Selbstverliebtheit: Hilfe! Mein Chef ist ein Narzisst

06.10.2019
Selbstverliebtheit: Hilfe! Mein Chef ist ein Narzisst

Selbstverliebtheit: Hilfe! Mein Chef ist ein Narzisst

Sie haben einen Chef oder eine Chefin, der/die bei der kleinsten Kleinigkeit schnell außer Rand und Band gerät? Oh je. Ein cholerischer oder narzisstischer Chef kann einen kaputt und den Arbeitsalltag zur Hölle machen.

Es ist unter Personalern ein bekanntes Phänomen: Mitarbeiter trennen sich nicht von ihrem Job, sondern von ihrer Führungskraft.

Der schlimmste Chef, den ich bisher hatte, kratzte sich immer mit der Hand nervös an der Backe, bevor er los brüllte und seine Leute vor versammelter Mannschaft zur Schnecke machte.

Nennen wir ihn Franklin. Franklins Verhalten war unhöflich und herabwürdigend. Da fielen auch schon mal Sätze wie: „Du machst hier alles falsch!“ oder „Ihr seid doch echt alle Nieten hier!“

Ich bekam nach einem halben Jahr heftige Rücken- und Magenschmerzen und nachts kein Auge mehr zu. Nach neun Monaten zog ich die Reißleine und kündigte.

Die Wahrscheinlichkeit, dass man am Arbeitsplatz auf Narzissten trifft, ist laut Experten sogar vier- bis sechsmal höher als im privaten Alltag.

Miese Chefs mögen Wettkampfsituationen

Warum das so ist? Miese Chefs steuern gerne Wirtschaftskonzerne an, weil sie sich von dem dort herrschenden Wettkampf angezogen fühlen.

Ellbogen sind in vielen Firmen leider noch gefragt. Auch wenn ich glaube, dass dieser Typ Chef genauso sicher aussterben wird wie die Dinosaurier.

Ich bin davon überzeugt, dass ein menschenfreundlicher Führungsstil für die Zukunft jedes Unternehmens überlebenswichtig ist.

Das Verhalten von Narzissten kann für die Wirtschaft richtig teuer werden. Schlechte Führung kostet Geld. Viel Geld, wie die jährlichen Zahlen des Gallup Engagement-Index zeigen.

Das Beratungsinstitut schätzt den Schaden bei deutschen Unternehmen auf rund 105 Milliarden Euro. Die summieren sich aus Fehlzeiten und Leistungseinbußen der Mitarbeiter oder Sabotageakten.

Für 105 Milliarden Euro könnte man auch 1 Million Einfamilienhäuser bauen. Oder 420 Fußball-Stadien in der Größe der Münchner Allianz-Arena.

Eine Studie des TÜV Rheinland ergab sogar, dass 20 Prozent aller Suizide eine Folge von Schikanen im Job sind. Jeder zweite Mitarbeiter, das haben amerikanische Unternehmensberater herausgefunden, hat ein gestörtes Verhältnis zu seiner Führungskraft.

Die meisten Menschen nehmen das so hin. Weil es, so seltsam das klingt, leichter ist, zu leiden. Sie leiden still und leisten weiter ihre Arbeit.

Denn das Gros der Mitarbeiter will in erster Linie unauffällig sein: 70 Prozent der Beschäftigten sind laut Gallup-Institut emotional gering gebunden und machen nur noch Dienst nach Vorschrift. „Muss ja!“, „So ist der Job halt!“

Gallup-Studienleiter Marco Nink sagte kürzlich im Interview mit dem Handelsblatt: „Menschen, die innerlich gekündigt haben, wirken auf ihr Umfeld wie ein Energiestaubsauger. Wenn Sie jeden Mittag mit so jemandem in die Kantine gehen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein Ansteckungseffekt greift – was gefährlich ist.“

Aber: Sie müssen gar nix. Sie sind ein Mensch. Und Sie können etwas gegen diese Zustände tun. Nur lassen Sie mich zunächst noch sagen, dass das hier immer nur ein Anfang sein kann. Konfliktmanagement zwischen Konferenzraum, Kaffeeküche und Kopierer ist ein weites Feld – ich könnte dazu ein ganzes Pro-Seminar abhalten.

Wie kommt man mit einem Narzissten/einer Narzisstin klar?

