Rechtliche Tipps: Was neue Geschäftsführer oder Vorstände beachten sollten

Das müssen Sie in Sachen Vertrag, Vergütung und Haftung wissen.

Claudia Obmann | 17.11.2024
Als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied gibt es zahlreiche rechtliche Fallstricke.

Tipps für Geschäftsführer Als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied gibt es zahlreiche rechtliche Fallstricke. © imago/Westend61

Plötzlich Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied? Glückwunsch! Rechtlich gesehen gibt es da allerdings einiges zu beachten.

Wer zum Geschäftsführer oder Vorstand ernannt wird – dem sind die möglichen Risiken häufig unklar. Denn wer sich jahrelang im Unternehmen hocharbeitet, vertraut zu sehr dem Arbeitgeber und hinterfragt zu selten die Bedingungen seiner neuen Position.

Arbeitsrechtsexperte Christoph Abeln aus Berlin warnt, dass mit der Bestellung zum Geschäftsführer oder Vorstand der bisherige Arbeitsvertrag einer Führungskraft außer Kraft treten kann. Damit sind auch sämtliche gesetzlichen Regelungen zur Vergütung, Arbeitszeit, zum Urlaubsanspruch und Kündigungsschutz unwirksam.

Im Gegenzug steigen Haftungs- und Reputationsrisiken.

Künftige Vergütung genau unter die Lupe nehmen

Vor Annahme des neuen Jobs sollte zudem das Thema Vergütung genau geprüft werden. „Wer sich auf solche exponierten Stellungen begibt, sollte sein Vergütungspaket neu verhandeln“, rät Helmuth Uder von der Organisations- und Personalberatung Korn Ferry. Es lohnt sich, sich mit dem Thema Vergütung zu beschäftigen.

Das belegen Analysen von Dax-Unternehmen mit selbstständigen Tochtergesellschaften: Ein Vergütungsplus von 20 bis 30 Prozent können Geschäftsführer und Vorstände dort erzielen.

Der Vertrag auf Zeit plus ein erhöhtes Erfolgsrisiko werden durch erhöhte variable Vergütungsanteile versüßt. Das ist attraktiv.

Die zugrunde liegenden Anreizsysteme aus kurzfristigen Boni und langfristigen Incentives wie Aktienoptionen sollten allerdings genauestens verstanden werden.
Was Newcomer vor ihrem Amtsantritt unbedingt wissen müssen, verraten Arbeitsrechtler Christoph Abeln, Managerhaftungsspezialist Michael Hendricks und Vergütungsprofi Helmuth Uder im Folgenden:

Das ändert sich für Geschäftsführer und Vorstände

Vertrag: Als neuer Geschäftsführer einer GmbH oder als Vorstand verändert sich der Status: Der Newcomer wird zum gesetzlichen „Organ“ der Gesellschaft und erhält nur noch einen befristeten Anstellungsvertrag.

„Achten Sie als künftiger Geschäftsführer darauf, dass Ihr Vertrag eine Laufzeit von mindestens drei Jahren ohne Probezeit hat“, rät Jurist Abeln. Neue Vorstände erhalten in der ersten Amtsperiode auf drei Jahre befristete Verträge, später dann über fünf Jahre

Die wichtigste Änderung: Es gibt keinen gesetzlichen Kündigungsschutz mehr. Das heißt für den Geschäftsführer, dass er jederzeit vom Amt abberufen werden kann, und zwar ohne Angabe von Gründen.

Geht alles schief, steht er nach vier Wochen auf der Straße.

Besondere Klausel

Um sich davor zu schützen, ist es für den angehenden Geschäftsführer ratsam, folgende Klausel in den Anstellungsvertrag aufzunehmen: „Für den Widerruf bedarf es der Angabe eines wichtigen Grundes nach Paragraf 626 BGB.“

Dann kann nur eine grobe Pflichtverletzung wie etwa Insolvenzverschleppung oder eine Straftat dazu führen, dass er des Amtes enthoben wird.

Lässt sich der Arbeitgeber darauf nicht ein, sollte wenigstens eine möglichst lange Kündigungsfrist vereinbart werden. Üblich sind sechs Monate zum Halbjahresende. Das gilt speziell für langjährige Konzernmitarbeiter.

Geht es um die Stelle eines neuen Vorstands, sieht die Sachlage ein wenig anders aus. Es bedarf eines Grundes. „Aber dieser ist simpel zu konstruieren“, weiß Abeln.

