Christof Bosch: Der unbekannte Enkel

Sein Name ist berühmt. Aber ihn selbst kennt kaum jemand, obwohl Christof Bosch im Machtzentrum des Elektronikriesen sitzt.

Andrea Jocham, Handelsblatt | 11.09.2018

Wer ihn besuchen will, muss schon hinausfahren ins bayerische Voralpenland. Hier lebt er auf Gut Mooseurach in der Nähe von Bad Tölz. Die Tür des alten Herrenhauses öffnet ein leger gekleideter Mann im schlichten beigen Pulli und heller Hose. Der jungenhaft wirkende 43-Jährige hat einen berühmten Namen. Er heißt Christof Bosch und ist Enkel von Robert Bosch, der 1886 den gleichnamigen Stuttgarter Elektronikkonzern gründete. Der Junior leitet das Gut, das schon sein Großvater kaufte.

Christof Bosch hat aber inzwischen eine andere Aufgabe, die zwei Drittel seiner Zeit in Anspruch nimmt. Der promovierte Forstwissenschaftler ist Familiensprecher der Bosch-Nachkommen. Er vertritt die Familie in wichtigen Gremien des weltweit zweitgrößten Autozulieferers, der am heutigen Donnerstag in Stuttgart seine Zahlen vorlegt. Die Familie ist mit acht Prozent am Konzern beteiligt. Die Anteile halten die beiden Kinder aus Robert Boschs zweiter Ehe, Robert Bosch der Jüngere und Eva Madelung, sowie acht Enkel. Die übrigen Anteile hält die Robert Bosch-Stiftung, eine der größten deutschen Industriestiftungen.

Geist von Robert Bosch soll lebendig bleiben

Der Enkel sitzt mit Konzernchef Hermann Scholl, internen und externen Managern als Vertreter der Familie auch im eigentlichen Steuerzentrum der Bosch-Gruppe, der Industrietreuhand KG. Sie hat bei großen Strategie-Entscheidungen das letzte Wort, weil sie 93 Prozent der Stimmrechte hält.

?Die Familie will an ihrem Anteil langfristig festhalten?, lässt Bosch keinen Zweifel aufkommen. Er will sich dafür einsetzen, dass der Geist von Robert Bosch in Unternehmen und Stiftung lebendig bleibt. Seinen Großvater sieht er als ?progressiven Konservativen?. Er sei ein erfolgreicher Unternehmer gewesen, der sich zugleich stark gesellschaftlich engagiert habe. Er hat als einer der ersten in Deutschland den Achtstundentag eingeführt.

Christof Bosch kennt seinen Großvater jedoch nur aus Büchern und Erzählungen seines Vaters und seiner Großmutter. ?Er war wie ein elektrisches Gewitter, hat die Großmutter immer gesagt?, erinnert er sich beim Gespräch in seinem Arbeitszimmer, das von einem ovalen, dunklen Jugendstilschreibtisch aus der alten Bosch-Villa in Stuttgart und modernen Holzregalen bestimmt wird. Das Herrenhaus, in dem er mit seiner Frau, einer Malerin, und den drei Kindern lebt, ähnelt einem alten Forsthaus.

Karriere bei Bosch stand nicht zur Debatte

In die Rolle als Familiensprecher hat sich Bosch, der als offen und unkompliziert gilt, nicht gedrängt. Sie sei ihm als ältester Sohn zugefallen, begründet er die Wahl. Außerdem verfolgten die anderen Enkel vorwiegend musische Interessen. Mehr will er aber zur Familie nicht sagen, die wie er abseits der Öffentlichkeit ein normales Leben führen möchte. ?Es wäre für uns schlicht undenkbar, Thema der bunten Blätter zu sein?, merkt er an.

Eine Karriere bei Bosch stand für ihn nie zur Debatte. Sein Vater, Robert Bosch der Jüngere, der zeitweise selbst im Unternehmen tätig war, habe früh aufgezeigt, wie wichtig es sei, ?seinen eigenen Weg zu gehen und nicht den scheinbar bequemeren Weg in der Firma?.

Für Bosch ist seine Position als Familiensprecher eine Herausforderung. ?Bisher war ich eher Unternehmer im Sandkastenformat?, merkt er selbstironisch an. In dem Forstwissenschaftler ? der auch mal an eine Universitätskarriere gedacht hat ? steckt aber durchaus Unternehmergeist. Er hat ein wissenschaftliches Labor und eine Beratungsfirma für Naturschutzfragen mitgegründet. Und Gut Mooseurach hat er im Gegensatz zu seinem berühmten Großvater in die schwarzen Zahlen gebracht. Lehrgeld musste er aber mit einem Versandhandel für ökologische Nahrungsmittel zahlen.

Von seinem Großvater hat Christof Bosch dessen legendäre Sparsamkeit geerbt. Das gibt er denn auch freimütig zu. Teure Hobbys sind nicht seine Sache. Er fährt lieber mit den Kindern Rad oder Ski und geht in den oberbayerischen Seen schwimmen. ?Noch heute sehe ich beim Einkaufen zuerst auf den Preis?, gesteht der Bosch-Erbe schmunzelnd.

Vita

Christof Bosch, geboren am 18.1.1959, wächst in Gerlingen vor den Toren Stuttgarts auf. Er studiert Forstwissenschaften an der Universität München und promoviert 1985 über Waldschäden in den Hochlagen der Mittelgebirge. Bereits 1982 veröffentlicht er ein Buch mit dem Titel ?Die sterbenden Wälder?. Er betreibt seit 1986 den Gutshof Mooseurach in der Nähe von Bad Tölz. Seit drei Jahren ist er Sprecher der Bosch-Familie.