Wirtschaftsflaute: Dürfen Arbeitnehmer freiwillig auf ihr Gehalt verzichten?

Um die Folgen der Corona-Pandemie abzudämpfen, verzichten Arbeitnehmer auf Teile ihres Gehalts. Ist das überhaupt erlaubt?

dpa | 19.11.2024
Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer auf Geld verzichten, sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Aber nie auf das gesamte Gehalt.

Gehaltsverzicht wegen Corona? I Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer auf Geld verzichten, sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Aber nie auf das gesamte Gehalt.

Grundsätzlich ja, sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Es gäbe jedoch wie fast immer im Arbeitsrecht auch ein „Aber”. Gilt für das Arbeitsverhältnis ein Vergütungstarifvertrag, können Arbeitnehmer nicht einfach so auf einen Teil ihres Gehalts verzichten. „Vorher müssten die Tarifvertragsparteien, also Arbeitgeberverband und Gewerkschaft, zustimmen”, erklärt Meyer.

Gibt es keinen Tarifvertrag, können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber zum Beispiel darauf einigen, dass der Arbeitnehmer statt 18 Euro nur noch 17 Euro Stundenlohn bekommt. In Unternehmen mit Betriebsrat hat dieser bei Entscheidungen zur Reduzierung der geltenden Vergütung aber auch ein Mitspracherecht.

Kompletter Lohnverzicht ist unzulässig

Nicht zulässig wäre es dem Fachanwalt zufolge, wenn die neu vereinbarte Vergütung unterhalb des Mindestlohns liegt. „Das ist aber ein ziemlich theoretischer Fall. Eher werden sich die Parteien darauf einigen, dass zum Beispiel das Urlaubsgeld oder das 13. Gehalt entfällt.”

Auch ein kompletter Lohnverzicht, obwohl man weiter zur Arbeit kommt, ist laut Meyer nicht zulässig. Schließlich muss der Arbeitgeber für jede geleistete Stunde auch Sozialversicherungsbeiträge zahlen.

Daimler sichert Beschäftigung bis 2030

Als Beispiel für einen freiwilligen Lohnverzicht dient der Autohersteller Daimler. Nach Abstimmung mit dem Betriebsrat und finanzieller Zugeständnisse der Belegschaft in Deutschland, sollen Entlassungen vermieden werden. „ Die Beschäftigung bei Daimler bleibt bis 2030 gesichert und betriebsbedingte Kündigungen bleiben ausgeschlossen“, erklärte Betriebsratschef Michael Brecht diese Woche nach einer Einigung mit dem Management auf befristete Lohnkürzungen.
Ab Oktober arbeiten die Angestellten in Verwaltung und in produktionsnahen Bereichen zwei Stunden pro Woche weniger und verdienen entsprechend auch weniger Geld. Zudem wird die Ergebnisbeteiligung für das Geschäftsjahr 2020 gestrichen. Das tarifliche Zusatzgeld 2021 wird in bezahlte freie Tage umgewandelt.

Letztlich entscheidet die Konjunktur

„Wir danken der Belegschaft für ihren wichtigen zeitlich befristeten Beitrag, um diese Krise gemeinsam zu bewältigen“, erklärte Personalvorstand Wilfried Porth. Konzernführung und Arbeitnehmervertreter einigten sich bereits im Dezember auf einen sozialverträglichen Abbau von Arbeitsplätzen, etwa durch Altersteilzeit und Abfindungen.

Daimler will seine Personalkosten bis Ende 2022 und darüber hinaus senken. Zuletzt kursierten Zahlen, wonach von den weltweit rund 300.000 Stellen 20.000 bis 30.000 wegfallen könnten.

Der Stuttgarter Autokonzern hatte nach einem Milliardenverlust durch die Corona-Pandemie im zweiten Quartal Hoffnung auf eine Rückkehr zur Normalität geschöpft. Das Ziel, im Gesamtjahr vor Sondereffekten operativ schwarze Zahlen zu schreiben, stehe aber unter dem Vorbehalt, dass nicht eine neue Corona-Infektionswelle die Konjunkturerholung abwürgt.

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