Lügen im Lebenslauf – was ist erlaubt?

Im besten Fall zeigt der Lebenslauf eines Bewerbers, wie gut dieser zum Unternehmen passt. Doch wie stark dürfen Lebensläufe angepasst werden? Ein Arbeitsrechtler klärt auf.

Anne Koschik | 11.07.2022
Für jede Bewerbung sollte der Lebenslauf angepasst werden.

Tipps für den perfekten Lebenslauf I Für jede Bewerbung sollte der Lebenslauf angepasst werden.

Es ist eine einfache Taktik, um bei interessanten Stellenangeboten besser dazustehen als die Konkurrenz: den Lebenslauf optimieren. Schnell sprechen Bewerber eine Sprache doch „fließend“, obwohl sie gerade mal einen Anfänger-Sprachkurs belegt haben.

Und EDV-Kenntnisse sind in Lebensläufen häufig mit „sehr gut“ bewertet, obwohl es bisweilen an den Grundfunktionen hapert.

Wann werden solche Modifikationen zur Lüge – und welche Strafen drohen? Arbeitsrechtler Markus Mingers von der Kanzlei Mingers & Kreuzer im Interview mit karriere.de:

Herr Mingers, wer sich mit seinem Lebenslauf bei einem Unternehmen bewirbt, sollte ihn auf das Stellenangebot zuschreiben. Sind Zuspitzungen der Qualifikation erlaubt?

Gegen kleine Optimierungen des Lebenslaufs wird kein Personaler etwas einwenden. Aber alle Qualifikationen, die einstellungsrelevant sind, dürfen Bewerber keinesfalls zu sehr beschönigen.

Um ein Beispiel zu nennen: Hat jemand nach dem Studium eine längere Reise durch Südamerika unternommen, kann er den Zeitraum im Lebenslauf so darstellen, dass er seine Sprachkenntnisse verbessert hat.

Ein Ingenieur, auf dessen technisches Know-how es ankommt, wird hier keine Schwierigkeiten bekommen.

Ein Dolmetscher, der perfekt Portugiesisch oder Spanisch sprechen soll, kann jedoch Probleme bekommen, wenn er die Sprache nur befriedigend beherrscht, er aber genau für diese Expertise genommen wurde. Seine Beschönigung hätte negative Konsequenzen.

Wann genau beginnt die Täuschung und bei welchen Punkten wird es für Bewerber gefährlich?

Um es nochmal klar zu sagen: Die Faustformel für falsche Angaben ist die Einstellungsrelevanz.

Verschafft sich ein Bewerber über Fortbildungen, die er nie gemacht hat, einen Vorteil, um bei einem Unternehmen angestellt zu werden, begeht er ebenso eine Täuschung wie jemand, der angibt, perfekt Excel zu beherrschen, es aber nicht kann.

Wer nicht in der Lage ist, die Anforderungen des Jobs zu erfüllen, hat seinen Arbeitgeber bewusst getäuscht. Besonders stark fällt eine solche Falschangabe beispielsweise dann ins Gewicht, wenn sich Bewerber eines nicht vorhandenen Doktortitels bedienen. 

Welche Strafen haben falsche Angaben im Lebenslauf zur Folge?

Stellt ein Arbeitgeber fest, dass er bewusst getäuscht wurde, kann er den Arbeitsvertrag aufheben – auch Jahre später noch. Das Arbeitsverhältnis wird dann rückwirkend abgewickelt.

Für den Arbeitnehmer kann das bedeuten, dass er sogar Teile seines Gehalts zurückzahlen muss. So verbessert eine Promotion in Deutschland das Monatsgehalt um rund 1000 Euro brutto. Für den Bewerber mit dem falschen Doktortitel kann das also richtig teuer werden.

Auch strafrechtliche Folgen sind möglich: Wer bewusst betrügt, begeht kein Kavaliersdelikt. Bewerber, die ihren Lebenslauf unterschreiben – und das ist in Deutschland ja Standard – bezeugen damit die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben.

Stimmen diese nicht, begeht der Bewerber Urkundenfälschung. Bei schweren Vergehen oder im Wiederholungsfall drohen hier sogar Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren.

Wie sollten sich Bewerber am besten verhalten, wenn Falschangaben im Jobinterview zur Sprache kommen?

Wird der Bewerber ertappt, kann ihm nur noch die Wahrheit helfen. Nur mit Transparenz und Offenheit ist es möglich, seinen Fehler wiedergutzumachen und vielleicht doch noch eine Chance auf den Job zu erhalten.

Manchen Personalern ist es ja auch wichtig herauszufinden, wie sich jemand unter schwierigen Umständen verhält. In diesem Fall bestünde die Möglichkeit, die Situation noch zu retten.

Haben Sie Tipps, um beim Verfassen des Lebenslaufs nicht in die Falle zu tappen?

Ehrlichkeit ist Trumpf. Manchmal ist es daher auch wichtig, Lücken nicht zwanghaft auszufüllen, sondern schlicht die Wahrheit in den Lebenslauf reinzuschreiben.

Eine lange Reise bedeutet nicht automatisch Müßiggang, sondern kann schließlich ebenso dazu dienen, an persönlicher Reife dazuzugewinnen und eine stärkere Verantwortung für sich zu übernehmen.

Bewerber mit Ecken und Kanten sind in der heutigen Zeit gesuchter denn je. Personaler schätzen Profil häufig mehr als glatte Berufslaufbahnen.

Letztlich ist die Wahrheit immer besser als die Lüge, mit der man bei erfahrenen Personalern ohnehin nichts erreicht.