Corona und Arbeitsrecht: In Coronazeiten im Auslandseinsatz: Was Expats jetzt wissen müssen

Wann muss ich als Expat ausreisen, welche Pflichten hat der Arbeitgeber, bleibt mein Versicherungsschutz bestehen? Karriere.de hat einen Entsendungs-Experten um Aufklärung gebeten.

Claudia Obmann | 17.11.2021
Expats müssen in Coronazeiten besondere Bedingungen beachten. Auch eine Ausreisepflicht ist möglich.

Expats: Ausreise empfohlen? Expats müssen in Coronazeiten besondere Bedingungen beachten. Auch eine Ausreisepflicht ist möglich. © Karriere Foto: imago images / Xinhua

Alle Arbeitnehmer, die als Expats im Ausland eingesetzt sind, müssen sich durch die Corona-Epidemie umstellen: Aber sind sie auch wie ihre deutschen Kollegen von Kurzarbeit oder Homeoffice-Verpflichtungen betroffen? Was müssen sie steuerrechtlich beachten? Und gilt eigentlich die Auslandskrankenversicherung noch? Entsendungs-Experte Jens Goldstein, Leiter Mobility Services bei EY, beantwortet die drängendsten Fragen.

Ich bin im Ausland, kann aber nicht arbeiten, weil zum Beispiel die Produktionsstätte geschlossen ist oder das Homeoffice nicht funktioniert. Was bedeutet das für mich und mein Gehalt?

Kann tatsächlich nicht gearbeitet werden, sollten Themen wie Abbau von Urlaub und Überstunden mit dem Arbeitgeber besprochen werden. Soweit der deutsche Heimatbetrieb von Kurzarbeit betroffen ist, ist zu klären, ob auch im Ausland tätige Arbeiternehmer davon erfasst sind.

Hier hängt viel von der vertraglichen Ausgestaltung der Beschäftigung im Ausland ab. Zudem bestehen in einigen Ländern wie Italien und England vergleichbare Regeln zum Thema Kurzarbeitergeld.

Sollte keine sinnvolle Form der Beschäftigung im Ausland möglich sein, ist der Arbeitgeber in der Regel berechtigt, den Arbeitnehmer nach Deutschland zurückzuholen. Dann gelten die selben Rechte und Pflichten wie für hierzulande tätige Arbeitnehmer. Bei den Kosten des Umzuges bzw. der Rückholung insgesamt ist von Aufwendungskosten auszugehen, welche in der Regel der Arbeitgeber trägt.

Ich bin gerade frühzeitig nach Deutschland zurückgekehrt. Woran muss ich als Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitgeber denken?

Arbeitnehmer sollten sich beim Einwohnermeldeamt registrieren und sich darum kümmern für eventuelle Kinder eine Reintegration in Kitas beziehungsweise Schulen zu sichern und Kindergeld (wieder) zu beantragen. Je nach Bundesland gelten aktuell außerdem unterschiedliche Restriktionen für den privaten Bereich, was Ausgangseinschränkungen betrifft.

Hierüber sollte sich jeder über die Webseiten der Landesregierungen informieren. Arbeitgeber sollten schnell dafür sorgen, dass Arbeitnehmer wieder zurück auf die deutsche Payroll kommen, Sozialversicherung abgeführt wird und Krankenversicherungsschutz gilt.

Ich bin auf Dienstreise und hänge im Ausland fest. Was kann ich tun? Was muss ich beachten?

Reiserebeschränkungen bestehen aktuell nicht für deutsche Staatsangehörige, daher können diese nach Deutschland zurückkehren. Rückreisen von Drittstaatsangehörigen, die eine gültige Aufenthaltsgenehmigung für die Bunderepublik und ihren Wohnsitz in Deutschland haben, können ebenso nach Deutschland zurückkehren. Einreisen dürfen auch EU-Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik haben.

