Nebenjob bei Kurzarbeit: Coronakrise: Wie kann ich mein Kurzarbeitergeld aufstocken?

Nebenjobs können bei Kurzarbeit nur bedingt weiterhelfen.

Anne Koschik | 17.11.2021
Die Gastronomie trifft die Coronakrise besonders hart.

Leere Biergärten Die Gastronomie trifft die Coronakrise besonders hart.

Nach acht Stunden Debatte haben sich die Spitzen von Union und SPD auf neue Regeln der Kurzarbeit geeinigt: Das Kurzarbeitergeld wird gestaffelt nach der Bezugsdauer erhöht.

Derzeit liegt es bei 60 Prozent des Nettoeinkommens, bei Beschäftigten mit Kindern sind es 67 Prozent. Ab dem vierten Monat in Corona-Kurzarbeit sollen Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit um mindestens die Hälfte reduziert ist, nun 70 beziehungsweise 77 Prozent erhalten. Ab dem siebten Monat erhöhen sich die Sätze auf 80 bis 87 Prozent.

Außerdem dürfen Kurzarbeiter, die einen anderen Job annehmen, bis zur Höhe ihres bisherigen Monatseinkommens hinzuverdienen. Bisher galt das nur für „systemrelevante“ Tätigkeiten etwa in der Pflege oder der Landwirtschaft.

Da Arbeitslose angesichts des Corona-Shutdowns derzeit kaum Chancen auf einen neuen Job haben, wollen Union und SPD zudem für alle, die zwischen Mai und Dezember aus der Arbeitslosenversicherung in Hartz IV rutschen würden, die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds um drei Monate verlängern.

Auch soll die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie ab Juli befristet bis zum Ende Juni 2021 auf den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent sinken. Darauf hatte vor allem die CSU gedrängt, um dem besonders von der Krise betroffenen Gastgewerbe zu helfen.

Wegen der Coronakrise rechnen mehr als ein Viertel der Unternehmen in den nächsten drei Monaten mit Kurzarbeit, zeigt eine Umfrage des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo).

Doch gerade Beschäftigten mit Kindern reicht ein Drittel des Nettogehalts kaum aus, um damit alle Ausgaben für die Familie bezahlen – von der Miete über Nahrungsmittel bis zu Toilettenartikeln, Versicherungsprämien und Kreditraten. Doch lohnt sich ein Nebenjob überhaupt? Ein Überblick.

Welche Möglichkeiten gibt es, das Kurzarbeitergeld aufzustocken?

1. Betriebsvereinbarungen: Der Arbeitgeber stockt das Gehalt auf
Glück haben Arbeitnehmer in Unternehmen, die in ihren Betriebsvereinbarungen geregelt haben, dass sie das Kurzarbeitergeld aufstocken. Meist geht es hier um zehn bis 20 Prozent des Nettogehalts. Solche Vereinbarungen gibt es etwa bei der Deutschen Bahn oder der Telekom. Bei VW sind Aufstockungen bis zu 95 Prozent des früheren Nettogehalts möglich.

2. Tarifvereinbarungen
In manchen Branchen gab es bereits vor der Coronakrise Tarifverträge, die für den Fall einer Kurzarbeit eine Aufstockung des monatlichen Nettogehalts durch den Arbeitgeber vorsahen, zum Beispiel für die gesamte Chemische Industrie. Das gilt auch für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Sachsen, den Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen und das KFZ-Handwerk in Bayern. Aktuell kommen weitere Branchen hinzu: Ein kurzfristiges Krisenpaket hat etwa die IG Metall für Baden-Württemberg geschnürt und für die Systemgastronomie gibt es jetzt einen Corona-Schutz-Tarifvertrag. Es gibt neue Sonderregelungen für Eisenbahner und für die Filmbranche. Weitere Branchen sind noch in der Verhandlung.

3. Nebenjobs
Wo keine Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen greifen, kann der Nebenjob helfen. Angestellte, die von den Tarif- und Betriebsvereinbarungen nicht profitieren können, haben die Möglichkeit, es mit Nebenjobs zu versuchen. Das kann aber auch Nachteile haben.

Wichtig: Aufstockungen durch Nebenjobs können zu Abzügen beim Kurzarbeitergeld führen. Grund dafür ist, dass es sich beim Kurzarbeitergeld um soziale Leistungen des Staates handelt, die aus Beitragsmitteln der Arbeitslosenversicherung finanziert werden.

Die Agentur zahlt Kurzarbeitergeld daher in besonderen Notzeiten, um Arbeitsplätze zu erhalten und dabei Einkommensverluste der Mitarbeiter abzufedern. Kurzarbeit ist als eine Art „Teilarbeitslosigkeit“ anzusehen. Maximal zwölf Monate können Angestellte die Leistungen für Kurzarbeit in Anspruch nehmen.

Welchen Einfluss der Nebenjob auf das Kurzarbeitergeld hat

Im Vorteil ist jetzt derjenige, der seinen Nebenjob schon vor der Coronakrise ausgeübt hat: Nur für solche Fälle gilt, dass der Zuverdienst beim Kurzarbeitergeld nicht berücksichtigt werden muss. „Wenn die Nebentätigkeit schon vor Beginn der Kurzarbeit durchgeführt wurde, ergeben sich keine Auswirkungen, erfolgt also keine Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld“, so erklärt das Bundesarbeitsministerium die gesetzliche Regelung.

