat sich gezeigt, dass eine eindeutige Unternehmenskultur mit gelebten Werten noch nicht überall besteht, sodass es in zahlreichen Firmen in der Tat nicht einfach ist, remote qualitativ hochwertig zu arbeiten.

Was sich ändern wird:
Eine transparente Unternehmenskultur macht den gravierenden Unterschied aus. Durch sie fühlen sich Menschen und Mitarbeiter angezogen. Sie bleiben länger im Unternehmen, arbeiten erfolgreicher. Auch in Krisenzeiten ist auf sie Verlass.

In Social Media ist das leicht überprüfbar: Auf LinkedIn und Kununu macht die Arbeitskultur im Unternehmen schnell die Runde. Das ist gerade im Hinblick auf das Einstellen neuer Talente nicht zu unterschätzen.

Die größte Herausforderung:
Die Führungskraft ist eine Persönlichkeit, die Werte vorlebt und die Unternehmenskultur ausstrahlt. Im Idealfall orientieren sich Mitarbeiter an ihr wie an einem Leuchtturm. Führungskräfte, die schon im Vorfeld in eine kooperative Form der Zusammenarbeit investiert und eine Vertrauenskultur aufgebaut haben, profitieren davon.

Ist die Kultur noch nicht verinnerlicht, können innovative Coachings und Führungskräfte-Trainings helfen, diese aufzubauen. Das gelingt aber nur, wenn das Management bereit ist, Kontrolle abzugeben und gegenseitiges Vertrauen zuzulassen.

3. Performance garantieren

Aktuelle Situation:
Das plötzliche, unvorhergesehen Ereignis der Corona-Krise hat dazu geführt, dass sich Unsicherheit breitgemacht hat. Selbst in nicht schwer getroffenen Branchen war die regelmäßige Beurteilung der Performance keineswegs von Anfang an vorhanden.

Was sich ändern wird:
Das A und O ist eine klare Erwartungshaltung, die das Management vorgibt. Tatsache ist: Zielvorgaben und Timings müssen weiterhin erfüllt werden. Jetzt geht es aber um das neue Wie. Es wird auf besondere Kommunikationsfähigkeiten ankommen, die unabhängig vom Arbeitsort für Transparenz sorgen: Der Austausch in Einzelcalls oder mit dem gesamten Team ist genauso wichtig wie Hilfsangebote in Projekten, aber auch im gegenseitigen Zuhören und im persönlichen Gespräch.

Jeder Mitarbeiter sollte das Gefühl bekommen, dass man sich auch für den Menschen im Unternehmen interessiert. Das schafft Authentizität und Teamgeist.

Die größte Herausforderung:
Im Normalbetrieb sollten alle Unternehmen eine Infrastruktur aufbauen, durch die sichergestellt wird, dass alle ins Homeoffice gehen können. Digitalisierungsanstrengungen mit Lösungen für Kollaborationen müssen daher verstärkt werden. Das kann geschehen, indem Unternehmen im „normalen“ Alltag testen, ob ihre bestehenden technischen Möglichleiten und die IT-Infrastruktur dem Arbeiten aus der Distanz standhalten.

Tun sie das nicht, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, darin zu investieren. Wichtig ist dann, den Mitarbeitern genug Zeit zu geben, im Homeoffice anzukommen und sich auf das Remote Working einzustellen.

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