Business-Englisch in einem Monat: „That makes me so quickly nobody after“

Unsere Autorin will für einen neuen Job gerüstet sein und ihre Fremdsprachen auffrischen. Ein Selbsttest.

Saskia Eversloh | 11.09.2018

Exzellente Deutschkenntnisse auf muttersprachlichem Niveau und verhandlungssicheres Englisch“ wünscht sich die internationale Entwicklungshilfeorganisation Oxfam am deutschen Standort von ihrer zukünftigen „Leiterin Marketing und Kommunikation“. Ich klicke mich weiter durch die Stellenanzeigen-Portale: Die Fernuniversität Hagen erwartet von ihrem „Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit“ in Nordrhein-Westfalen „herausragende schriftliche Ausdrucksfähigkeit und exzellente Beherrschung des Deutschen und Englischen in Wort und Schrift“.

Der Industriekonzern ThyssenKrupp will noch mehr und sucht einen oder eine „Manager/in Leadership Communication“ mit „verhandlungssicheren Deutsch- und Englischkenntnissen sowie fließenden Französischkenntnissen, idealerweise untermauert durch Auslandsaufenthalte“. Und der südkoreanische Autohersteller Kia Motors schreibt für seinen Europa-Standort in Frankfurt am Main den „Manager PR Communications“ gleich auf Englisch aus: „Nearly native level English, other languages are a plus“.

Englisch ist Jobsprache Nummer Eins: German? Nice to have!

Vier von vielen aktuellen Ausschreibungen, die ich bei meiner Recherche gefunden habe – in der Kommunikation von Unternehmen, öffentlicher Hand und Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Deutschland. Für EU-Institutionen und die Arbeit in internationalen Organisationen oder im diplomatischen Dienst waren mehrere Sprachen auf hohem Niveau von jeher selbstverständlich.

Jetzt zieht auch die Wirtschaft ihre Anforderungen an: Wurden vor einigen Jahren noch „fließendes Englisch“ oder „Fremdsprachenkenntnisse in Wort und Schrift“ gesucht, so geht der Trend aktuell zum „(nearly) native Speaker“ im Englischen – und auch weitere Fremdsprachen sind absolut fließend gefragt.

In der globalisierten Welt von heute ist Englisch die erste Sprache – und Deutsch nicht mehr als ein „nice to have“, so wie beispielsweise bei der Ausschreibung von Kia. Selbst mittelständische Familienbetriebe haben mittlerweile Kunden, Lieferanten und Niederlassungen im Ausland. Und die direkten Vorgesetzten in Konzernen sind aus Korea, Großbritannien und anderen Ländern, sodass auch intern meist Englisch gesprochen wird.

Was also tun, wenn man nicht gleich in Washington, London oder Paris studiert hat? Ich suche nach Intensivkursen im Kölner Raum, finde aber kaum Sprachschulen, die gehobenes Berufsenglisch für andere als kaufmännische Jobs anbieten. Was nützen mir schließlich geschäftliche E-Mails und Kundengespräche, wenn es Artikel zu schreiben oder TV-Trainings für Führungskräfte zu geben gilt?

Individuelles Angebot: Ein Monat Vollzeit-Englisch

Die Volkshochschule (VHS) bietet einige einwöchige Kurse an, die zwar als Bildungsurlaub anerkannt sind, sich aber im unteren bis mittleren Sprachniveau bewegen. Die Wall-Street-Institute haben sich vom deutschen Markt zurückgezogen, Berlitz ist für die nächsten Monate hoffnungslos ausgebucht und auch bei anderen Anbietern wie Inlingua, Fokus oder Stevens finde ich gerade nicht das Passende für mich.

Ich erweitere meinen Radius um den Pendelbereich und beschließe, ein Berlitz-Einzeltraining speziell für meine Branche und meine Tätigkeiten in einer anderen Stadt zu belegen. Ein Monat Vollzeit, sündhaft teuer, ständig wechselnde Trainer – alle sympathisch, meist der Liebe wegen aus den USA oder Großbritannien nach Deutschland gekommen. Allein: Die Grammatik muss ich mir woanders holen.

Ich versuche es mit der BBC: Perfekt für Journalisten, Pressesprecher und Beschäftigte in Politik und Wirtschaft gibt es hier tagesaktuelle Dossiers für alle Sinne: Sehen, Hören, Lesen und Schreiben – und ganz nebenbei noch up to date in der Weltgeschichte sein. Passt!

Außerdem entdecke ich das gute alte Grammatikbuch wieder: mittlerweile servicefreundlich als Selbstlernsystem mit Einstufungstest und Übungs-CD für die ganz persönlichen Lücken gestaltet, zum Beispiel von Cambridge University Press. Der Verlag hat jetzt auch „Professional English“, etwa für Medien, Marketing oder „Job-hunting“, im Sortiment. Letzteres ist nicht zu unterschätzen, denn spätestens bei den Job-Titeln im Lebenslauf reicht die reine Übersetzung nicht mehr aus, Kenntnisse des Bildungs- und Berufssystems sind gefragt.

Nach einem Monat habe ich mich um eine Stufe gesteigert und halte mein Fachsprachen-Zertifikat Level 10 in der Hand. Es entspricht dem Europäischen Referenzrahmen C1/C2 – nearly mother tongue!

Mit Selbstlernprogramm: Parlez-vous français?