Nehmen Beschäftigte während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aber eine Nebentätigkeit auf, „wird das daraus erzielte Entgelt auf das Kurzarbeitergeld angerechnet, denn es liegt eine Erhöhung des tatsächlichen erzielten Entgelts vor“. Das heißt konkret: Dieses Nebeneinkommen ist als Bruttolohn dem tatsächlich in Kurzarbeit gezahlten Lohn („Ist-Entgelt“) bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes hinzuzurechnen.

Bei dieser Berechnung kommt es auf die Differenz zwischen dem normalen Lohn („Soll-Entgelt“) und dem „Ist-Entgelt“ an.

Nebenjob plus Aufstockung des Arbeitgebers: Geht das?

Wenn es schon eine Aufstockung seitens des Arbeitgebers gibt, ist es trotzdem möglich, zusätzlich noch einen Nebenjob anzunehmen. Der muss allerdings mit der reduzierten Arbeit im Stammunternehmen vereinbar sein, das heißt der Haupt-Arbeitgeber sollte dem zustimmen.

Die von den Arbeitgebern gezahlten Aufstockungsbeträge werden dann bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes nicht berücksichtigt, so Arbeitsrechtler Simon Fischer. Die Einkünfte aus dem Nebenjob allerdings schon. Im Einzelfall lohnt sich ein solcher Zusatzverdienst damit kaum.

Nebentätigkeiten auf selbstständiger Basis

Wer neben seinem Hauptjob zusätzlich eine selbstständige Tätigkeit ausübt, etwa in unterschiedlichen Projekten mitwirkt, muss das dort erzielte Einkommen nicht auf das Kurzarbeitergeld anrechnen. „Das gilt ausdrücklich auch dann, wenn sich das Einkommen aus der Nebentätigkeit während der Kurzarbeit erhöht“, sagt Simon Fischer.

Das Gesetz macht hier keinen Unterschied zwischen Nebenjob und selbstständiger Tätigkeit. Was zählt, ist der Zeitpunkt, wann die Nebentätigkeit gleich welcher Art aufgenommen wurde.

Besserverdienende im Nachteil

Im Nachteil beim Kurzarbeitergeld sind generell Besserverdienende, die mit ihrem Gehalt über der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung liegen. Sie haben mit prozentual höheren Einbußen zu rechnen. Wer ein Bruttojahresgehalt von mehr als 82.800 Euro im Westen oder 77.400 Euro bezieht, dem wird alles, was darüber liegt, nicht aufs Kurzarbeitergeld angerechnet.

Einfluss auf die Höhe des Elterngeldes

Kurzarbeitergeld wirkt sich negativ auf Elterngeld während der Elternzeit aus. Denn für die Berechnung des Elterngeldes kommt es auf das Einkommen der letzten zwölf Monate vor dem Geburtsmonat an. Kurzarbeitergeld aber zählt hier nicht zum Einkommen. „Es ist eine steuerfreie Entgeltersatzleistung und findet bei der Berechnung des Elterngeldes keine Berücksichtigung,“ erklärt Sebastian Schröder, Arbeitsrechtler in der Düsseldorfer Kanzlei Aquan.

Deswegen empfiehlt er Eltern, die ein Kind erwarten, den Kurzarbeitszeitraum so kurz wie möglich zu halten, etwa durch vorrangige Gewährung von Urlaub. „Werdende Eltern sollten diesbezüglich unbedingt das Gespräch mit ihrem Arbeitgeber suchen“, so Schröder.

Übrigens: Etwaige Aufstockungsbeiträge zum Kurzarbeitergeld durch den Arbeitgeber zählen zum Einkommen und wären bei der Berechnung des Elterngeldes wiederum zu berücksichtigen.

Keine Auswirkungen aufs Urlaubsgeld

Das Urlaubsentgelt berechnet sich auf Grundlage des durchschnittlichen Gehalts der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt. Bei der Berechnung kommen aber laut Bundesurlaubsgesetz Verdienstkürzungen aufgrund von Kurzarbeit nicht zum Tragen.

Kürzungen im Krankheitsfall

Anders als beim Urlaubsgeld hat Kurzarbeit Einfluss auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – aber nur, wenn der Mitarbeiter während der Kurzarbeitsphase erkrankt: Die verkürzte Arbeitszeit ist dann als die regelmäßige Arbeitszeit anzusehen, nach der die Entgeltfortzahlung erfolgt. War der Mitarbeiter schon vorher krank, gilt das normale Gehalt als Berechnungsbasis.

Besteht die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit länger als sechs Wochen, kommt das Krankengeld der Krankenkasse ins Spiel. Das wiederum wird auf Grundlage des normalen Gehalts berechnet. So steht es im Sozialgesetzbuch.

Einfluss auf Einkommenssteuer

Bei der Errechnung des zu versteuernden Gesamteinkommens muss das Kurzarbeitergeld mitgezählt werden.

Kein Kündigungsschutz durch Kurzarbeit

Kurzarbeit schützt nicht vor betriebsbedingter Kündigung. Die Wirksamkeit der Kündigung kann jedoch nach dem Kündigungsschutzgesetz geprüft werden.

Grundsätzlich gilt aber: Wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt wird, erhält der Arbeitgeber kein Kurzarbeitergeld mehr erstattet. „Natürlich muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotzdem bis zum Ende der Kündigungsfrist sein Gehalt bezahlen“, sagt Arbeitsrechtler Fischer.