Finanzaufsicht BaFin sucht neue Mitarbeiter

Wer für die BaFin arbeitet, kontrolliert das Finanzsystem und profitiert von der Jobsicherheit der Behörde. Der Nachteil: begrenzte Gehälter und Aufstiegschancen.

Kirsten Ludowig | 11.09.2018

Die Wächter der Banken und Versicherungen arbeiten im Verborgenen. Ihre Behörde liegt weder in der Finanzmetropole Frankfurt am Main noch in der Hauptstadt Berlin. Ihre Heimat ist Bonn. Das schlichte, weiße Gebäude versteckt sich im Stadtteil Graurheindorf – mitten in einem Wohngebiet. Zufällig verirrt sich niemand hierher, und so ist es nicht verwunderlich, dass kaum jemand weiß, was die obere Bundesbehörde, die dem Finanzministerium untersteht, eigentlich genau macht. Das soll sich jetzt ändern. Im Jahr 2009 will die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die Banken, Versicherungen und den Wertpapierhandel in Deutschland kontrolliert, 97 neue Mitarbeiter einstellen – nicht zuletzt, weil die Finanzkrise gezeigt hat, wie wichtig die Überwachung des Finanzsystems ist.

Gesucht werden vor allem Juristen und Wirtschaftswissenschaftler für die Banken- und Versicherungsaufsicht. Deshalb rührt die BaFin jetzt die Werbetrommel, und das muss sie auch, denn eins steht fest: Die größte Stellenaufstockung seit Jahren fällt in eine turbulente Zeit für die Behörde. In der Finanzkrise haben auch deutsche Banken Milliarden verloren, und die Finanzaufsicht ist ins Fadenkreuz geraten. Ihr wird vorgeworfen, die Liquiditätsprobleme einzelner Kreditinstitute nicht rechtzeitig erkannt zu haben. Auch deshalb überlegt die Politik abermals, die Finanzaufsicht neu zu ordnen. CDU/CSU und FDP fordern, die Kontrolle in einer Hand unter dem Dach der Bundesbank zu bündeln und die Doppelstruktur zu lösen. Denn: In Deutschland ist die Bankenaufsicht, im Gegensatz zu anderen EU-Staaten, zweistufig. Die Bundesbank prüft die Banken vor Ort und schickt ihre Berichte der BaFin, die, wenn nötig, Mängel im Risikomanagement aufzeigt und darauf dringt, diese zu beseitigen. Die rund 1.700 Mitarbeiter der BaFin stehen der Frage, wie ihr Arbeitgeber in Zukunft aufgestellt sein wird, jedoch relativ gelassen gegenüber. „Das sind in erster Linie politische Diskussionen“, sagt Sven Hueske, „das ändert nichts an meiner Arbeit. Ich nehme es, wie es kommt.“

Für viele Mitarbeiter wird ein Ortswechsel notwendig

Der 35-jährige Bankkaufmann und Jurist arbeitet seit fast vier Jahren in der Bankenaufsicht in Bonn. Das, was ihm im Zuge einer Neuordnung der Finanzaufsicht lediglich droht, ist ein Ortswechsel; etwa nach Frankfurt am Main, wo die Wertpapieraufsicht der BaFin ist – und auch die Bundesbank ihre Zentrale hat. Hueskes Job dagegen ist, was auch passieren mag, sicher. Denn die BaFin punktet mit einem, in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise fast unbezahlbaren Vorteil: der Arbeitsplatzgarantie. „Wir versuchen, wenn möglich, jeden Berufseinsteiger nach Bewährung auf Lebenszeit zu verbeamten“, sagt Michael Sell, Exekutivdirektor für die Querschnittsaufgaben/Innere Verwaltung, wozu das Personalreferat gehört. Das dauert – je nach Abschluss und Fachrichtung – in der Regel zwischen dreieinhalb und sechs Jahren. Die aktuelle Belegschaft der BaFin besteht zu 60 Prozent aus Juristen, zu 30 Prozent aus Wirtschaftswissenschaftlern und zu zehn Prozent aus Absolventen anderer Fachrichtungen, darunter größtenteils Mathematiker. Für den 27-jährigen Volkswirt Jan Philipp Meyer war die Arbeitsplatzgarantie ein „Riesenanreizfaktor“ für seine Bewerbung. Der Vater von zwei Kindern hat vor seinem Job in der Versicherungsaufsicht bei einem kleinen Software-Unternehmen gearbeitet. „Die IT ist ein schnelllebiges Geschäft, und ich habe mich gefragt, wie viel Risiko ich meiner Familie zumuten möchte“, erzählt er.