Empfohlen wird dabei, den Arbeitsvertrag bei Einreise dabeizuhaben und diesen gegebenenfalls an der Grenze vorzulegen. Soweit praktische Gründe, wie etwa Flugausfälle dazu führen, dass Dienstreisende im Ausland „stranden“, können sich der Arbeitnehmer oder ein vom Arbeitgeber beauftragtes Unternehmen um eine Verlängerung des Aufenthaltsrechts im Reiseland kümmern.

Bei EY haben wir die Erfahrung gemacht, dass die lokalen Behörden weltweit derzeit auf Anfrage befristete Verlängerungen der Dienstreisevisa ausstellen.

Je nach lokaler steuerlicher Regelung und den Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen dem ausländischen Staat und Deutschland kann die Ausübung der beruflichen Tätigkeit eine Steuerpflicht im Ausland auslösen, die mit der Verpflichtung, eine Steuererklärung abzugeben, verbunden sein kann. Dazu sollte man sich mit dem Arbeitgeber abstimmen.

In Abhängigkeit der im Ausland ausgeübten Tätigkeit besteht für den Arbeitgeber das Risiko einer unbeabsichtigten Begründung einer steuerlichen Betriebsstätte, die mit steuerlichen Pflichten für den Arbeitgeber verbunden ist. Auch hierzu sollte eine Abstimmung mit dem Arbeitgeber erfolgen.

Was ist, wenn an meinem Aufenthaltsort im Ausland ein Ausgehverbot gilt. Und ich noch nicht mal weiß, wie ich zum Flughafen kommen beziehungsweise ausreisen kann?

Dies hängt von den Gegebenheiten vor Ort ab. Derzeit scheint eine Fahrt zum Flughafen vielerorts noch unproblematisch zu sein. Jedoch kann sich die Situation zunehmend schwieriger darstellen.

In Italien etwa sind im Norden des Landes auch die Flughäfen teilweise geschlossen. Wir empfehlen hier die Kontaktaufnahme mit der Deutschen Botschaft in dem Land, in dem eine Person nicht mehr ausreisen kann. Diese kann praktische Hinweise geben und notfalls auch bei einer Evakuierung behilflich sein.

Ich befinde mich derzeit aufgrund von Urlaub nicht in meinem Gastland. Kann ich mit meinem derzeitigen Arbeitsvisum trotzdem nach Beendigung des Urlaubs problemlos in das Gastland zurückkehren?

Das hängt derzeit ganz stark von den jeweiligen Ländern ab. In vielen Staaten ist eine weitere Einreise von Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort haben, weiterhin möglich. Jedoch gibt es vermehrt Staaten, die auch dies nicht mehr gestatten, wie zum Beispiel Australien oder China.

Es ist eine deutliche Tendenz zur weiteren Verschärfung der Einreisebestimmungen zu erkennen, weswegen man einerseits von Land zu Land und Fall zu Fall schauen muss.

Deckt eine herkömmliche Auslandskrankenversicherung eine stationäre Behandlung im Zuge einer Covid19-Infektion ab?

Allgemein gilt: Die Reisekrankenversicherung bietet einen Versicherungsschutz im Fall einer neu auftretenden Erkrankung im Ausland. In vielen Fällen ist man somit auch im Fall einer Corona-Infektion mit notwendiger Behandlung versichert.

Einige Versicherer schließen allerdings Epidemien oder Pandemien vom Versicherungsschutz aus oder sie leisten nicht im Fall einer Reisewarnung vom Auswärtigen Amt. Daher: Unbedingt die Versicherungsbedingungen prüfen.

Falls meine Versicherung nicht greift und ich Kosten für die Behandlung selbst tragen muss, kann ich diese Ausgaben vom Finanzamt erstattet bekommen?

Ja. Das Steuerrecht sieht vor, dass Aufwendungen für notwendige medizinische Behandlungen, die nicht von einer Krankenversicherung oder durch den Arbeitgeber getragen werden, im Rahmen der deutschen Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können.

Eine Minderung der Steuerlast tritt allerdings nur ein, wenn die Aufwendungen des gesamten Jahres die zumutbare Eigenbelastung (abhängig von der Familiensituation und der Höhe der Einkünfte) übersteigen.

