Was ich in meinem ersten Jahr als Führungskraft gelernt habe

Gerade die Anfangsphase ist für junge Führungskräfte oft holprig – aber auch lehrreich. Ein Fachbereichsleiter erinnert sich.

Lazar Backovic | 12.03.2019
Unternehmensführung Studium

Bücher über die ersten 100 Tage als Führungskraft gibt es Dutzende. Doch die Realität sieht oft anders aus. Das hat auch Rico Magnucki, Fachbereichsleiter „Mission Mobile“ beim IT-Beratungshaus Mindsquare, erlebt.

Seit Sommer 2017 ist der 28-Jährige bei dem Mittelständler aus Ostwestfalen für 15 Mitarbeiter verantwortlich. Das sind seine Lehren aus der Anfangszeit:

Lehre 1: Vom Kollegen zum Chef ist es ein harter Weg

Vom Trainee über eine Consultant-Stelle zur Führungskraft – der Werdegang von Jungmanager Rico Magnucki bei Mindsquare ging bislang vor allem in eine Richtung: aufwärts.

Doch so ein interner Aufstieg bringt durchaus Herausforderungen mit sich. „Das erste Jahr war ich schwer mit mir beschäftigt“, erzählt Magnucki. „Was ist meine Rolle? Wie schaffe ich es, dass meine ehemaligen Kollegen mich als Vorgesetzten ansehen und ernstnehmen?“

Magnuckis Lösung: „Ich habe, wo es ging, versucht selbst Vorbild zu sein.“ Um seine Agenda vorzuleben, hat er erste Gespräche mit wichtigen Geschäftspartnern auf Eigeninitiative angeleiert und so erste Türen geöffnet. „Damit habe ich mir damals die Bestätigung meiner Mitarbeiter eingeholt und gezeigt, dass ich auch als Vorgesetzter mit anpacke.“

Lehre 2: Abgeben lernen

Wer sich als Führungskraft operativ anfangs viel einbringt, läuft jedoch auch Gefahr, irgendwann den To-Do-Zettel nicht mehr abarbeiten zu können. Gerade im mittleren Management ist die Verlockung groß, Themen zu bearbeiten, die nicht per se in der Stellenbeschreibung einer Führungskraft stehen.

Auch Magnucki hat diese Erfahrung gemacht. Sein Arbeitgeber Mindsquare koordiniert und berät Drittfirmen bei IT-Projekten, vor allem im SAP-Kontext.

„Anfangs habe ich teilweise sogar noch bei den Projekten mitprogrammiert, wenn irgendwo eine helfende Hand gebraucht wurde – oder ich dachte, dass eine gebraucht wird“, so der 28-Jährige.

Die Wende kam für den jungen Fachbereichsleiter, als er ungeplant das Projekt eines Kollegen übernahm – und die Extraaufgabe ausuferte. „Am Ende hat der Kunde das Projekt selbst zu Ende geführt.“

Ein schwerer Schlag für Magnucki. Und doch delegiert er seither konsequent an seine drei Teamleiter im Fachbereich und überlässt die Programmierungsarbeit den Kollegen. „Das können die ohnehin viel besser als ich.“

Lehre 3: Ernten, was man gesät hat

Dass sich Magnucki so sehr auf seine Teamleiter verlassen kann, liegt auch daran, dass er ihre Rolle zu Beginn seiner Amtszeit noch mal klarer definiert hat: „Am Anfang war es so, dass die Teamleiter neben der Personalführung viele zusätzliche administrative Aufgabe hatten.“

Inzwischen sind die Rollen eindeutiger zugeschnitten: Die Teamleiter konzentrieren sich jetzt auf die Personalführung, während administrative Aufgaben an zentraler Stelle aufgehängt sind. So kann sich jeder auf seine Stärken konzentrieren, und die Prozesse laufen wesentlich reibungsloser.

Insofern profitiert Magnucki durchaus von den Strukturen und Prozessen, die er selbst aufgebaut und verbessert hat. „Auch wenn ich natürlich heute schauen muss, dass die Prozesse auch überall eingehalten werden.“

Lehre 4: Persönliche Balance finden

„In der Anfangsphase ist die Motivation als neue Führungskraft extrem hoch“, sagt Magnucki und fügt selbstkritisch hinzu: „Aber eigentlich hast du wenig Ahnung davon, was genau auf dich zukommt.“

Das führe dazu, dass einem anfangs so gut wie alles als wichtig erscheine. „Nach ein paar Wochen weiß man dann, was eine hohe Priorität hat. Aber dieses Erfahrungswissen braucht Zeit, bis es sich festigt“, so Magnucki.

Das spürte er auch an seiner Work-Life-Balance. In den ersten 100 Tagen hat Magnucki oft auch am Wochenende gearbeitet, gut 60 Stunden kamen so ab und zu zusammen.

„Das waren dann Arbeitstage, an denen es mal ein Bier zum Abendessen dazu gab.“ Mit steigendem Wissen und ersten positiven Routinen, hat sich der Zustand inzwischen normalisiert – auf 40-50 Stunden pro Woche. „Ich habe nun wieder Freiräume – für mich selbst und meinen Fachbereich.“