Bewerbung per Video: Was Sie von der Queen für das virtuelle Vorstellungsgespräch lernen können

Im Vorstellungsgespräch per Videokonferenz kommt es auf Feinheiten an. Fünf Tipps, wie Sie sich glänzend präsentieren.

Anne Koschik | 15.08.2022
Von der britischen Königin können Sie auch etwas für Ihre nächste Videokonferenz lernen!

Queen Elizabeth II. Von der britischen Königin können Sie auch etwas für Ihre nächste Videokonferenz lernen! © dpa

Nur noch selten laden Unternehmen ihre Bewerber zum persönlichen Bewerbungsgespräch ein – die Corona-Pandemie hat alles verändert. Das gilt auch für Kandidaten für Spitzenpositionen, die sich bei Aufsichts- oder Beirats-, Vorstands- oder Geschäftsführungsmitgliedern vorstellen.

Aber: Dadurch gibt es auch neue Spielregeln. Auf welche Feinheiten Kandidatinnen und Kandidaten bei der virtuellen Vorstellungsrunde heute unbedingt achten müssen und was sie, aber natürlich auch alle anderen Führungskräfte, dabei von der britischen Queen lernen können, erklärt Floriane Ramsauer, Partnerin bei der Personal- und Organisationsberatung Korn Ferry.

Tipp 1: Einen würdevollen Rahmen schaffen

Wer bisher zu einem persönlichen Interview eingeladen wurde, hat penibel auf die Spielregeln der jeweiligen Branche und Hierarchieebene geachtet. Floriane Ramsauer: „Mit der Video-Konferenz kommt eine neue Dimension dazu: Nicht mehr nur der potenzielle Arbeitgeber gibt den Rahmen und die Umgebung für das Meeting vor.

Darüber hinaus bringen nun auch Kandidatinnen und Kandidaten ihre eigene Umgebung mit ein ins Gespräch.“ Zwar spiele die Sockenfarbe eines Aspiranten keine Rolle mehr, denn die sei auf dem Bildschirm in der Regel nicht sichtbar. Genauso wenig wie das Auto, mit dem ein Bewerber vorfahren würde.

Ramsauer: „Ganz anders sieht es aber mit den Umgebungsdetails aus“, die der Kandidat einblende. Umso wichtiger also, einen würdigen Rahmen für dieses äußerst wichtige Treffen zu schaffen – orientieren Sie sich an einer Audienz der Queen.

Ihre Möglichkeiten: Kandidatinnen und Kandidaten sollten also zunächst genau überlegen, in welchem Ambiente sie Ihre Gesprächspartner empfangen wollen: Im Wohnzimmer? Im Arbeitszimmer? Im Garten? Oder lieber vor einem künstlichen, digitalen Hintergrund? Floriane Ramsauer rät dazu sowohl zu bedenken, welche Art der Umgebung für den Gast angemessen ist, aber auch welches Umfeld Ihr Können, Ihre Persönlichkeit und Ihren Führungsanspruch unterstreicht.

Expertin Ramsauer: „Ich empfehle, auf eine gepflegte, funktionale Umgebung zu setzen.“ Das könne durchaus einen Einblick in die privaten Räumlichkeiten erlauben, sollte aber sparsam dosiert werden. Ein wohlsortiertes Bücherregal im Hintergrund, eine Skulptur auf dem Schreibtisch zum Beispiel. Weniger ist da definitiv mehr. Ramsauer: „Wer über keine geeignete Location verfügt, sollte einen digitalen Hintergrund wählen.“ Nach der Devise: Lieber neutral als bunt, denn nichts sollte den Gesprächspartner von Ihrer Person ablenken.

Tipp 2: Kamera strategisch positionieren

Die Royals, allen voran die Queen, wissen sich vor laufender Kamera geschickt in Szene zu setzen. Absolutes No-Go für Leinwand-Helden: Die Kamera von unten auf sich zu richten. Warum, erklärt Floriane Ramsauer an einem Beispiel aus der Kinowelt: „In Grusel- und Gangsterfilmen werden die Bösen immer von unten gezeigt, weil sie so besonders unvorteilhaft erscheinen.“ Aus solch einer Kamera-Einstellung gefilmt, werden Sie die englische Königin garantiert nie bei einem Auftritt im Fernsehen erleben.