Es gibt, je nach Eskalationsstufe, sehr unterschiedliche Lösungen. Auch juristisch relevante Probleme wie Mobbing oder Bossing erfordern nochmal speziellere Strategien…. Es lohnt auch ein genauerer Blick darauf, was ein Narzisst eigentlich genau ist!

Damit haben sich kürzlich unsere Kollegen im ZEIT-Magazin ausführlich beschäftigt und ein äußerst aufschlussreiches Interview mit der New Yorker Therapeutin Elinor Greenberg geführt.

Alleine die Zahl der Google-Suchanfragen für „Narzissmus“ hat sich innerhalb von zehn Jahren vervierfacht. Das zeigt, wie groß und wie aufgeladen das Thema ist.

„Viele Menschen ohne psychologische Vorbildung erklären sich mit dem, was sie Narzissmus nennen, eine ganze Reihe von Problemen, die sie mit anderen Menschen haben“, erklärt Greenberg, die sich auf Persönlichkeitsstörungen spezialisiert hat. „Ich glaube das Wort Narzissmus wird für zu viele Dinge verwendet.“

Natürlich gibt es für den Umgang mit Querulanten-Chefs oder Kollegen keine Patentrezepte. Jeder Konflikt ist ein Unikat und es gibt auch Unstimmigkeiten, die sich nicht lösen lassen. Ich weiß, das hört sich alles sehr unromantisch an. Aber: isso. Trotzdem müssen Sie sich nicht alles bieten lassen.

Wenn mich jemand fragt, wie er oder sie sich vor Chef-Wutausbrüchen schützen und schwierige Führungskräfte oder Kollegen bändigen kann, rate ich oft Folgendes:

1. Zeigen Sie Empathie

Selbst die übelsten Chefs sind selten wirklich schlechte Menschen. Deshalb kann es gut sein, zunächst Verständnis für die Situation des anderen aufzubringen. Meistens sind Vorgesetzte auch nur Menschen, die wie eine Scheibe Wurst in einer Sandwich-Position zwischen Top-Management und Mitarbeitern feststecken und permanent Druck aus allen Richtungen bekommen.

Daher ist es wichtig, zu verstehen, warum sie sich so verhalten. Mit dieser Einstellung befreien Sie sich auch aus der Opferrolle. Wenn Sie sich in Ihre Führungskraft hineinversetzen, haben Sie ganz gute Chancen, dass er oder sie auch mit Ihnen emphatisch ist.

2. Üben Sie Selbstreflexion

Auch wenn Ihr Chef unfair erscheint: Es lohnt sich immer ein Blick auf sich selbst. Zwar hört das niemand gerne, aber oft sind unzufriedene Mitarbeiter, die sich mit ihrem Verhalten selbst im Weg stehen, Teil des Problems.

Eine Bekannte, die als Psychologin arbeitet, erzählte mir neulich, dass viele ihrer Patienten in ihren Vorgesetzten häufig Personen aus ihrer Kindheit wiedererkennen, mit denen sie ungelöste Konflikte haben – etwa der kontrollierende Grundschullehrer oder ein herrischer Vater.

Das beeinflusst dann die Beziehung mit dem Chef, obwohl eigentlich kein Problem zugrunde liegt. Wenn man sich über diese Projektionen klar wird, fällt es leichter, die alten Probleme von der neuen Situation zu trennen – und einen klaren Kopf zu bewahren.

3. Vermeiden Sie Eskalation

Auch wenn Sie gerne mal zurück brüllen würden: Konfrontationen mit cholerischen Vorgesetzten helfen nicht.

Sobald die Kommunikation auf eine unfaire, persönliche oder unsachliche Ebene abrutscht, sollten Sie Ruhe bewahren, um objektiv bleiben zu können.

Konflikttrainer raten, einfach zu gehen, wenn der Chef schreit. Denn rationale Argumente führen bei einem cholerischen Wutanfall nicht zum Ziel. Sagen Sie zum Beispiel: „Gut, ich werde dann jetzt die wichtige E-Mail schreiben, die ich heute noch abschicken muss.“ Genauso schnell wie er von 0 auf 100 ist kommt der Choleriker nämlich oft auch wieder runter.

Suchen Sie später ein Gespräch unter vier Augen – denn totschweigen sollten Sie den Ausraster auf keinen Fall. Vereinbaren Sie einen Termin. Das hört sich leichter an, als es ist, ich weiß. Viele lassen sich zwischen Tür und Angel vom Chef abwimmeln – bleiben Sie hartnäckig.