Der aktuelle Konjunktureinbruch bestätigt Meyer darin, dass seine Entscheidung für die BaFin richtig war. Und noch ein weiterer Punkt zählt für ihn: die Familienfreundlichkeit. „Mein Job lässt sich sehr gut mit der Familie vereinbaren.“ Zwar ist er ab und zu unterwegs. Aber an normalen Bürotagen wird er von seinen Vorgesetzten oder Kollegen nicht schief angesehen, wenn er um sechs Uhr früh mit der Arbeit beginnt, dann aber um 15 Uhr geht, um seine Kinder aus der Betreuung abzuholen. „Bekannte von mir, die im privaten Sektor arbeiten und auch Eltern sind, müssen sich häufig rechtfertigen, wenn sie die Gleitzeit wirklich nutzen oder nach acht Stunden Arbeit pünktlich gehen“, sagt Meyer. Und wenn der Kindergarten in den Ferien schließt oder die Tagesmutter krank wird, gibt es Eltern-Kind-Büros. Und auch im BaFin-eigenen Kindergarten findet sich der ein oder andere Notfallplatz. Darüber hinaus gibt es für Mütter und Väter die Möglichkeit, sich von zu Hause aus ins System einzuloggen und dort zu arbeiten. Da das Familienmanagement in Deutschland größtenteils noch immer in der Hand der Mütter liegt, ist die BaFin stolz darauf, dass 45 Prozent der Mitarbeiter weiblich sind – Tendenz steigend. Auch ein Viertel der Führungspositionen werden von Frauen besetzt.

Behörde nur auf dem Papier

Und laut Sirin Sargut aus der Wertpapieraufsicht in Frankfurt am Main ist die BaFin eigentlich nur auf dem Papier eine Behörde. „Ich habe während meines Referendariats typische städtische Behörden kennengelernt. In der BaFin dagegen ist das gesamte Umfeld sehr flexibel und dynamisch – und die Aufgaben sind viel interessanter und anspruchsvoller“, sagt die 30-jährige Juristin. Ganz leugnen lässt sich der behördliche Charakter allerdings nicht; seien es Vokabeln wie Anhörungsschreiben und Verwaltungsakte, die guten alten Umlaufmappen – oder eben das Thema Gehalt. Das große Geld lässt sich bei der Behörde mit den starren Gehaltsstrukturen nicht verdienen (Grafik unten); es ist eine Kombination aus dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und dem Bundesbesoldungsgesetz. „In der sechsmonatigen tariflichen Probezeit und auch in den zweieinhalb Jahren als tariflicher Angestellter darf man keine großen Gehaltssprünge erwarten“, sagt Familienvater Jan Philipp Meyer. Nach diesen drei Jahren gehen Volkswirte wie er in das Beamtenverhältnis auf Probe über – Juristen schon nach dem halben Jahr tariflicher Probezeit, denn ihnen wird das Referendariat angerechnet. „Dann bekommt man als Beamter nach drei Jahren im Job mit den reduzierten Abgaben und diversen Zuschlägen aber schon ein Nettogehalt, das man brutto im privaten Sektor in den Anfängen erst mal verdienen muss“, sagt Meyer. Dennoch gibt die BaFin offen zu, dass ältere und erfahrene Mitarbeiter die Behörde nicht selten zugunsten eines besser bezahlten Jobs in der freien Wirtschaft verlassen.

