Führungspositionen: Schlechte Aussichten für große Frauen-Karrieren

In Dax-Vorständen haben Frauen weiter wenig zu sagen: Ihr Anteil stagniert seit Jahren.

Anne Koschik | 19.11.2021
Frauenkarrieren haben Grenzen: Seit Jahren ist die Vorstandsquote nicht größer geworden.

Kaum Platz für Frauen I Frauenkarrieren haben Grenzen: Seit Jahren ist die Vorstandsquote nicht größer geworden.

190 Vorstandsposten gibt es in den 30 größten Unternehmen in Deutschland, auf 27 haben Frauen Platz genommen – das macht gerade mal 14 Prozent. Und diese Quote steht seit drei Jahren. Zuvor hatte sich der Anteil innerhalb von vier Jahren verdoppelt, aber das hört sich besser an, als es in Wirklichkeit ist: Nur sieben Prozent der Vorstände waren noch im Jahr 2014 weiblich.

Und richtig was zu sagen haben die Frauen im höchsten Unternehmensgremium auch nicht immer: Nur fünf sind als Finanzchefinnen eingesetzt – CFOs gelten als Nachrückposten für den Vorsitz – und sechs sind Personalchefinnen, zeigt eine Erhebung der Personalberatung Russell Reynolds Associates.

Als Konzernlenkerin indes tritt – nach dem kurzen Intermezzo von Jennifer Morgan bei SAP – keine Frau mehr auf.

Grundsätzlich sind Frauen auch kürzer in ihren Ämtern: Sie bleiben im Durchschnitt 5,8 Jahre, ihre männlichen Kollegen hält es dagegen durchschnittlich sieben Jahre. Dabei werden Frauen etwas früher Vorstand: Sie sind durchschnittlich 48,5 Jahre alt, wenn sie Vorstand werden, und damit drei Jahre jünger als ihre männlichen Kollegen bei diesem Karriereschritt.

Allerdings gibt es auch jüngere Kandidaten, die erfolgreich sind: So waren sieben der aktuellen Vorstände zwischen 30 und 40 Jahre alt, als sie auf den Posten berufen wurden.

Unternehmen mit und ohne Frauen im Vorstand

Beim Frauenanteil auf Vorstandsebene gibt es große Unterschiede in den Konzernen. Sechs Unternehmen erreichen eine Quote von 25 Prozent. Das sind:

Covestro
Daimler
Deutsche Telekom
Fresenius Medical Care
Vonovia
Wirecard.

Zwei Unternehmen besetzen ein Fünftel des Vorstands mit Frauen:
Allianz
Merck.

Und sieben Dax-Unternehmen haben nicht eine Frau im Vorstand:
Bayer
Eon
HeidelbergCement
Infineon
MTU Aero Engines
RWE
Siemens.

Frauenanteil ist internationaler

Auch wenn der Anteil von Einheimischen an der Spitze der Vorstände weiterhin hoch ist, hat die Internationalisierung der Dax-Vorstände insgesamt stark zugenommen. So wurden in den letzten zwei Jahren fast genauso viele Ausländer wie Deutsche zu Dax-Vorständen ernannt.

Weibliche Dax-Vorstände sind aber internationaler: 44 Prozent stammen aus dem Ausland, bei den Männern sind es rund 30 Prozent.

Insgesamt kommen zwei Drittel aller Vorstände aus Deutschland, ein Drittel aus dem Ausland. Der Vorsitz bleibt in der Regel in deutscher Hand: Denn 83 Prozent der CEOs sind Deutsche.

Vorstandsvorsitzende sind oft Eigengewächse

Von außen kommen nur die wenigsten Unternehmenschefs zum Zuge: Kein Fünftel aller aktuellen Vorstandsvorsitzenden wurde direkt von extern berufen. Vielmehr ist festzustellen, dass, 83 Prozent der CEOS intern zum Vorsitzenden entwickelt wurden.

Anders läuft es mit den Finanzchefs: Die Hälfte der aktuellen CFOs hatte vorher anderswo an der Karriere gearbeitet. „Für Finanzchefs ist es leichter, in gleicher Position zu anderen Unternehmen zu wechseln als für CEOs“, bestätigt Thomas Tomkos, Leiter der deutschen Board & CEO Praxisgruppe bei Russell Reynolds Associates.

Eine Analyse der Verweildauer im Unternehmen zeigt: Vorstände haben oft jahrzehntelang an ihren Karrieren gebastelt. So waren sieben Vorstände bereits 35 Jahre im Unternehmen, als sie berufen wurden. Neun sind seit mindestens 15 Jahren Vorstand.

Auf die längste Zugehörigkeit zum Unternehmen blickt Joe Kaeser von Siemens zurück: Bereits 40 Jahre ist er Mitarbeiter des Münchener Technologiekonzerns.

Auf dem Vorstandsitz hat es sich aber Frank Appel von der Deutschen Post am längsten eingerichtet: Seit 18 Jahren hält er dort die Stellung.

Höchste Vorstandsgehälter

Eine große Bandbreite zeigt sich bei der Vergütung. Am besten haben zuletzt (2019) die Vorstände dieser Unternehmen abgeschnitten und verdienten im Durchschnitt zwischen sechs und neun Millionen Euro:

● Linde (8,9 Mio.)
● Deutsche Bank (6,6 Mio.)
● SAP (6,3 Mio.).

Die niedrigsten Zuwendungen gab es für die Vorstände von MTU, die im Schnitt auf 1,6 Millionen Euro kamen. Auch die Vorstände von Infineon mussten sich mit vergleichsweise «niedrigen» 1,8 Millionen Euro zufrieden geben.

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