Fehlendes oder gestörtes Vertrauen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand im Abberufungsbeschluss zu vermerken sei nämlich schon ausreichend.

Achtung Koppelungsklausel

Abfindung
Enthält der neue Vertrag eine Koppelungsklausel? Sie sieht vor, dass die Abberufung als Geschäftsführer oder Vorstand durch Gesellschafter oder Aufsichtsrat zugleich als Kündigung des Dienstvertrages gilt.

Das wirkt sich negativ auf Vergütung und Abfindung aus, was Rechtsanwalt Abeln am Beispiel eines Vorstands erläutert: Nach einem Jahr wird der Vorstand vom Aufsichtsrat abberufen, sein Vertrag gilt aber für drei Jahre. Wer nun die Koppelungsklausel unterschrieben hatte, verzichtet auf die weitere Vergütung der vertraglichen Restlaufzeit von zwei Jahren.

Daher: einer Koppelungsklausel nur zustimmen, wenn ausdrücklich möglichst lange Kündigungs- bzw. Auslauffristen vereinbart sind.

Wettbewerbsverbot
Wesentlich in der Überprüfung des Vertrags sind auch noch weitere Aspekte. „Falls der Vertrag ein Wettbewerbsverbot enthält, empfiehlt es sich, den Arbeitgeber den Begriff ‚Mitbewerber‘ so genau wie möglich fassen zu lassen“, empfiehlt Abeln.

Am besten sei das per Namensliste derjenigen Konkurrenten, zu denen Sie innerhalb einer bestimmten Frist nach Beendigung Ihres Vertrags nicht wechseln dürfen.

„Lassen Sie sich aber auf gar keinen Fall auf mehr als sechs Monate Wettbewerbsverbot ein. Und die entsprechende Karenzentschädigung sollte mindestens 50 Prozent Ihrer zuletzt bezogenen Gesamtvergütung beinhalten.“

Schließlich kann auch ein Gesellschafterwechsel oft zu geänderten Zielvorgaben führen oder das Vertrauensverhältnis zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer belasten.

Dagegen können sich Geschäftsführer mit einer „Change of Control“-Klausel absichern. Damit wird Geschäftsführern oder Vorständen für den Fall eines Gesellschafterwechsels ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt.

Vergütung
Geschäftsführer und Vorstände werden neben dem Grundgehalt mit variablen Vergütungsbestandteilen entlohnt, die vom Erfolg ihrer Tätigkeit abhängen. Die Zielvorgaben sind höchst unterschiedlich.

Zum Beispiel: „Rückkehr in die Gewinnzone“ oder die „Erschließung neuer Märkte“. Die dazugehörigen Bonusmodelle sind komplex.

Bei der Berechnung kann das Unternehmensergebnis ebenso eine Rolle spielen wie der Grad, zu dem die vereinbarten Ziele erreicht wurden.

„Bevor Sie unterzeichnen, überprüfen Sie, ob die Kriterien, von denen Ihre Tantieme abhängt, klar sind. Und ob die Berechnungsgrundlagen für kurzfristige Bonuszahlungen sowie für etwaige langfristige Incentives wie Aktienoptionen im Vertrag eindeutig festgelegt sind“, rät Vergütungsexperte Helmuth Uder.

Wichtig sei auch zu regeln, wie bezüglich Zielerreichung, kurzfristiger und langfristiger Vergütungsbestandteile zu verfahren ist, wenn es zum vorzeitigen Vertragsende kommt.

Uder beobachtet: „Oft zeigen sich Unternehmen in diesem Fall eher großzügig bei kurzfristigen Boni, wenn ein scheidender Geschäftsführer oder Vorstand bereit ist, auf Langfrist-Boni zu verzichten.“

Haftung
Während der Vorstand unbegrenzt mit seinem Vermögen für Schäden des Unternehmens haftet, kann der Geschäftsführer eine persönliche Haftungsbegrenzung aushandeln oder die Haftung sogar vertraglich ausschließen. Es sei denn, es geht um „Vorsatz“ oder „grobe Fahrlässigkeit“.

Der Formulierungstipp von Experte Michael Hendricks lautet daher: „Die Haftung gegenüber der Gesellschaft ist ausgeschlossen begrenzt auf einen Betrag i. H. v. Euro … Dies gilt nicht für vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen.“