4. Sprechen Sie Probleme an

Chefs haben keine Ausbildung im Gedankenlesen. Benennen Sie, dass Sie den Konflikt aus der Welt schaffen wollen. Versuchen Sie, zurückhaltend und mit Ich-Botschaften zu formulieren, wie: „Es gab in der letzten Zeit einige Situationen, die mich irritiert haben.“ Oder: „Ich fühle mich angegriffen“ statt „Sie greifen mich an“.

Das hat eine deeskalierende Wirkung. Wörter wie „Du“, „Sie“ oder „man“ erwecken in Konfliktsituationen schnell den Eindruck, man wolle dem Gegenüber nur Vorwürfe machen oder manipulieren.

5. Zetteln Sie eine Meuterei an

Wenn das alles nichts bringt und die Kommunikation versagt, sollten Sie sich Verbündete suchen. Geht es Kollegen ähnlich, können Sie gemeinsam den Betriebsrat und die Personalabteilung einschalten und die Chefs der Chefs benachrichtigen.
Im Fall von Mobbing oder Bossing raten Experten, ein Tagebuch zu führen. Das hilft einerseits, immer wiederkehrende Konflikte und Vorfälle offen zu legen und sich das System dahinter klar zu machen. Andererseits nützt es bei eventuellen juristischen Auseinandersetzungen – wenn Sie noch keine Rechtsschutzversicherung haben, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, eine abzuschließen.

Damit eine Meuterei Aussicht auf Erfolg hat, lassen Sie sich auch von Zeugen bestätigen, wie der Problem-Vorgesetzte Unternehmensleitlinien verletzt und das Geschäft schädigt. Je mehr Angestellte ähnliche Beschwerden vorbringen, desto schwerer wird es für die Führungsebene, das Anliegen zu ignorieren.

6. Spielen Sie auf Zeit und gehen Sie

Sind alle Joker gezogen, hat keine der beschriebenen Strategien gefruchtet, bestehen kaum noch Möglichkeiten, das Verhältnis zum Vorgesetzten zu verbessern? In diesem Fall ist es schlicht und einfach empfehlenswert, eine Weile Dienst nach Vorschrift zu machen, keine Angriffspunkte zu bieten und dem Chef aus dem Weg zu gehen.

Planen Sie dann Ihren Exit und halten Sie nach Jobangeboten Ausschau, solange Sie noch angestellt sind. Aber warten Sie nicht zu lange mit der Kündigung. Wer sich langfristig Stress und seelischer Belastung aussetzt, läuft Gefahr, krank und depressiv zu werden. Für einen schlechten Chef sind Sie nicht verantwortlich – dafür, bei ihm zu bleiben, aber schon.

Was man noch tun kann, wenn man es im Arbeitsalltag mit einem narzisstischen Chef oder Kollegen zu tun hat, haben wir die Mitglieder der Leader.In-Community gefragt – unser Businessnetzwerk mit dem Ziel, Female Leadership in Politik und Wirtschaft zu fördern sowie erfolgreiche Frauen und einflussreiche Männer zu vernetzen.

Hier finden Sie die wirkungsvollsten Erste-Hilfe-Maßnahmen aus der Community:

Tipps zum Umgang mit Narzissten aus der Leader.In-Community

Ein liebevoller Blick: Narzissten sind meiner Meinung nach häufig tief im Inneren verunsicherte Menschen, die viel Bestätigung von außen brauchen. Aber in der Regel keine bösen oder gemeinen Menschen.

Zugang zu Narzissten ist schlichtweg erstmal eine ehrlich gemeinte Wertschätzung ihrer Person, ihres Wirkens und Handelns, so dass sie sich „gesehen“ fühlen. Und dann ist auch ein „echter Kontakt“ im Sinne von Austausch möglich. (Fee Steinhoff)

Dem ersten Teil stimme ich zu, dem zweiten leider nicht. Da zeigt meine Erfahrung, dass es gerade im Arbeitsleben diese Ebene nicht gibt und man irgendwann die Reißleine ziehen muss, um nicht selber tiefe Wunden davonzutragen. (Anonym)

Auf Sachlichkeit setzen. (Stefanie Dadson)

Mein Tipp nach jahrelanger Studie vieler CEOs/CxOs: Wie mit jeder „großen“ Persönlichkeit, immer auf ihre Stärken spielen. Man kann sie ja nicht ändern, wohl aber seine eigene Reaktion und Handlung anpassen. Ohne sich zu verbiegen.
Narzissten (m/w/d) sind oft sehr spannende Persönlichkeiten, voller Energie und (ja, auch ungewöhnlicher) Ideen. Das sollte man anerkennen, sie loben für diese Eigenschaften, ihnen offen applaudieren für ihren letzten Coup oder die gelungene Ansprache etc.

