Der erste Job? Jetzt die Finanzen regeln!

Versicherung, Vermögen, Gehalt: Beim Start ins Berufsleben muss sich so einiges ändern. Denn der neue Status „Arbeitnehmer“ beschert einem nicht nur ein regelmäßiges Gehalt, sondern auch den Umstand, dass man sich um seine finanziellen Angelegenheiten selbst kümmern muss. Wir zeigen, was dringend ist.

Ulrike Heitze | 16.12.2021
Erster Job Ratgeber

Das Girokonto gab’s für lau, und über die Eltern war man kostenlos krankenversichert; das Einzige, was einen in Sachen Finanzen wirklich interessierte, war die Frage, wie man mit dem wenigen Restgeld bis zum Monatsende über die Runden kam. Dieses wohlige Sich-um-nichts-kümmern-müssen aus der Studentenzeit endet mit dem Start ins Berufsleben. Denn der neue Status „Arbeitnehmer“ beschert einem nicht nur endlich ein regelmäßiges Gehalt, sondern auch den Umstand, dass man sich jetzt um seine finanziellen Angelegenheiten selbst kümmern muss – wohl oder übel. Dabei gibt es Baustellen, die man zügig nach der Uni in Angriff nehmen muss, aber auch Bereiche, die zwar wichtig, die aber ein paar Jährchen warten können oder sogar ganz unwichtig sind, obwohl Finanzberater gerne das Gegenteil behaupten. Die folgende Übersicht zeigt, was es künftig alles zu regeln gibt – und was nicht:

Infos für die Personalabteilung

Wer das erste Mal bei seinem neuen Unternehmen aufläuft, muss seine Kontonummer und seine Lohnsteuerkarte – die bekommt er beim Finanzamt am Wohnsitz – parat haben sowie Infos zur Krankenkasse und die Sozialversicherungsnummer. Diese fordert man bei der Krankenkasse an, sofern die Nummer nicht wegen früherer Jobs vorhanden ist. Wer Lust hat, kann sich auch schon mal mit der Altersvorsorge des Arbeitgebers vertraut machen. Not tut das allerdings nicht, denn meist gibt es die Leistungen eh erst nach einer gewissen Zeit im Unternehmen und darüber hinaus sollte man seine neuen Finanzen erst mal im Griff haben, bevor man sich an die Planung für die Rente macht.

Interessant ist dagegen die Frage nach Vermögenswirksamen Leistungen. Das ist eine in Unternehmen häufig angebotene, aber von Mitarbeitern eher selten genutzte Sparform, bei der Firmen für ihre Belegschaft je nach Branche monatlich 6,45 bis 40 Euro pro Nase auf Bank- oder Fondssparpläne, Bausparverträge oder in Versicherungen überweisen. Der Chef zahlt sechs Jahre ein, ein weiteres ruht das Vermögen. Danach kann der Mitarbeiter frei über das Geld verfügen – ohne „eine müde Mark“ eingezahlt zu haben.

Die erste eigene Finanzstrategie

Als oberste Maxime für Berufseinsteiger hat Tom Friess, Finanzplaner und Geschäftsleiter des VZ Vermögenszentrum in München, die Devise „Bloß nix überstürzen“ ausgegeben: „Berufseinsteiger müssen in Sachen Sparen in den ersten sechs bis zwölf Monaten nicht viel mehr unternehmen, als einfach nur ihr neues Leben zu leben – und zu schauen, was sie so monatlich an Geld für ihren normalen Bedarf brauchen.“ Dabei muss niemand im kargen Studentendasein verharren, ein teures Luxusleben sollte man sich aber auch nicht gleich zulegen. Das setzt einen nur unnötig unter Verdienstdruck. Erst, wer ein bisschen Gefühl für den neuen Geldsegen entwickelt hat und weiß, was unterm Strich übrig bleibt, kann sich daranmachen, etwas davon beiseitezulegen.

Sinnvollerweise schafft man sich am Anfang erst mal ein Finanzpolster in Höhe von zwei, drei Monatsgehältern, damit einen Autoreparaturen, Urlaube, Zahnkronen oder lecke Waschmaschinen nicht gleich in den teuren Dispo treiben. Grundsätzlich sollte man sich zwar im Laufe seines Lebens mehrere Finanztöpfe für verschiedene Zwecke – Kurzfristanlagen für den Urlaub, Mittelfristprodukte fürs Reihenhaus oder die Privatschule fürs Kind und Langfristvarianten für die Rente – zulegen und parallel besparen. Doch mangels Masse gilt das für die ersten Jahre im Job noch nicht. Hier reicht es, wenn man sich ein Ziel nach dem anderen vornimmt. Wer tatsächlich schon mal langsam in Sachen Rente loslegen will, ist in jungen Jahren mit einem flexibel einsetzbaren Fondssparplan besser bedient als zum Beispiel mit einer recht starren Rentenversicherung.

