Hinterlistige Machtspiele im Büro

Hinterlistige Kollegen, heimtückische Chefs – überall im Alltag lauern gemeine Fallen. Die Psychologin Regina Michalik hat ein Buch über die fiesen Machtspiele im Büro geschrieben.

Jochen Mai, Manfred Engeser | 11.08.2017
Hinterlistige Machtspiele im Büro

Der entscheidende Hinweis war hinter einem Kinderfoto versteckt: eine E-Mail-Adresse, über die angeblich Kinderpornos abgerufen worden waren. Eine Truppe aus Mitarbeitern der HSH Nordbank und der beauftragen Sicherheitsfirma Prevent war das Beweisstück im September 2009 in die Hände gefallen, als sie das Büro von Konrad R.* durchsuchten. Der war damals noch Büroleiter der HSH in New York.

Konrad R. wurde fristlos gefeuert, der New Yorker Bezirksstaatsanwaltschaft ermittelte, doch am Ende entpuppte sich die Razzia als fingiert, der vermeintliche Kinderporno-Beleg als untergeschoben und Konrad R. als Opfer einer Intrige. Nach Berichten diverser renommierter US-Anwälte, die mit dem Fall befasst waren, schien dahinter eher der Versuch zu stecken, Konrad R. loszuwerden – jedoch ohne die übliche Millionenabfindung.

Schon 2007 soll die HSH-Spitze demnach versucht haben, den Manager rauszuschmeißen. Doch weder der Vorwurf, Spesenbelege falsch abgerechnet zu haben, noch eine Klage wegen mutmaßlicher Diskriminierung zweier Mitarbeiterinnen waren erfolgreich. Im aktuellen Fall zog Konrad R. schließlich gegen die Bank vor ein New Yorker Gericht. Die Sache endete mit einem Vergleich, beide Seiten vereinbarten Stillschweigen. Dem Vernehmen nach aber zahlte die Bank ihrem Ex-Büroleiter mehrere Millionen Dollar Entschädigung.

Drei Grundformen

Ob in Boulevardblättern oder Nachrichtenmagazinen, auf der Wirtschaftsseite oder unter Vermischtes – überall trifft man auf Intrigen. Wenn Sie das Wort in eine der gängigen Suchmaschinen eingeben, spuckt Ihr Computer in Sekunden eine lange Liste von Einträgen aus. Doch es ist schwer zu entscheiden, ob da, wo Intrige draufsteht, auch wirklich eine drin ist.

Gustav Adolf Pourroy, Soziologe und Intrigenexperte, beschreibt drei Grundformen von Intrigen. Die erste, den direkten Angriff auf das Opfer, nennt er den Billardstoß. So kann beispielsweise eine Kündigung, die an sich ja noch keine Intrige ist, eingebettet sein in eine geplante Vielfalt von Angriffen wie Verleumdungen oder Demütigungen. Wie ein Billardspieler eine Kugel trifft, damit sie eine zweite und diese wiederum eine dritte anstößt, bevor sie ins Loch fällt, so gibt es in der Kunst der Intrige die gezielte Kettenreaktion, die im optimalen Fall für den Intriganten so abläuft, wie er sie berechnet hat.

Die zweite Form zielt auf die Achillesferse des Opfers. Bei dieser Variante wird also bewusst eine Schwachstelle genutzt. Diese kann eine ganze Figur sein – wie im Schach, wenn etwa der König von einem einfachen Bauer zu Fall gebracht wird. Oder eine Eigenschaft der betroffenen Person, die sprichwörtliche Leiche im Keller. Achillesfersen sind meist wunde Punkte aus Vergangenheit und Gegenwart, Beruflichem und Privatem: Alkohol- oder Eheprobleme, Sexgeschichten oder Auftrittsangst, unzureichende Englischkenntnisse bis hin zu Zuneigungen zu einem bestimmten Kollegen oder Vorgesetzten.

Das Komplott

Bleibt noch das Komplott als dritte Form. Also das Bündnis von mehreren, um jemandem zu schaden – beispielsweise wenn sich der Vorgesetzte mit einem Kollegen zusammentut, um einen Mitarbeiter loszuwerden. Alle drei Grundformen können freilich auch kombiniert werden. Was als direkter Angriff begann, kann durch gezieltes Nutzen von Schwächen verstärkt und mithilfe eines Komplotts vollendet werden.

So ähnlich war es auch bei Friedrich H.*. Dessen Laufbahn endete mit 22 Tagen -Untersuchungshaft. Als im Mai 2008 die Handschellen klicken, werden dem -ehemaligen Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium Geheimnisver-rat, Vorteilsnahme und Bestechung vorgeworfen. Er soll einer Gruppe von -Professoren und Unternehmern Aufträge zugeschanzt haben und als Gegenleistung einen Frankreich-Urlaub sowie ein Laptop und einen Kleinwagen er-halten haben. Der Schaden laut Staatsanwaltschaft Wuppertal: rund 4,3 Millionen Euro.

* Name geändert (Artikel zuerst erschienen auf wiwo.de)