Kann ich von meinem Arbeitgeber einfordern, dass ich zurückgeholt zu werde?

In der Regel finden sich im Entsendevertrag Regelungen dazu, in welchen Fällen eine vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes möglich ist. Fälle höherer Gewalt, Unruhen aber auch Pandemien sind in aller Regel Rückkehrgründe.

Zudem obliegt dem Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht auf eine vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes hinzuwirken, beispielsweise wenn die hygienischen Zustände im Ausland nicht haltbar sind oder der Arbeitnehmer einer akuten Ansteckungsgefahr ausgesetzt ist.

Welchen Schutz vor Ansteckungen muss mein Arbeitgeber gewährleisten?

Der Arbeitgeber hat Fürsorgepflichten gegenüber seinen Arbeitnehmern, unabhängig davon, wo sie tatsächlich arbeiten. Der Arbeitgeber hat Schutzmittel und -maßnahmen für Arbeitnehmer im Ausland bereitzustellen. Unterscheiden sich die üblichen Schutzmaßnahmen im Ausland von den in Deutschland üblichen, wird man davon ausgehen müssen, dass der Arbeitgeber die entsprechend im Ausland üblichen Schutzmittel und -maßnahmen bereitstellen muss. Wenn die Grundversorgung der Arbeitnehmer nicht mehr gewährleistet ist, ist der Arbeitgeber in aller Regel verpflichtet, die betreffenden Arbeitnehmer vorzeitig zurückzuholen.

Bekomme ich weiterhin meine Auslandszulage/ mein vereinbartes Entsendegehalt, obwohl ich aktuell gar nicht im Ausland arbeite und mich mein Arbeitgeber vorerst zurückgeholt hat?
In aller Regel wird die Auslandszulage für die tatsächliche Tätigkeit im Ausland bezahlt. Entscheidend sind natürlich hier die Regelungen im Entsendevertrag. Wird der entsandte Arbeitnehmer berechtigterweise vom Arbeitgeber aus dem Ausland zurückgeholt und der Entsendevertrag dadurch beendet, entfällt in der Regel auch die Auslandszulage. Möglich ist natürlich auch, die Entsendung einvernehmlich zu unterbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt inklusive Auslandszulage fortzusetzen.

Ich bin nur vorübergehend zurück und arbeite in Deutschland – werde ich jetzt hier wieder steuerpflichtig?

Grundsätzlich ja, jedoch lässt sich diese Frage nur unter Berücksichtigung verschiedener weiterer Aspekte (Wohnsitzsituation, Aufenthaltsort der Familie, welches Unternehmen gilt als Arbeitgeber aus steuerlicher Sicht, Dauer des Aufenthaltes) genau klären. Es sollte zeitnah eine Abstimmung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgen.

Kann ich Aufwendungen etwa für Atemmasken in meiner Steuererklärung geltend machen?

Sind Hilfsmittel, wie Atemmasken, Handschuhe, Desinfektionsmittel, notwendig, um die Beschäftigung auszuüben, und werden die Aufwendungen dafür nicht vom Arbeitgeber ersetzt, kommt eine Berücksichtigung als Werbungskosten in der Einkommensteuererklärung in Frage. Besteht hingegen keine berufliche Veranlassung solche Hilfsmittel zu verwenden, ist eventuell eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung möglich, wenn die zumutbare Eigenbelastung überstiegen wird. Ohne ärztliche Verordnung allerdings nur, wenn die Aufwendungen zwangsläufig sind und für die überwiegende Mehrzahl vergleichbarer Steuerpflichtiger nicht anfallen. Dieses Kriterium dürfte in der aktuellen Situation allerdings nicht vorliegen.

Was muss ich beachten, wenn ich für meine deutsche Firma im Homeoffice im Ausland arbeite?