„Wer mehr Geld als im Bundesbesoldungsgesetz vorgesehen ist verdienen will, muss gehen“, sagt Exekutivdirektor Sell. „Wir stehen in puncto Gehalt in einem Wettbewerb mit den Unternehmen, den wir an dieser Stelle nicht gewinnen können. BaFin-Mitarbeiter sind Überzeugungstäter.“ In der letzten Zeit hat vor allem die Exekutivdirektorin für die Bankenaufsicht, Sabine Lautenschläger, mehrere Mitarbeiter verloren. Sie wurden von den Instituten, die sie prüften, abgeworben. Das ist nicht nur eine Folge der begrenzten Verdienstmöglichkeiten. Auch die Aufstiegschancen in der BaFin sind eher schlecht. Nach dem Einstieg als Referent im höheren Dienst folgt häufig eine Durststrecke, denn die leitenden Stellen sind in manchen Referaten knapp. Wenn, wie in der Bankenaufsicht, die Referatsleiter alle um die 40 Jahre alt sind, sieht es nicht gut aus mit dem Aufstieg. „Es wäre natürlich ideal, wenn ich sowohl mein Gehalt als auch meine Position verhandeln könnte“, sagt Sven Hueske von der Bankenaufsicht. „Aber das sind Dinge, die man weiß, bevor man sich für den öffentlichen Dienst entscheidet.“ Noch etwas härter trifft es FH-Absolventen und Uni-Absolventen mit Bachelor: Sie beginnen als Sachbearbeiter im gehobenen Dienst und haben laut Beamtenrecht nur bei „herausragenden Leistungen“ die Chance, in den höheren Dienst befördert zu werden.

Ein Wechsel innerhalb der BaFin ist gut möglich

Die BaFin hat deshalb zum Teil Schwierigkeiten, Mitarbeiter für diese Laufbahn zu finden. Was beim Aufstieg weniger gut klappt, funktioniert beim Umstieg umso besser. „Unsere Mitarbeiter haben die Möglichkeit, zwischen den verschiedenen Bereichen der BaFin zu wechseln. Das ist sogar erwünscht“, erklärt Exekutivdirektor Michael Sell. Davon hat auch die 31-jährige Sina Weinhold-Koch profitiert. Die Juristin mit dem Spezialgebiet Europarecht begann in der Bankenaufsicht und konnte nach etwas über einem Jahr in ihren „Traumbereich“ wechseln, wie sie sagt: die Abteilung Internationales. Nun hofft sie, bald eine Jobstation im Ausland einlegen zu können. Möglich wird das durch eine ein- bis dreijährige Entsendung zu einem der europäischen Ausschüsse, mit denen die Behörde zusammenarbeitet. Allerdings sind diese Ausschreibungen rar gesät. Zudem können sich nur die Mitarbeiter bewerben, die schon seit längerer Zeit für die BaFin arbeiten. „Der internationale Personalaustausch findet zurzeit noch im kleinen Rahmen statt, aber er verstärkt sich“, sagt Sell. Trotzdem können alle Mitarbeiter an einem regelmäßigen Englischkurs teilnehmen. Sina Weinhold-Koch spricht fließend Englisch, aber Sirin Sargut aus der Wertpapieraufsicht nimmt das Angebot gerne an. „Ich habe jeden Montag eineinhalb Stunden Unterricht, denn viele Informationen in meinem Job sind nur auf Englisch verfügbar.“ Generell wird das Thema Weiterbildung in der BaFin laut Exekutivdirektor Sell groß geschrieben.