Jetzt heißt es, auch mein Französisch schnell und effizient auffrischen, um hier an der Grenze zu Belgien und Frankreich zu punkten. In meinem abendlichen VHS-Kurs sind viele Frührentnerinnen, insbesondere ehemalige Lehrerinnen, die sich nun ein schönes Leben am Mittelmeer machen, Ausstellungen in Paris besuchen oder auch nur weinselige Abende beim Franzosen um die Ecke erleben wollen. Hier im Konversationskurs auf dem Level B2/C1 komme ich mit Medien und Politik kaum gegen den Badestrand von Nizza, das Centre Pompidou oder Winzerfeste in der Champagne an.

Ein Sprachurlaub in Paris oder ein Intensivkurs am Institut français sprengen nach dem Englisch-Einzeltraining sowohl mein zeitliches als auch finanzielles Budget. Also hilft nur ein Selbstlernprogramm – immerhin habe ich ein Studienjahr in Paris verbracht und ein, wenn auch nicht mehr druckfrisches, Sorbonne-Zertifikat in meinen Unterlagen.

Ich frage meine engagierte VHS-Lehrerin und Muttersprachlerin, der ich auch die eine oder andere Einzelstunde abringen kann. Sie empfiehlt den Unterricht auf TV5 Monde, das interaktive Online-Programm „Le Point du FLE“ und für Bewerbungen die Villa France Cologne. Das TV5-Programm ist eher zum Einstieg geeignet und endet bei der Mittelstufe, Le Point ist für meinen Geschmack recht unübersichtlich. Bei der Villa France, einem deutsch-französischen Wirtschaftszentrum, werde ich schließlich fündig: Das Zentrum organisiert nicht nur Jobmessen in Köln, Berlin und Paris, sondern auch ein Rundum-Paket für Bewerbungen und berufliches Verhalten bis hin zu Lebenshaltungskosten und Gehältern in Frankreich.

Im Sprachtandem durchs Bewerbungs-Babylon

Und das kann ich auch gleich anwenden: Zwar habe ich mich auf ein englisches Job-Inserat bei „Reporters Without Borders“ beworben, doch der Hauptsitz ist in Paris, und die Headhunterin führt das Gespräch auf Französisch via Skype. Eine echte Herausforderung! Die Vokabeln zu Stärken und Schwächen, Personalverantwortung und Budgetierung habe ich zuvor noch nie aktiv gebraucht. Gut, dass ich mir im Vorfeld nicht nur die üblichen Fragen und Antworten auf Französisch angesehen, sondern auch eine für mich realistische Gehaltsvorstellung errechnet hatte. Denn Paris ist fast doppelt so teuer wie Köln, aber das Gehaltsangebot war leider nicht proportional dazu.

Gleich wieder Gesprächsstoff für meinen Tandempartner aus der Bretagne, einen Software-Entwickler, den es nach seiner Weltreise nach Köln verschlagen hat. Die Idee des Sprachtandems: Wir treffen uns regelmäßig, wobei er besser Deutsch lernt, während ich mein Französisch trainiere. Allerdings interessieren ihn Konzerte, Radtouren und natürlich IT wesentlich mehr als medien- und entwicklungspolitische Texte aus der Le Monde. Da ist eine Tandem-Beziehung schnell überstrapaziert.

¡Hola! ¿Qué tal? – Ohne Spanisch geht’s auch

Mein Studienjahr an der Paris-Sorbonne habe ich übrigens mit einem ziemlich langen Sprachurlaub an der Costa del Sol gekrönt, wovon ich heute noch gern die Fotos des nächtelangen Flamenco-Festivals im großgetupften Kleid, der Traje de Sevillana, und „Peinetas“ im Haar zeige. Aber im Spanischen hat mich irgendwie nie der Ehrgeiz gepackt, wahrscheinlich, weil ich mit Rioja, Flamenco, „¡Hola! ¿Qué tal?“ und „Vamos a la Playa“ immer gut durch den Urlaub gekommen bin – und die Sprache beruflich nicht brauche.


MEINE PERSÖNLICHEN SPRACHLERNTIPPS

  • Spaß haben: Einen muttersprachlichen Tandempartner suchen und beim Kochen, Tanzen oder bei Ausflügen mehr über kulturelle Eigenheiten erfahren; zu finden etwa über das schwarze Brett an der Uni oder über Tandemportale online.
    • An der Rhetorik feilen: Wer nicht nur Wert auf Grammatik legt, sondern sich auch rhetorisch den letzten Schliff für den Job, das Ehrenamt oder die politische Bühne geben möchte, dem ist der Rednerclub Toastmasters International zu empfehlen.
    • Wissensdurst stillen: Coursera bietet kostenlose Online-Tutorials von Top-Universitäten an, zum Beispiel auf Englisch, Französisch und Chinesisch. Über LinkedIn können User das Zertifikat direkt in ihr Profil einbinden und den internationalen Alumni-Clubs beitreten.
    • Nachrichten nutzen: Der staatliche Auslandsrundfunk ist zur Sprachbildung verpflichtet. So kann man etwa bei der BBC oder Radio France International aktuelle Nachrichten verfolgen und auf allen Kanälen (Sehen, Hören, Lesen, Schreiben, Chatten) lernen:
    • Bildungsurlaub nehmen: Mittlerweile sind – je nach Bundesland – auch einige (wenige) Sprachanbieter im Ausland für einen Bildungsurlaub anerkannt.