Ein umfassendes Altersvorsorgepaket sollte sich noch niemand zulegen. Das schnürt die weitere Lebensplanung nur unnötig ein. Eilig dagegen sind die Studienaltlasten wie Bafög oder Studienkredite. Wer sich beim Tilgen sputet, bekommt Rabatte von bis zu 50 Prozent (Infos unter www.das-neue-bafoeg.de). Ebenfalls auf der To-do-Liste für Jobeinsteiger: ein günstiges Girokonto suchen, da die Gebührenfreiheit irgendwann ausläuft. Entsprechende Recherche-Tools bietet zum Beispiel www.forium.de. Bei der Auswahl unter anderem auf die Zahl und Verbreitung der kostenlos nutzbaren Geldautomaten achten, sonst wird die Geldbeschaffung auf (Dienst-)Reisen ein ständiger Akt.

Sinnvoll versichert

Die Deutschen lieben ihre Versicherungen über alles. Rein statistisch verfügt jeder, vom Säugling bis zum Greis, über mehr als fünf Verträge. Marktexperten schätzen, dass gut ein Fünftel der Beiträge gespart werden könnte, wenn weniger wild drauflosversichert würde. Ein vernünftiges Maß an Versicherungen findet man, indem man sich kritisch fragt, was einem alles zustoßen kann – und was für ein Schaden dabei entstehen würde. Bei vielen Missgeschicken geht nicht gleich die Welt unter.

Zum Berufsstart existieren nur zwei Risiken, um deren Absicherung man sich zügig kümmern sollte – weil sie einen finanziell ruinieren können. Das eine ist die Gefahr, durch einen dummen Zufall eine Person schlimm zu verletzen oder eine Sache zu beschädigen. Der Verursacher haftet per Gesetz für den Schaden, den er angerichtet hat. Verursacht jemand zum Beispiel einen Unfall, durch den ein anderer im Rollstuhl landet, wäre der Lebensunterhalt bis ins hohe Alter zu bestreiten. Wer beim Grillabend das Haus des Gastgebers abfackelt, muss für ein neues sorgen. Dieses Risiko deckt eine private Haftpflichtversicherung ab. Die Police ist zwar keine Pflicht, aber sehr empfehlenswert.

Während des Studiums waren die meisten Studenten bei ihren Eltern mitversichert. Mit dem ersten Job brauchen sie eine eigene. Was in so einer Police alles versichert sein sollte, ist unter handelsblatt.com/vergleich nachzulesen. Dort hat der Arbeitskreis zur EU Vermittlerrichtlinieeinige Mindeststandards vorgeschlagen. Personen- und Sachschäden sollten dabei mit mindestens drei Millionen Euro versichert sein, besser fünf oder sogar unbegrenzt. Je nach Ausstattung kostet so eine Police pro Jahr 60 bis 100 Euro. Sinnvoll ist darüber hinaus der Baustein „Forderungsausfalldeckung“, bei dem die eigene Versicherung einspringt, wenn einem jemand Fremdes einen Schaden zugefügt hat, dieser aber selbst nicht versichert ist. Da immerhin fast jeder Dritte keine solche Police hat, ist das eine interessante Erweiterung, die sechs bis zehn Euro pro Jahr zusätzlich kostet.

Wer mit seinem Partner zusammenlebt, sollte nach dem Baustein „Regressverzicht der Sozialversicherungsträger“ fragen, rät Versicherungsexperte Helge Kühl vom BUForum24. Denn wer seinen Partner selbst aus Versehen verletzt, muss damit rechnen, dass dessen Krankenversicherer die Kosten erstattet haben möchte. Eine normale Police würde die Zahlung mit Hinweis auf die Partnerschaft möglicherweise ablehnen. Eine Haftpflichtversicherungkann regelmäßig gekündigt werden. Wer also an ein schlechtes Tarifwerk oder einen teuren Anbieter gerät, kann zu einem besseren wechseln.

