So tragen Sie die Jeans im Büro

An letzten Tag der Woche, dem Casual Friday, greifen viele Angestellte zur legeren Jeans – die perfekte Kleidung für den Einstieg ins Wochenende. Auch in der Woche werden Jeans immer bürotauglicher. Worauf es bei Jeans im Job ankommt.

Marcel Berndt, wiwo.de | 11.09.2018

Ein Jahr, ein Richtungswechsel: Im Herbst 2013 schickte der Modedesigner Valentino klassische Anzüge auf den Laufsteg. Doch für die kommende Saison gibt sich das Mailänder Modehaus betont lässig: Bei der Herrenmodenschau für den kommenden Herbst trugen die Models Jeans. Viele Designer entdecken die Jeans wieder für sich, egal ob mit Jeans-Hosen, Jeans-Jacken und -Hemden.

Viele Optionen, viele Fettnäpfchen

Auch im Büro- und Geschäftsalltag ist die 1873 durch den Deutsch-Amerikaner Levi Strauss patentierte Arbeiterhose mittlerweile angekommen. Allerdings ist sie nicht in jeder Branche akzeptiert. Denn das Outfit sollte trotzdem seriös und angemessen sein – das ist beim Urkleidungsstück der Lässigkeit leichter gesagt als getan.

Denn anders als beim Anzug gibt es bei der Jeans viele verschiedene Modelle, Waschungen und Kombinationsmöglichkeiten. Und wie so oft gilt: Wo viele Optionen, da lauern viele Fettnäpfchen.

Passt die Jeans – zur Branche?

Das weiß auch Gerd Müller-Thomkins, Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts. Sein Rat: Zunächst sollten Jeansträger wissen, ob die Hose überhaupt in das berufliche Umfeld passt. „Hinter einem Bankschalter kann man nicht genau so angezogen sein wie in einer Werbeagentur“, sagt der Modeexperte.

Grundsätzlich gilt: Je konservativer und förmlicher die Branche, desto unangemessener ist eine Jeans. Doch auch in einem eher formellen Umfeld sind Jeans gelegentlich annehmbar. Etwa dann, wenn Mitarbeiter keinen Kundenkontakt haben, sagt Buchautor und Modeexperte Bernhard Roetzel: „Wenn Sie als Anwalt mal keine Klienten empfangen, können Sie auch in Jeans und Hemd in der Kanzlei herumlaufen.“ Für den Fall der Fälle sollte allerdings ein Sakko im Büro bereit hängen, falls doch noch Kunden vorbeikommen.

Was ebenfalls viele missachten: Wer sich für eine Jeans entschließt, muss sich Gedanken zur Waschung und zum restlichen Outfit machen. Aktuell empfiehlen Modeexperten schmal geschnittene, sogenannte Slim-Fit-Modelle. Diese eignen sich auch für üppigere Figuren.

Frauen haben es schwerer

Ein häufiger Fehler: Menschen mit Übergewicht glauben, dass sie keine schmal geschnittenen Hosen tragen sollten. Ein Irrglaube. Denn auch wenn die Jeans schmal geschnitten sind, passen sie sich der Kleidergröße an. Wobei schmal geschnitten nicht gleichbedeutend mit hauteng ist. Niemand sollte Skinny-Jeans tragen, die wie Leggins anliegen.

Gentleman-Autor Bernhard Roetzel rät vor allem Männern von solchen Hosen ab. Aber auch zu weit sollte die Hose nicht sein: „Das kann albern aussehen.“ Gleiches gilt für zu lange, zu hoch oder zu tief sitzende Jeans. Schwieriger haben es Frauen beim Schnitt, sagt Roetzel. Gerade weil bei ihnen enge Jeans üblich sind, fallen Problemzonen schneller auf. Ein schlechter Schnitt ist bei Frauen daher um so gravierender.

Jeans ins Gefrierfach

Ein weiterer Fehltritt besonders im Geschäftsleben: Zerrissene und verwaschene Jeans. Einerseits ist das verständlich – denn durch die Waschung ist der Jeansstoff weicher und bequemer als unbehandeltes, sogenanntes „Raw Denim“. Doch gerade im Geschäftsleben sollten es vor allem dunkle, einfarbige und makellose Modelle sein.

Kenner setzen ohnehin auf ungewaschene Jeans. Levi’s-Chef Chip Bergh trat im Mai auf der Brainstorm Conference des US-Magazins Fortunes auf und berichtete, dass seine Jeans ein Jahr alt sei und noch keine Waschmaschine von innen gesehen habe. Stattdessen entferne er Flecken mit einem Schwamm oder einer Zahnbürste.

Die Levi’s-Vizepräsidentin für Damenmode, Jill Guenza, empfahl in einem Interview mit der Modezeitschrift Elle, die Jeans regelmäßig einzufrieren. Das töte Bakterien ab und verhindere unangenehmen Geruch. Sie selbst stecke ihre Jeans einmal im Monat ins Gefrierfach. Auch Designer Tommy Hilfiger gab im November 2013 in einem Straßeninterview mit dem US-Promiportal TMZ an, seine Jeans nie zu waschen.

Ob man eine leicht verwaschene Jeans mit der Zeit hinnimmt oder nicht, ist letztlich Typsache. Fest steht: Je geringer die Waschung ist, desto weniger lässt sich im Büro falsch machen.

Außerdem hängt es auch vom Stoffgewicht ab, wie angemessen eine Jeans am Arbeitsplatz ist. Gerd Müller-Thomkins vom Deutschen Mode-Institut empfiehlt eher leichte Jeans. „Je schwerer eine Jeans ist, desto derber und jugendlicher wirkt sie“, sagt Müller-Thomkins. „Leichte Jeans erinnern mehr an konventionelle Anzugstoffe.“

Die Gesamtgarderobe muss stimmen

Doch mit der Wahl der richtigen Hose ist es nicht getan. Auch das restliche Outfit muss stimmen. Heißt konkret: Zur Jeans ein Paar klassische Herrenschuhe wie Budapester oder Loafers, ein in die Hose gestecktes Hemd und darüber ein Jackett. Frauen können ihr Business-Outfit rund um die Jeans mit einer Bluse und einem Blazer gestalten.

In Sachen Handtaschen- und Schuhauswahl haben Frauen mehr Spielraum. Autor Bernhard Roetzel empfiehlt Ballerinas oder Pumps. „Mit einer Birkin und einem Gürtel von Hermès dazu ist das ein schicker Look“, sagt er. Männern legt er zurückhaltende Hemden nahe: „Nichts mit aufgenähten Patches wie bei ‚La Martina‘. Das sieht albern aus.“ Und vor allem warnt er vor Jeans-Hemden und Jeans-Jacken. Diese seien für den Büro-und Geschäftsalltag unangebracht.

Nicht zuletzt sollte man bei der Wahl des Jeans-Outfits darauf achten, ob man überhaupt der Typ dafür ist, sagt Experte Roetzel: „Ein Gentleman ist eher klassisch angezogen, in seinem Kleiderschrank hat eine Jeans keinen Platz.“ Das gilt auch für Roetzel selbst: Er hatte schon 20 Jahre keine Jeans mehr an.