Wichtig ist zum einen, dass eine Beschäftigung im Homeoffice neben einer entsprechenden Einigung mit dem Arbeitgeber auch tatsächlich umsetzbar ist (Zugang zum Intranet des Unternehmens, geeignete Räunlichkeiten etc.). Dafür hat der Arbeitgeber primär Sorge zu tragen. Zudem gilt es zu beachten, dass nicht alle Wege im Homeoffice von der Unfallversicherung des Arbeitsgebers abgedeckt sind. Schließlich sind auch im Homeoffice allgemeine Vorschriften (z.B. maximale tägliche Arbeitszeit, Verbot der Wochenend- und Feiertagsarbeit, Nachtruhe etc.) einzuhalten.

Ich habe gehört, dass wenn ich mich mehr als 183 Tage im Ausland aufhalte, in diesem Land eine Einkommensteuererklärung abgeben muss. Stimmt das und wenn ja, wer kümmert sich darum und wer wird die Kosten dafür übernehmen?

Die Frage, ob ich im Ausland eine Einkommensteuererklärung abgeben muss und ob die Einkünfte, die mit meiner dort ausgeübten Tätigkeit zusammenhängen, auch der dortigen Besteuerung unterliegen, richtet sich in erster Linie nach dem Steuerrecht des Aufenthaltslandes und in zweiter Linie nach den Regelungen des eventuell vorliegenden Doppelbesteuerungsabkommens zwischen diesem Land und Deutschland.

Die sogenannte „183-Tageregel“ kann ein Kriterium sein, um die Steuerpflicht zu beurteilen. Eine Abstimmung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hierzu sollte kurzfristig erfolgen. Insbesondere auch, da für den deutschen Arbeitgeber das Risiko besteht, durch die Betätigung des Arbeitnehmers im Ausland dort eine steuerliche Betriebsstätte zu begründen, wodurch dem Arbeitgeber steuerliche Verpflichtungen entstehen können.

Die Verpflichtung, eine Steuererklärung abzugeben, betrifft den Steuerpflichtigen. Ob die Kosten dafür vom Arbeitgeber übernommen werden, sollte im Vorfeld mit diesem geklärt werden. Ein Rechtsanspruch darauf dürfte in den meisten Fällen nicht bestehen, es sei denn, dies ist im Arbeits- oder Entsendevertrag oder in einer Reiserichtlinie festgehalten.

Bundesweit ist es Rückreisenden aus Risikogebieten (nach Robert-Koch-Institut, RKI) untersagt, den Öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen. Welchen Transfer sollte ich zum Flughafen zu meinem Wohnort nutzen, ohne eine Ordnungswidrigkeit zu begehen? Zahlt mein Arbeitgeber diesen Transfer und eventuell entstandenen Kosten für Übernachtungen?

Eine pauschale Antwort ist hier nicht möglich. Denkbar ist sicherlich die Nutzung eines Taxis oder Mietwagens oder die Abholung durch Familienangehörige, Bekannte oder Arbeitskollegen unter Beachtung der geltenden Kontaktbeschränkungen.

Ergibt sich aus arbeitsvertraglichen Regelungen keine Übernahme der Transferkosten durch den Arbeitgeber, sollte im Vorfeld eine etwaige Übernahme mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden. Einen Rechtsanspruch hat der Arbeitnehmer aber nicht.

Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten nicht, kommt eventuell eine Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten im Rahmen der deutschen Einkommensteuererklärung in Frage.

Bin ich als Arbeitnehmer auch im Ausland dazu verpflichtet, den Anweisungen meines Arbeitsgebers (zum Beispiel zum Tragen eines Mundschutzes, Vermeidung persönlicher Kontakt), die nur für mein Heimatland ausgesprochen wurden, Folge zu leisten?

Als Arbeitnehmer unterliegt man dem Direktionsrecht des Arbeitgebers, das heißt man muss dessen Anweisungen beachten. Anderenfalls widersetzt man sich seinem Arbeitgeber.

Ob das Tragen von Mundschutz unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers fällt, hängt von der konkreten Arbeitssituation ab. Sind mehrere Arbeitnehmer zusammen in einem Raum tätig und ist es zum Schutz aller erforderlich, einen Mundschutz zu tragen, muss der Arbeitgeber das Tragen eines Mundschutzes anordnen.