Virtuelle Teams: Führen auf Distanz: So klappt’s

Diese fünf Faktoren sollten Chefs beachten, damit in der beruflichen Fernbeziehung kein Frust aufkommt.

Claudia Obmann | 17.11.2021
Vertrauen ist die beste Basis, die Manager aufbauen können, um ihr Team auch aus der Distanz zielsicher zu führen.

Trotz Entfernung alles im Blick Vertrauen ist die beste Basis, die Manager aufbauen können, um ihr Team auch aus der Distanz zielsicher zu führen. © Karriere Foto: Linkedin-Sales-Navigator on Unsplash

Ob im Marketing, in der Entwicklung oder der Finanzabteilung – erfolgreich auf Distanz zu führen ist eine Kunst. Die Corona-Pandemie zwingt jedoch viele Manager genau dazu. In einigen Dax-Konzernen arbeiten aktuell 90 Prozent der Belegschaft remote. Da müssen Vorgesetzte einiges beachten, damit persönlicher Austausch, Motivation und Teamgeist nicht auf der Strecke bleiben.

Egal, ob die Teammitglieder sich nun im Homeoffice, unterwegs oder sogar im Ausland befinden: Folgende fünf Faktoren sollten Chefs im Blick behalten, wenn sie planen, Teams virtuell zusammenzuspannen und erfolgreich miteinander arbeiten zu lassen.

Faktor 1: Vertrauen investieren

„Kontrolle abgeben und Vertrauen aufbauen, das fällt Vorgesetzten oft schwer“, sagt Josephine Hofmann. Sie ist Spezialistin für Zusammenarbeit und Führung am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart.

Ob ein Kollege gerade Mails schreibt oder doch mit den Kindern spielt? Das können Chefs nicht auf Distanz kontrollieren. Die Frage ist aber auch unerheblich, wenn über Ziele geführt wird. Denn dann fällt Faulenzen auf – spätestens beim nächsten Gespräch über den aktuellen Stand eines Projekts.

Experten raten zu diesem Vorgehen: Etablieren Sie feste Prozesse für Ihr Team, in denen die Mitarbeiter ihre Ergebnisse in regelmäßigen kurzen Abständen abliefern. Dazu wird zunächst ein Projekt besprochen und jedes Teammitglied erhält seine Aufgabe.

Diese muss dann bis zu einem festen Termin erfüllt werden, ohne dass der Chef die Arbeitsschritte und die Vorgehensweise hinterfragt und prüft. Erst im Anschluss stellt der Vorgesetzte gemeinsam mit dem Mitarbeiter fest, ob das Ziel rechtzeitig erreicht wurde – und was sich eventuell verbessern lässt.

Faktor 2: Flurfunk ersetzen

Während das reine Abarbeiten von Aufgaben sich relativ gut im Homeoffice realisieren lässt, bleibt das Gespräch auf dem Gang oder an der Kaffeemaschine auf der Strecke. Chefs tun sich schwer damit, aus der Distanz die informelle Kommunikation aufrechtzuerhalten.

„Dadurch sind ein mangelnder Infostand, aber auch abnehmender Teamgeist zu beklagen“, fasst Daniel Nerlich, Managing Partner der Personalberatung Odgers Berndtson, zusammen.

Doch ohne informellen Austausch beim Mittagessen oder Betriebssport klemmten Abläufe und sinke die Loyalität. Schreiben Sie daher Kommunikation und Transparenz groß, raten Experten.

Mit Software lassen sich zum Beispiel Projektstände, Deadlines und Zuständigkeiten für alle sichtbar machen. Verabreden Sie zudem regelmäßige Teammeetings, am besten per Video. Darin können Sie wichtige Informationen allen Kollegen mündlich präsentieren.

Schicken Sie Zusatzinfos zudem schriftlich herum, um die Kollegen auf dem gleichen Kenntnisstand zu halten. Betonen Sie immer wieder, dass Sie bei Problemen jederzeit zur Verfügung stehen.

Führungskräfte sollten zudem verstärkt das Einzelgespräch mit den Kollegen suchen und die persönliche Verbindung zu ihren Mitarbeitern stärken. Erkundigen Sie sich nach Familie, Hobbys oder aktuellen Erlebnissen. Dies gilt ganz besonders, wenn Sie neue Mitarbeiter einstellen.

Faktor 3: Wir-Gefühl fördern

Gemeinsame Ziele sind der Kitt jeder Abteilung. Definieren Sie die Schritte dorthin und würdigen Sie Etappensiege. Überlegen Sie sich, wie sich Teamkreativität fördern lässt. Online-Events von Weinverkostung bis Yogakurs sind denkbar.

Oder verabreden Sie sich spontan zu einer Kaffeepause vor dem Monitor. „Jeder Mitarbeiter sollte das Gefühl bekommen, dass man sich auch für den Menschen im Unternehmen interessiert“, sagt IAO-Expertin Hofmann.

Gegen Mitarbeitereindrücke wie „Es ist doch egal, was ich denke“ helfen regelmäßige Befragungen unter den Beschäftigten. Und zwar in deutlich kürzeren Abständen als die klassische jährliche Umfrage. Vorausgesetzt natürlich, aus den Ergebnissen folgen dann zügig Taten.

Faktor 4: Motivation stärken

Unternehmen sind in Zeiten der Krise besonders auf das Engagement und die Flexibilität ihrer Mitarbeiter angewiesen. Gleichzeitig sind diese mit einem herausfordernden Arbeitsalltag, zusätzlichen privaten Verpflichtungen und einer unsicheren Zukunft konfrontiert. Sind Mitarbeiter überfordert, kann das zu Motivationsverlust führen.

Also: administrative Aufgaben reduzieren, neue Freiräume schaffen. Lassen Sie Kollegen ihren Arbeitstag selbst gestalten, sofern das möglich ist. So kann es privat Entlastung bringen, wenn die Arbeitszeiten unter der Woche flexibel sind und stattdessen nach Feierabend oder am Wochenende gearbeitet werden kann.

Mitarbeiter brauchen zudem das Gefühl, etwas Sinnvolles getan zu haben. Davon profitiert auch das Unternehmen. Inga Dransfeld-Haase, Präsidentin des Bundesverbands der Personalmanager (BPM), sagt: „In Firmen, die ein klares Selbstverständnis haben, machen Mitarbeiter auch in der Krise Vorschläge für Innovationen und sind eher bereit sich umzuqualifizieren.“

Faktor 5: Fürsorgepflicht ernst nehmen

Führungskräfte sind auch auf Tausende Kilometer Distanz verantwortlich für ihre Mitarbeiter. Viele Remote Worker sind nicht nur verunsichert, sondern haben auch Angst, zum Beispiel sich mit dem Coronavirus anzustecken oder vor Arbeitsplatzverlust wegen der Wirtschaftskrise.

Manch ein Kollege versinkt womöglich aufgrund der Isolation in der Depression. Und die Entgrenzung der Arbeit steigert zudem nicht selten den individuell empfundenen Leistungsdruck. Daher sind besonders vom Chef Reflexion und Einfühlungsvermögen, aber auch Zuversicht gefragt.

„Erlauben Sie es sich und Ihren Mitarbeitern, Fehler zu machen, um daraus zu lernen“, rät Expertin Hofmann. „Für Manager kam diese Situation genauso überraschend wie für alle anderen. Und auch Vorgesetzte müssen das virtuelle Führen lernen und einüben.“

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