Gehaltsunterschiede: 3600 Euro weniger für Arbeitnehmer in Ostdeutschland
Identische Arbeit, weniger Geld: 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sorgen nicht nur strukturelle Verschiedenheiten immer noch für ein Ungleichgewicht.
Finanzloch Im Vergleich zu den Beschäftigten in Westdeutschland schaut so mancher Angestellte in Ostdeutschland oft in die Röhre. Die Gehaltsunterschiede sind groß. © Karriere
Bis zu 25 Prozent weniger verdienen Arbeitnehmer in Ostdeutschland in vergleichbaren Jobs, im Durchschnitt haben sie jährlich jedoch 3600 Euro weniger zur Verfügung. Das haben jetzt Analysten des Hamburger Gehaltsportals Gehalt.de herausgefunden. Sie haben dafür 143.953 Datensätze untersucht.
Auf den ersten Blick wirkt das Gehaltsgefälle zwischen West- und Ostdeutschland sogar noch viel größer – die absolute Differenz beträgt 7440 Euro im Jahr. Laut der Analyse von Gehalt.de beträgt das Einkommen für Beschäftigte in Westdeutschland 43.900 Euro, Arbeitnehmer in Ostdeutschland erhalten ein Jahresgehalt in Höhe von 36.500 Euro.
Gehälter und unbereinigte Lohnlücken
Osten | Westen | Absolute Differenz |
in % | |
Alle Beschäftigten | 36.499 € | 43.939 € | 7.440 € | 16,9 |
Fachkräfte | 34.743 € | 41.189 € | 6.446 € | 15,6 |
Führungskräfte | 80.912 € | 92.238 € | 11.326 € | 12,3 |
Quelle: Gehalt.de | Angaben sind Median-Werte. Der Median beschreibt die Mitte aller Daten: 50 Prozent liegen über dem Wert, 50 Prozent darunter.
Wie das Umfeld aufs Gehalt wirkt
Doch einige Faktoren mildern das ab: So sind weniger Großunternehmen im Osten Deutschlands angesiedelt, die traditionell höhere Gehälter zahlen. Auch Branchenunterschiede sind zu berücksichtigen. Zudem sind niedrigere Lebenshaltungskosten in Bezug zu setzen. Auch die Berufsinteressen und -chancen machen sich negativ bemerkbar.
Für den Vergleich zeigt sich: Diese verschiedenen Bedingungen bereinigen die Lohnlücke, aber eben nicht ganz.
Wie sieht das im Einzelnen aus?
1. Unternehmensgröße: Sie führt bei der Berechnung zu einer Verringerung um 595 Euro (1,4 Prozent).
2. Branche: Die Verringerung der absoluten Differenz beträgt 576 Euro (1,3 Prozent)
3. Berufswahl: Sie macht einen Unterschied von 244 Euro aus (0,6 Prozent).
„Im Vergleich zum Osten sind im Westen größere Unternehmen und lukrativere Branchen vertreten, die höhere Gehälter zahlen. Die strukturellen Unterschiede zwischen neuen und alten Bundesländern erklären, warum mehr als drei Prozent des Lohngefälles auf die Faktoren Firmengrößen, Branchen und Berufe zurückzuführen sind“, sagt Philip Bierbach, Geschäftsführer von Gehalt.de.
4. Lebenshaltungskosten: Sie erklären 5,3 Prozent der Lücke, umgerechnet sind das 2300 Euro. Die Lebenshaltungskosten weichen laut Institut für Wirtschaftsforschung im Osten und Westen stark voneinander ab.
5. Geschlecht: 150 Euro (0,3 Prozent) stehen hiermit in Zusammenhang. Das erklärt Philip Bierbach so: „Die DDR-Historie prägt Ostdeutschland bis heute, denn immer noch sind in den neuen Bundesländern traditionell mehr Frauen berufstätig als in den alten. Da in Deutschland Frauen bei gleicher Arbeit immer noch niedrigere Gehälter als Männer beziehen, bestärkt dies den Gehaltsunterschied zwischen Ost und West.“
6. Ausbildung, Berufserfahrung und Position: Der Einfluss ist mit 0,02 Prozent und 11 Euro nur sehr gering.
Geringerer Unterschied bei Führungskräften
Im Gegensatz zur unbereinigten Lohnlücke bei den Fachkräften ist der Gehaltsunterschied bei Führungskräften geringer: Er beträgt 6446 Euro – und liegt damit um etwa 1000 Euro niedriger.
Absolute Differenz | Differenz in % | |
Unbereinigte Lohnlücke | 11.326 € | 12,3 |
Differenz der Faktoren | 8.950 € | 9,7 |
Bereinigte Lücke | 2.376 € | 2,6 |
Große Differenz in einigen Branchen
Im Branchenvergleich sticht vor allem die Metallindustrie hervor: Die Arbeitnehmer in Ostdeutschland verdienen knapp 25 Prozent weniger. Beschäftigte im Osten verdienen 32.500 Euro. Ihr Gehalt fältt damit rund 10.600 Euro geringer aus als das der westdeutschen Beschäftigten. Diese haben im Jahr 43.100 Euro zur Verfügung.
„Die Metallbranche gehört zum Industriesektor und ist damit ein Bereich, dessen Vergütungsstrukturen wenig mit öffentlichen oder vergleichbaren Tarifverträgen zu tun haben“, so Bierbach.
Zum Vergleich: In der Dienstleistungsbranche liegt die Lücke bei 14,4 Prozent und in Krankenhäusern bei 14,2 Prozent. In der Forschung ist sie vergleichsweise gering (8,8 Prozent).
Unbereinigte Lohnlücken im Branchenvergleich
Branche + Jobs | Ostdeutschland | Westdeutschland | Absolute Differenz |
in % |
Dienstleistungen | 33.452 € | 39.087 € | 5.635 € | 14,4 |
Krankenhäuser | 36.458 € | 42.475 € | 6.017 € | 14,2 |
Metallindustrie | 32.535 € | 43.087 € | 10.552 € | 24,5 |
Kultur | 33.734 € | 38.583 € | 4.848 € | 12,6 |
Forschung | 39.579 € | 43.381 € | 3.803 € | 8,8 |
Feinmechanik und Optik | 40.566 € | 42.013 € | 1.447 € | 3,4 |
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