Das Angebot richtet sich an alle Mitarbeiter. „Wir haben Einführungsveranstaltungen, in denen die Aufgabenfelder, Verwaltungsabläufe und Organisationsstrukturen im Haus erläutert werden. Wir bieten aber auch spezielle Kurse zu fast allen Themen der Aufsicht an“, erklärt Sell. Die öffentliche Kritik an der BaFin bekommen die Mitarbeiter schon zu spüren – vor allem durch Berichte in den Medien. Sina Sarguts Plädoyer dagegen lautet: „Die Finanzaufsicht kann nicht mehr wissen als die beaufsichtigten Unternehmen.“ Beim Austausch mit anderen Aufsehern sind die Vorwürfe laut Sina Weinhold-Koch dagegen kein Thema – im Gegenteil. „Gerade bei Aufsichtsbehörden aus anderen Ländern hat die BaFin einen hohen Stellenwert“, sagt sie.

Vier Mitarbeiterportraits

Sirin Sargut, 30, Juristin, seit April 2008 in der Wertpapieraufsicht 

Wer seine Ersparnisse in Aktien anlegen möchte, der braucht zuverlässige Informationen über das Wertpapier und den Herausgeber des Wertpapiers, den Emittenten. Deshalb muss für jedes Wertpapier, das in Deutschland zum Handel am regulierten Markt zugelassen werden soll, laut Gesetz ein Prospekt erstellt werden. In dieser Selbstdarstellung, die schon mal mehrere Hundert Seiten stark sein kann, macht das Unternehmen unter anderem Angaben zum Geschäftsfeld und den Zukunftsaussichten, und es legt die Bilanzzahlen der letzten drei Jahre vor. Die Gruppe Prospekte der Wertpapieraufsicht der BaFin, in der Sirin Sargut arbeitet, prüft, ob alle Angaben vollständig, verständlich und vor allem frei von Widersprüchen sind. „Es darf natürlich nicht sein, dass vorne im Prospekt steht, dass das Unternehmen finanziell ausgezeichnet aufgestellt ist, und die Geschäftszahlen auf den hinteren Seiten etwas ganz anderes sagen“, erklärt Sargut.

Sie und ihre Kollegen arbeiten mit engen gesetzlichen Fristen: Maximal 20 Tage darf eine Prüfung dauern. Wenn neue Prospekte reinkommen, erhält Sargut eine E-Mail von ihrem Vorgesetzten. In der steht, in welchem Team sie ist; zu einem Team gehören, je nach Umfang der Aufgabe, zwei bis vier Prüfer. Jeder liest den Prospekt durch und bereitet eine Liste mit Mängeln vor. Diese werden in einer gemeinsamen Besprechung diskutiert. Schließlich schickt das Team dem Emittenten ein sogenanntes Anhörungsschreiben und fordert ihn auf, die kritisierten Punkte zu verbessern. Dieses Prozedere wiederholt sich, bis der Prospekt einwandfrei ist und veröffentlicht werden darf. Die Juristin fühlt sich in der Gruppe „Pro“ zwar wohl, schließt einen internen Wechsel aber nicht aus. „Ich hatte bis zum zweiten Staatsexamen einen rein strafrechtlichen Werdegang und wollte auch mal zur Staatsanwaltschaft. Deswegen reizt mich die Überwachung von Insiderhandel und Marktmanipulationen“, sagt sie.

Sven Hueske, 35, Bankkaufmann und Jurist, seit Februar 2005 in der Bankenaufsicht 

Seit Ausbruch der Finanzkrise muss Sven Hueske eine Flut von Informationen verarbeiten. Was er früher wöchentlich an Auskünften von den Banken einholte, das fordert er nun täglich an. „Ich will einfach noch näher dran sein. Ich will schnell mitbekommen, falls irgendetwas passiert“, sagt der Bankkaufmann und Jurist. Er ist in der Bankenaufsicht der BaFin tätig. Hier ist er für Großbanken zuständig, speziell für die Hypo-Vereinsbank und die SEB. In den vergangenen Jahren war er vor allem mit der Umsetzung der verschärften Eigenkapitalvorschriften in beiden Banken („Basel II“) beschäftigt. Ziel des 2006 in Kraft getretenen Abkommens ist es, die Solvenz von Banken sicherzustellen. Wenn sich ein Kunde Geld bei einer Bank leiht, dann wird seine Kreditwürdigkeit mit Hilfe eines Ratings ermittelt. Je nachdem, ob die Bank das Ausfallrisiko hoch oder niedrig einstuft, muss sie den Kredit mit mehr oder weniger Eigenkapital unterlegen. Dafür entwickelt sie interne Rating-Modelle, die von Hueske und seinen Kollegen genehmigt werden müssen.