Die zweite essenziell wichtige Versicherung zum Berufsstart, die Berufsunfähigkeitspolice, ist dagegen meist eine Entscheidung fürs Leben. Deshalb ist eine sorgfältige Auswahl wichtig. Die BU-Police sichert den Lebensunterhalt, wenn einen eine Krankheit oder ein Unfall so lahmlegt, dass man nicht mehr arbeiten und Geld verdienen kann. Die Hilfen von staatlicher Seite sind in so einem Fall nämlich ein Witz. Für junge Leute ist Berufsunfähigkeit oft ein sehr fernes Szenario. Aber mittlerweile scheidet jeder vierte Arbeitnehmer wegen Krankheit vorzeitig aus dem Job aus. Tendenz steigend. Bandscheibenschäden oder Burn-outs führen immer häufiger zu Zwangspausen. So geht es bei vielen Leistungsfällen gar nicht darum, dass der Versicherte nie wieder voll arbeiten gehen kann, sondern dass einige Jahre Rekonvaleszenz überbrückt oder eine berufliche Umorientierung finanziert werden müssen.

Wer mit 40.000 Euro Jahresgehalt in den Job einsteigt, kann sich leicht ausrechnen, was es bedeutet, wenn dieses Geld für ein, zwei Jahre ausfällt, bis man wieder voll fit ist. Deshalb sollte eine BU-Absicherung zügig zum Jobstart her. Auch, weil die Einstiegspreise in jungen Jahren billiger sind als bei Älteren. Da BU-Policen ein komplexes Thema sind, erklärt Junge Karriere in der kommenden Ausgabe (8/2008) detailliert, wie man die richtige Versicherung findet. Berufseinsteiger, die bereits aus dem Studium eine solche Police haben, sollten zügig – Achtung Fristen! – ihren Versicherer kontaktieren und die hoffentlich vereinbarte Nachversicherungsoption nutzen. Mit der kann bei Berufseinstieg, Heirat, Beförderung oder Familienzuwachs die Unterstützung für den Schadensfall aufgestockt werden. Statt 1.000 Euro Rente werden dann zum Beispiel 1.500 Euro pro Monat gezahlt.

Über die in Deutschland sehr beliebte Hausratversicherung – kostet rund 100 Euro pro Jahr für eine 70-Quadratmeter-Wohnung in mittelguter Lage – müssen sich Jobstarter nur Gedanken machen, wenn sie über einen gut bis luxuriös ausgestatteten Hausstand verfügen. Die Police ersetzt die Einrichtung, wenn Diebe oder ein Brand die Wohnung heimsuchen oder etwa die Waschmaschine ausläuft. Eine Rechtsschutzversicherung ist für Berufsstarter verzichtbar, denn ausgerechnet der Baustein für beruflichen Zwist ist sehr teuer. Diese Absicherung lässt sich auch über die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft erzielen. Für Mietstreitigkeiten gilt das Gleiche mit dem Mieterschutzbund. Ein reiner Verkehrsrechtsschutz kostet etwa 50 bis 100 Euro pro Jahr. Unterm Strich sind Anwälte und Prozesse auch aus der eigenen Tasche finanzierbar.

Lang laufende private Rentenversicherungen für die Altersvorsorge sollten für Jobstarter tabu sein. Damit binden sie sich schon früh feste Beiträge ans Bein und legen sich auf Jahre hinaus fest, egal, was der neue Job so bringt. Manche Policen lassen zwar Beitragspausen und Teilverfügungen zu. Dies geht aber immer zu Lasten der Rendite.

Alles gegen Krankheit

Die Zeiten, in denen man kostenlos über die Eltern oder zu einem Billig-Einheitssatz krankenversichert war, sind mit dem Jobeinstieg passé. Künftig bestimmt sich für die meisten Berufstätigen – für die, die Mitglied in der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) sind oder werden – der monatliche Beitrag nach der Einkommenshöhe. Der liegt je nach Kasse zwischen 12,4 und 16,5 Prozent vom Gehalt und wird je zur Hälfte vom Versicherten und seinem Arbeitgeber getragen. Die Krankenkasse meldet einen darüber hinaus auch zur obligatorischen Pflegeversicherung an. Diese kostet noch mal 1,95 Prozent (1,7 Prozent für Leute mit Kindern) extra. Wer schon Mitglied in der GKV ist, braucht zum Jobstart eigentlich nicht groß aktiv zu werden. Arbeitgeber und Krankenkasse schließen sich kurz, und die Kasse lässt dann von sich hören. Andererseits ist der Berufseinstieg ein guter Termin, eventuell in eine andere Kasse zu wechseln.