Und wenn sie dann Lob-gesättigt und selig vor einem stehen, dann kann man auch in einen sachlich-fachlichen Modus schalten und Themen ansprechen, die dringend gelöst oder gar anders angegangen werden müssen.
Sie wollen ja stets gewinnen, daher werden sie für Hilfe und Anregungen dankbar sein. Also führt man sie sanft dorthin. Wenn sie dann tatsächlich gut dastehen, lassen sie einen in Zukunft leichter an sich heran.

Dennoch gilt: Eine gewisse Distanz und auch Arroganz wird es immer geben. Dann heißt es: Lächeln. Denn sie können tatsächlich nicht anders. Also, wieder von vorn: Anerkennen, loben,… Und bitte, bloß nichts persönlich nehmen, denn für eine weitere Person oder gar deren Gefühle ist in ihrem Universum eh‘ kein Platz! (Tatjana Tasan)

Das Problem mit Narzissten ist, dass sie viele Äußerungen absichtlich falsch verstehen. „Missverständnisse“ treten daher bei diesen Personen besonders häufig auf.
Bei der Kommunikation zwischen gesunden Menschen gibt es laut Psychologen eigentlich keine Missverständnisse. Daher vermeide ich es bei (vermeintlichen) Narzissten per E-Mail oder Chat zu kommunizieren, weil das dann schnell falsch aufgenommen wird. Wenn möglich in Persona oder am Telefon klären.

Da hilft Mimik, Körpersprache und ein übertriebenes Lächeln während man sich dann seinen Teil denkt… (Lisa Gradow)

Bin absolut bei dir, dass die Kommunikation in Persona stattfinden sollte, allerdings ALLES schriftlich dokumentieren und gegenzeichnen lassen.

Denn wenn es schief läuft, erinnern sich Narzissten an nichts oder haben es total anders in Erinnerung, sehen sich nicht an Absprachen/Termine gebunden und der Fehler liegt eh IMMER am Gegenüber… (Katja Fischer)

Nach meiner Erfahrung muss man Narzissten auf Dauer verlassen, wenn man guten Gewissens in den Spiegel schauen will. Das erfordert Mut und Unabhängigkeit, die je nach Lebenssituation auch grade fehlen können.

Aber man darf das eigene Wohlbefinden nicht dauerhaft aus dem Auge verlieren. (Ingrid Maas)

Mein Tipp wäre: Wir müssen uns mit den Personen beschäftigen, auf die wir in der Kindheit (aufgrund von Abhängigkeitsverhältnissen) reagieren mussten. Das prägte!

Ähnlich besetzte Persönlichkeiten begegnen uns heute und lösen gleiche Gefühle oder gar Ängste aus. Daher ist der Blick in die Vergangenheit unerlässlich. Nicht mit dem Ziel einer Schuldzuweisung an andere.

Ausschließlich aus Interesse an Selbsterkenntnis und aus vitalem Eigeninteresse. Dann kann es zukünftig gelingen, Narzissten/Innen selbstbewusst und angemessen zu begegnen, denn schlussendlich „leiden“ sie auch an einem mangelnden Selbstvertrauen. Menschen sollten „großzügiger“ miteinander sein. (Nicole Riggers)

Gerade haben wir uns im Rahmen der Coaching-Ausbildung mit dem Thema Narzissmus beschäftigt. Dabei haben wir gelernt, dass man mit einem Narzissten nicht umgeht, sondern ihn bestenfalls weiträumig umschifft.

Ausgeprägte Narzissten seien weder coachbar, noch berat- oder therapierbar. Nach dem Klassifikationssystem DSM-5 gibt es für Narzissmus übrigens neun Kriterien, von denen mindestens fünf erfüllt sein müssen.

Ein „Riesenspaß“, diese z.B. Mal auf einen amtierenden US-Präsidenten anzuwenden… (Melanie Wyssen-Voß)