„Ich bekomme im Rahmen der Basel-II-Zulassung die Prüfberichte, die die Bundesbank beim Institut vor Ort erstellt hat. Diese werte ich aus und entscheide zusammen mit meinen Vorgesetzten, wie wir weiter vorgehen wollen.“ Erschwerend kommt in seinem Job die Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden anderer Länder hinzu; die Hypo-Vereinsbank hat eine italienische, die SEB eine schwedische Muttergesellschaft. „Es läuft viel über Telefon und E-Mail. Ich bin aber auch regelmäßig in Rom und Stockholm“, sagt er. Knapp 60 Tage war er in diesem Jahr insgesamt unterwegs. Das ist stressig, aber andererseits steht Hueske nicht unter dem Druck, etwas verkaufen zu müssen. Das ist für ihn ein Vorteil, aus seinem Jura-Studium kennt er das anders. Damals finanzierte er sein Leben, indem er in Supermärkten Produkte der Commerzbank feilbot. Das wird er nie wieder machen müssen, denn sein jetziger Job ist sicher.

Sina Weinhold-Koch, 31, Juristin, seit Juli 2007 erst in der Bankenaufsicht, dann in der Abteilung Internationales

CEBS, CEIOPS, CESR – das sind keine Geheimwissenschaften, sondern europäische Gremien, in denen hochrangige Vertreter der Aufsichtsbehörden aus den EU-Mitgliedstaaten sitzen. Sie überlegen, wie die Finanzaufsicht über Ländergrenzen hinweg angeglichen werden kann, und sie beraten die EU-Kommission. Bis in eines dieser Gremien hat es Sina Weinhold-Koch noch nicht geschafft, aber bis in die dazugehörigen Arbeitsgruppen. Die Juristin arbeitet in der Abteilung Internationales, „Int“ genannt, und dort beschäftigt sie sich mit sektorübergreifenden Fragen, die sowohl die Banken- als auch die Versicherungsaufsicht betreffen. „Ich habe mit sehr wichtigen, interessanten und auch wirtschaftspolitisch brisanten Themen zu tun“, sagt sie. Ihr Schwerpunkt liegt auf Finanzkonglomeraten.

Gemeinsam mit den Aufsehern aus anderen Ländern hat sie zum Beispiel die Leitfäden für eine neue Beteiligungsrichtlinie entwickelt, die Unternehmen aus dem Bank- und Versicherungswesen grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen erleichtern soll. Natürlich beherrscht momentan die Finanzkrise die Gespräche, wenn sie ihre internationalen Kollegen trifft. „Bis jetzt habe ich aber noch keine Fragestellung bearbeitet, die sich direkt mit der Krise beschäftigt“, sagt die Juristin. Sie nimmt jedoch nicht nur an den Sitzungen von Arbeitsgruppen teil, sondern versorgt die BaFin-Führungsebene auch mit Briefings, wenn diese zu Treffen der Gremien mit den mystisch klingenden Abkürzungen fährt. Ihre Laufbahn bei der BaFin startete Weinhold-Koch in der Bankenaufsicht, weil in diesem Bereich dringend Mitarbeiter benötigt wurden. Zwar arbeitete sie dort auch international, ihr Herz aber schlägt für das Europarecht, und so war ihr Ziel von Anfang an die Abteilung „Int“. Die BaFin sagte ihr schon beim Vorstellungsgespräch einen schnellen, internen Wechsel zu – und hielt Wort.