Ihre Möglichkeiten: Spot an – leuchten Sie Ihre Umgebung ordentlich aus, damit Sie gut zu erkennen sind. Und achten Sie auf eine angemessene Distanz zwischen sich und der Kamera. Vorteilhaft ist es, den Bildausschnitt angenehm für den Betrachter aufzuteilen. Floriane Ramsauer: „Geben Sie zum Beispiel zwei Drittel Ihrem Hintergrund und platzieren Sie sich in einem Drittel“, sagt Ramsauer. Die Personalberaterin rät dazu, vor dem Gespräch zu experimentieren, vielleicht auch zusammen mit einem Freund und dabei zu fragen: „Wie wirke ich gerade auf einen Dritten, der mich nicht kennt?“

Tipp 3: Dezente Akzente setzen

Wenn die Queen Ansprachen hält, hat sie stets Familien-Bilder um sich. Aus gutem Grund: „Die halbe Welt spricht danach darüber, welche Royals nun auf den Fotos zu sehen waren und welche nicht. „Damit sendet die Queen ein Zeichen, ohne auch nur ein Wort zu verlieren, wie es gerade um wen im Königshaus steht“, sagt Ramsauer. Auch manche Gegenstände würden ähnlich strategisch bei solchen Anlässen eingesetzt.

Ihre Möglichkeiten: Mit dieser subtilen Technik können auch Sie Ihre Persönlichkeit unterstreichen. Möchten Sie zum Beispiel transportieren, dass Sie ein Familienmensch sind, könnten sie ein von Ihrem Kind gemaltes Bild platzieren. Möchten Sie darauf hinweisen, dass Sie golfen, ließe sich vielleicht ein Ball auf dem Schreibtisch ablegen. Wollen Sie Ihren internationalen Background untermauern, könnten Sie ein entsprechendes Foto oder ein Souvenir in den Bildausschnitt rücken. „Je nach Position und Branche haben Sie ganz unterschiedliche Möglichkeiten, strategisch Botschaften zu senden“, sagt Ramsauer.

Die Expertin rät aber zur Vorsicht: „Wenn Ihr Schreibtisch künstlich vollgepackt wirkt, wird das eher unvorteilhaft interpretiert werden. Und rechnen Sie damit, dass Sie auf einen Gegenstand angesprochen werden. Wenn sie nicht Golf spielen, lassen Sie den Ball weg. Sonst kann es leicht peinlich werden.“

Tipp 4: Peinlichkeit vermeiden

Die Queen scheut Peinlichkeit wie sonst fast nichts auf der Welt. Um sie vor unbeabsichtigten Fehltritten ihrer Untertanen und Besucher zu bewahren, gibt es ein festes Protokoll und die Hof-Etikette.

Ihre Möglichkeiten: Machen Sie sich vor einer virtuellen Begegnung mit wichtigen Gesprächspartnern bewusst, dass es ein Zeremoniell wie bei einer persönlichen Begegnung gibt. Das verhindert „Flüchtigkeitsfehler“. Etwa den, den Floriane Ramsauer miterlebt hat: „Neulich hat ein Kandidat noch vor Ende des Gesprächs angefangen, seinen Schreibtisch aufzuräumen – als ob er ganz ungestört und allein wäre“, erzählt die Personalberaterin. Damit habe sich der Kandidat selbst aus dem Rennen um die Top-Position genommen. Ramsauer: „Er hatte wohl vergessen: Kamera einmal an, Kamera immer an.“

Sie rät: „Nicht mit Gegenständen spielen, nicht aufs Handy schauen, sondern konzentrieren Sie sich vollständig auf das Wesentliche – Ihre Gesprächspartner.“

Tipp 5: Ablenkung ausschließen

Die Queen werden Sie nicht mit einem Mobiltelefon in der Hand erleben. Um solche und andere Nebensächlichkeiten kümmern sich ihre Bediensteten. Die Königin konzentriert sich auf das Wesentliche.

Ihre Möglichkeiten: Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrer Majestät und schalten Sie Ablenkungsquellen während des Vorstellungsgesprächs konsequent aus. Zu groß ist die Gefahr, ein Missgeschick zu produzieren. Ramsauer: „Stellen Sie sich vor, gerade findet ein wichtiges Gespräch statt – und das Mail-Programm, der Messenger oder auch nur eine News-Seite blenden über das Videobild Nachrichten ein. Sofort ist die Konzentration dahin, vor allem wenn der Inhalt auch noch brisant erscheint.“

Die Personalberaterin warnt: „Das kann jede Interview-Situation ruinieren, wenn einem plötzlich der Faden fehlt.“ Auch Handy und Tablet haben bei einem solch wichtigen Inverview nichts verloren, das über die berufliche Zukunft entscheidet. „Investieren Sie die Zeit, zu klären, wie Sie zum Beispiel Websites davon abhalten, Ihnen automatisiert News zuzusenden“, sagt Floriane Ramsauer. „Das mag im Vorfeld kleinteilig erscheinen. Aber im Gespräch zahlt sich absolute Ungestörtheit aus.“

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