Julia Merkt von Soulmastery: Diese Bankerin verdiente weit über 100.000 Euro, schmiss hin und gründete ihr eigenes Unternehmen

Julia Merkt hat per Karrierewechsel ihr Leben einmal komplett auf den Kopf gestellt. Was andere daraus lernen können.

Lazar Backovic | 10.02.2024
Aus ihrem Karrierewechsel hat Soulmastery-Gründerin Julia Merkt viel gelernt. Vor allem über sich selbst.

Meditation statt Banking: Aus ihrem Karrierewechsel hat Soulmastery-Gründerin Julia Merkt viel gelernt. Vor allem über sich selbst. © Karriere Julian Henzler/soulmastery.de

Lange Zeit war das Leben von Julia Merkt eine einzige Success-Story: Auf das BWL-Studium in München folgte der erste Job bei einer Großbank. Als Investmentbankerin verdient die junge Frau schon mit Mitte 20 sechsstellig.

„Ich war immer super ehrgeizig und zielstrebig, hatte die Sachen schnell verstanden, wollte schnell weiter, mehr Geld verdienen“, erinnert sich die heute 29-Jährige. Sie und ihr Freund hätten damals alles gehabt: immer das neueste Cabrio, eine schicke Wohnung im teuren München, jeden Tag woanders Essen gehen.

Bis Merkt eine Stelle annahm, die sie nach nur wenigen Wochen aus der Bahn warf.

„Es hat angefangen mit Ohrenproblemen“, erinnert sich Merkt. Als sie zu Ärzten geht, können die nichts finden. Merkts Zustand verschlechtert sich weiter. Sie bekommt Magenprobleme. „Ich habe nicht auf die Zeichen meines Körpers gehört, bin weiter zur Arbeit gegangen.“ Irgendwann bricht sie zusammen. Das war vor etwa fünf Jahren.

Die Ärzte diagnostizieren bei Merkt eine Depression, die wie ein Burn-out daherkommt. Die Berufseinsteigerin fühlt sich matt, abgeschlagen, hat keine Lust mehr morgens aufzustehen.

„Bis ich wahrhaben wollte, was mit mir los ist, ist viel Zeit vergangen“, erinnert sich Merkt. Nach der Diagnose muss sie mehrere Wochen zu Hause bleiben. Erst fünf Monate nach ihrem Zusammenbruch nimmt Merkt den Mut zusammen und verlässt die kompetitive Investmentbanker-Welt.

Dass sie heute so offen über ihren Zusammenbruch sprechen kann, liegt auch daran, dass Merkt eine neue Berufung für sich gefunden hat. Die 29-Jährige ist unter die Unternehmerinnen gegangen – mit einer Idee, die ihr in ihrer damaligen Situation womöglich geholfen hätte.

Soulmastery heißt das Start-up von Merkt – „Meditations- und Achtsamkeitstrainings für die Businesswelt“ steht auf der Webseite Unternehmens. Soulmastery bietet meditationsbasierte Workshops und Seminare an – für gestresste Manager oder im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements in Konzernen.

Als zweiten Schwerpunkt hat sich das junge Unternehmen die Potentialentfaltung auf die Fahnen geschrieben. Kreativität, Intuition und Empathie sind in den Führungsetagen hochbegehrt. Der Zugriff auf diese Fähigkeiten soll durch Meditation und Achtsamkeit ermöglicht werden.

Der Weg von der Managerin zur Self-Made-Gründerin war für Julia Merkt hart aber lehrreich. Hier sind Merkts wichtigste Erkenntnisse zu ihrem großen Karrierewechsel von der Investmentbankerin zur achtsamen Gründerin.

Erste Erkenntnis: Ein Karrierewechsel braucht manchmal harte Einschnitte

Insgesamt drei Cuts hat Julia Merkt erlebt, nachdem sie auf die Position wechselte, die sie schlussendlich krankmachte. „Der erste Cut war mein Zusammenbruch“, sagt die 29-Jährige. „Das war sicher der härteste.“

Als sie aus dem Job raus war, hat Merkt viel über Yoga und Meditation gelesen. Sie studierte Philosophie mit Schwerpunkt auf fernöstliche Kultur und Literatur. Nebenbei absolvierte sie eine Ausbildung als Yogalehrerin.

Auf einem Mediatationsretreat in Indien kam nach einer Weile der zweite Einschnitt. „Mir wurde mit jedem Tag klarer, dass ich mein Leben verschwende, wenn ich so weitermache wie bisher und meine Einstellung zu Karriere und Erfolg nicht verändere“, erinnert sich Merkt.

Also blieb die junge Ex-Managerin zwei Monate in Asien, um sich noch tiefer in die Materie Meditation einzugraben. Bis ihr ein weiteres Licht aufging und sie dachte: „Das Leben ist kein ewiges Retreat. Ich muss zurück!“ Der dritte Cut.

Mit ihren Ideen im Gepäck bereitete sie dann alles für ihre Selbstständigkeit vor und gründete Soulmastery.

Zweite Erkenntnis: Ein Karrierewechsel braucht emotionale Unterstützung

Als es Merkt schlecht ging, gab es Leute, auf die sie sich verlassen konnte. Allen voran ihr Freund Michael Lubomirski. Auch er war Banker, so wie Merkt. Die beiden haben sich bei der Arbeit kennengelernt.

Als es seiner Lebensgefährtin schlechtging, machte auch Lubomirski einen Wandel durch. „Als Julia mit Yoga und Meditation anfing, war ich zunächst skeptisch“, erinnert sich der heute 39-Jährige. Eine Bankerin in einem Retreat – klingt esoterisch, dachte Lubomirski. „Das war für mich in meinem damaligen Mindset so weit weg.“ Aber als er zusehen konnte, wie es Merkt schrittweise besser ging – dachte er: „Vielleicht sollte ich das auch einmal probieren.“

Also lud er sich eine Mediations-App aufs Handy und verbrachte über Monate Hunderte Stunden mit Atem- und Achtsamkeitsübungen. Als er merkte, dass ihm die Übungen guttaten, entwickelte er zusammen mit Merkt die Idee zu Soulmastery.

Auf der Seite des Start-ups prangen Kundenreferenzen von IBM, Daimler, Allianz und der Deutschen Bahn. „Alleine hätte keiner von uns diese Schlagkraft entwickelt“, sagt Merkt.

Dritte Erkenntnis: Ein Karrierewechsel braucht finanzielle Absicherung

Ein Plan B will vorbereitet sein – und dafür, auch das ist Teil der Wahrheit, braucht es Geld. „Ohne die finanzielle Sicherheit aus meinem alten Job, wäre es viel schwieriger gewesen auszusteigen und etwas ganz anderes zu machen“, gibt Merkt zu.

Dennoch sieht die Gründerin die finanzielle Lage eher als Hygienefaktor. „Ein Finanzpolster hilft, aber man muss auch nicht sechsstellig verdienen, um einen Karrierewechsel hinzukriegen.“ Heute haben Merkt und Lubomirski ihren Lebensstandard deutlich zurückgeschraubt. „Früher konnte ich mir zwar alles kaufen, was ich mir je gewünscht habe“, sagt Merkt. „Aber erst jetzt habe ich mir meinen eigentlichen Traum erfüllt.“

Mehr: Mit Verantwortung und Gehalt steigen die Überstunden – unbezahlt wohlgemerkt: Dreiviertel aller Führungskräfte arbeiten über ihr gesamtes Berufsleben gesehen anderthalb Jahre umsonst.