Jan Philipp Meyer, 27, Volkswirt, seit März 2008 in der Versicherungsaufsicht 

„Mir flogen Statistik und Ökonometrie im Studium einfach zu. Diese Fächer haben mir schon immer Spaß gemacht“, sagt Jan Philipp Meyer. So gesehen ist der Volkswirt und Vater von zwei kleinen Kindern bei der BaFin genau richtig. Er arbeitet in der Versicherungsaufsicht und kontrolliert jeweils ein Unternehmen aus dem Talanx-Konzern und aus der Axa-Gruppe. Meyer analysiert, wie diese finanziell aufgestellt sind, oder in seinen Worten: „wie sie ticken“. Er prüft Berichte, liest Pflichtmitteilungen und führt Aufsichtsgespräche. Das sind die Quellen, aus denen Aufseher ihre Informationen beziehen. Meyer beschäftigt sich vor allem mit dem Risikomanagement im Zuge der Einführung von „Solvency II“, den verschärften Eigenkapital-Vorschriften für Versicherer – dem Pendant zu „Basel II“ für Banken.

So ein Projekt muss ziemlich lange vorbereitet werden, denn die Versicherungsunternehmen und auch die Aufsicht wollen nicht plötzlich vor neuen Anforderungen stehen, wenn es verabschiedet wird. Auf Meyers Tagesplan stehen deswegen auch eine Reihe von Fortbildungen zur Versicherungsmathematik. Wer sich mit „Solvency II“ beschäftigt, sollte laut Meyer ein Generalist sein. „Auf der Seite der Versicherer habe ich Spezialisten wie Aktuare, Revisoren und Risikocontroller vor mir. Um Waffengleichheit zu bekommen, muss ich als Aufseher sehr breit aufgestellt sein“, sagt er. Er hat sich ganz bewusst für die Finanzaufsicht und gegen einen Job bei einer Bank oder Versicherung entschieden. „Ich habe mich gefragt: Möchtest du in den privaten Sektor? Möchtest du Produkte verkaufen, hinter denen du vielleicht selbst gar nicht mehr stehst?“ Nach diesen Überlegungen war für ihn schnell klar, dass die private Wirtschaft wenig reizvoll für ihn ist. Und die BaFin hat einen zweiten wesentlichen Vorteil für Meyer: Sie ist in Bonn, so wie auch seine Ehefrau, sein dreijähriger Sohn und seine sechsjährige Tochter.

Interview mit dem Exekutivdirektor für den Geschäftsbereich Querschnittsaufgaben/ Innere Verwaltung bei der BaFin

karriere.de: Herr Sell, der Verwaltungsrat der BaFin hat für das Jahr 2009 jetzt 97 neue Stellen bewilligt. Hat das etwas mit der Finanzkrise zu tun?

Michael Sell: Die Entwicklung am Finanzmarkt spielt sicherlich eine Rolle. Wenn die Unternehmen, die wir beaufsichtigen und die die BaFin finanzieren, den Wunsch nach stärkerer Prüfung haben, dann hat das natürlich personelle Konsequenzen. Der Verwaltungsrat hat uns aber auch Stellen bewilligt, weil die BaFin neue Aufgaben bekommen hat. Damit meine ich vor allem die Aufsicht über die Leasing- und Factoring-Unternehmen.

Die 1.700 Mitarbeiter der BaFin beaufsichtigen allein im Bereich Banken rund 2 080 Kreditinstitute und 730 Finanzdienstleister. Bedarf es da nicht zwingend mehr Mitarbeiter?
Nein, nicht zwingend, denn wir machen risikoorientierte Aufsicht. Das heißt, wir klassifizieren die Institute anhand ihres Risikoprofils in Kategorien. Und entsprechend dieser Klassifizierung setzen wir unsere Ressourcen ein. Soll jedoch die Prüfungstiefe und -breite längerfristig verstärkt werden, hat das weitere personelle Konsequenzen.