Wer bislang als Student privat versichert war (PKV), muss als Angestellter jetzt auch erst mal in die GKV wechseln – und sich also schleunigst eine Krankenkasse suchen gehen. Während es bis 2006 für gut Verdienende schon zum Jobeinstieg möglich war, in der PKV zu bleiben oder dorthin aus der GKV zu wechseln, ist dies seit der letzten Gesundheitsreform erst möglich, wenn sie drei Jahre in Folge jeweils mindestens 48150 Euro verdient haben. Für die meisten wird das Thema PKV also frühestens im vierten Berufsjahr relevant. Die private Krankenversicherung unterscheidet sich von der gesetzlichen hauptsächlich durch die Art der Beitragsberechnung. Statt nach dem Einkommen richtet sich die monatliche PKV-Rate nach dem Eintrittsalter, dem Gesundheitszustand und dem gebuchten Leistungsumfang. Da der von abgespeckt bis luxuriös ausfallen kann, lässt sich nicht per se feststellen, dass die Leistungen in der PKV umfangreicher, besser oder billiger sind als in der GKV.

Wer sich als Berufseinsteiger eine neue gesetzliche Krankenkasse sucht, sollte zunächst mal über den Preis gehen. Besonders günstig sind in der Regel Direktkrankenkassen , BKKs oder IKKs. Dort werden Mitglieder meist per Internet und Telefon betreut, die Zahl der Filialen ist sehr gering. Den Kundenservice sollte man deshalb vorab mal durch Probeanrufe zu verschiedenen Tageszeiten testen und im Zweifel doch eine Kasse mit Vor-Ort-Betreuung wählen.

Das Leistungsspektrum der Kassen für ärztliche Behandlungen ist grundsätzlich überall gleich, Unterschiede gibt es bei den Zusatzbausteinen. So tragen manche Kassen zusätzliche Akupunkturleistungen oder Heilpraktikerbesuche, bezahlen Fitness- und Rückenprogramme oder haben Programme für chronisch Kranke. Der Standardschutz in der Gesetzlichen kann durch private Zusatzpolicen aufgestockt werden. Der sinnvolle stationäre Zusatztarif sichert einem die freie Krankenhauswahl, den Chefarzt und das Ein- bis Zwei-Bett-Zimmer. Der ambulante Tarif ist dagegen überflüssig, denn er finanziert hauptsächlich Leistungen – wie Brillenzuschüsse -, die man sich oft auch aus eigener Tasche leisten kann. Nur ein zusätzlicher Zahn-Tarif kann hilfreich sein. Die meisten GKVs haben spezielle Kooperationsverträge mit Privaten im Angebot.

Der richtige Ratgeber

Erfahrungsgemäß sind Jungakademiker für Banken, Versicherer und Finanzdienstleister eine begehrte Klientel – gute Einkommensperspektiven, bislang wenig Verträge, ein langes Berufsleben. Demzufolge klopfen viele zum Berufsstart an, um ihre Produkte und Anlagestrategien vorzustellen. Das ist grundsätzlich erst mal nichts Schlechtes. Wer Zeit und Muße hat, kann sich alles mal präsentieren lassen, auch wenn das Thema Altersvorsorge noch ein paar Jährchen warten kann. So trainiert man sich immerhin Wissen an und schafft Vergleichsmöglichkeiten.

Für einfache Produkte wie Girokonto oder Kreditkarte, aber auch bei der Suche nach der Krankenkasse oder der Haftpflichtversicherung können Vergleichsportale wie Finanzmarktforschung, Handelsblatt oder WiWo helfen. Auch die Zeitschrift „Finanztest“ und die Verbraucherzentralen bieten entsprechende Beiträge und Übersichten. Je größer die Tragweite einer Entscheidung, desto sorgfältiger muss die Berater- und Produktauswahl erfolgen. Für Lebensprodukte wie die Berufsunfähigkeitsversicherung, die private Krankenversicherung oder die Altersvorsorge kann es sich lohnen, einen unabhängigen Honorarberater zu engagieren. Der kostet eventuell bis zu ein paar Tausend Euro, ist aber frei von Provisionsinteressen.

Ein guter Berater erläutert offen die Kosten seiner Produkte. Er analysiert ausführlich die Kundenprobleme und hat Produkte mehrerer Anbieter zur Lösung parat. Produkte, deren Funktionsweise man nicht genau versteht oder die der Berater nicht erklären kann, sollte man niemals kaufen. Anlagetipps von Freunden sind zwar gut gemeint, aber selten sachkundig, sofern diese keine entsprechende Finanzausbildung haben. Vermögensstratege Tom Friess rät: „Hören Sie sich drei kompetente Leute aus verschiedenen Bereichen an, vielleicht einen Banker, einen Makler und einen Finanzdienstleister, und bilden Sie sich dann in aller Ruhe ein Urteil.“