Im höheren Dienst beschäftigt die BaFin 60 Prozent Juristen und 30 Prozent Wirtschaftswissenschaftler. Ist sie damit für eine Finanzaufsichtsbehörde nicht zu juristisch aufgestellt?
Nein, wir haben in den vergangenen Jahren verstärkt Wirtschaftswissenschaftler eingestellt. Auch dieses Mal suchen wir zur Hälfte Juristen und zur Hälfte Wirtschaftswissenschaftler. Man muss aber eins bedenken: Wir sind 2002 aus drei sehr juristisch geprägten Behörden zu einer Behörde verschmolzen worden. Damals konnte man nicht die Hälfte der Juristen entlassen und dafür Wirtschaftswissenschaftler einstellen. Wir hätten dadurch auch einen großen Erfahrungsschatz verloren. Unsere Juristen sind jedoch flexibel; sie beschäftigen sich intensiv mit betriebswirtschaftlichen Aspekten.

Was unterscheidet einen Finanzaufseher von jemandem, der bei einer Bank oder einer Versicherung arbeitet?
Als Finanzaufseher haben wir nur einen Klienten: Wir arbeiten für Deutschland. Unsere Motivation ist nicht die Maximierung des ökonomischen Erfolgs. Die anderen arbeiten für ihr Unternehmen und damit mittelbar für die Aktionäre. Das ist der entscheidende Unterschied. 

In Deutschland teilen sich die BaFin und die Bundesbank die Bankenaufsicht. Wer ist eigentlich für was zuständig?
Die Bundesbank ermittelt die Sachverhalte bei den Banken, teilweise auch vor Ort. Es werden zum Beispiel die Bilanzen ausgewertet oder Aufsichtsbesuche zu einzelnen Fragen durchgeführt. Die BaFin zieht aus den Sachverhaltsermittlungen und Auswertungen der Bundesbank die aufsichtsrechtlichen Konsequenzen. Wir schreiben den Banken zum Beispiel, was wir bemängeln und bis wann die Mängel beseitigt werden müssen. Wenn nötig, erlassen wir auch Verwaltungsakte. In erster Linie geht es um die Unterscheidung: Ermittler oder Entscheider.

Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die BaFin hätte im Zuge der Finanzkrise bei der Überwachung der Banken versagt?
Man kann uns alles Mögliche vorwerfen, aber nicht, dass wir hätten erkennen müssen, was sich jenseits unserer Grenze im Verborgenen abspielte. Bei uns endet die Aufsicht – mit Ausnahme der EU-Zweigniederlassungen – an der Ländergrenze. Alles, was über nationale Grenzen hinaus passiert, basiert auf der mehr oder weniger freiwilligen Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden der anderen Länder. Und wenn die anderen Länder, in dem Falle waren es die USA, selbst nicht frühzeitig von den Problemen auf ihren Märkten wissen, dann können sie auch nichts an uns weitergeben. Die Finanzkrise ist erst Mitte 2007 zu uns gekommen und wir haben alles getan, was im Rahmen geltenden Rechts möglich war.

Sowohl die BaFin als auch die Bundesbank dürfen bisher nicht in die Geschäftspolitik der Banken eingreifen. Was halten Sie von dem Vorschlag, dies in Zukunft zu ändern?
Ich stehe dem skeptisch gegenüber. Die Geschäftspolitik ist Aufgabe des Vorstands und des Aufsichtsrates. Wir sind nicht die besseren Bankiers. Unsere Aufgabe besteht darin, zu prüfen, ob aufsichtsrechtliche Mindeststandards eingehalten werden, nicht darin, Bankgeschäfte zu optimieren. Wenn wir allerdings merken, dass die Ziele, die Banken mit ihren Geschäftsstrategien verfolgen, nicht erreichbar sind, dann stellen wir beharrlich unangenehme Fragen. Wir sind eher mit dem TÜV vergleichbar als mit einer Auto- beziehungsweise Tuningwerkstatt.

Die neu entfachte Debatte, die BaFin in die Bundesbank zu integrieren … 
Das zu entscheiden, ist allein Sache des Gesetzgebers.

Das ist für Sie also derzeit kein Thema?
Natürlich ist das für uns momentan ein Thema. Doch wir sind nicht diejenigen, die darüber entscheiden.