Arbeitsrecht: Das Recht auf ein Zwischenzeugnis

Jeder Arbeitnehmer hat per Tarifvertrag oder bei einem triftigen Grund Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Eine Übersicht.

Arnulf Weuster | 03.01.2019

Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf ein Abschlusszeugnis. Wer ein Zwischenzeugnis haben will, muss hingegen ein berechtigtes Interesse benennen oder auf einen Tarifvertrag verweisen können, der diesen Anspruch untermauert. Adressat der schriftlichen Anforderung oder Bitte nach einem qualifizierten Zwischenzeugnis ist in der Regel der direkte Vorgesetzte.

Typische triftige Gründe für ein Zwischenzeugnis

Diese Gründe sind: Bewerbung um eine neue Stelle, wesentliche Änderungen des Aufgabengebiets, Versetzung in eine andere Abteilung oder längere Abordnung in ein Projekt.

  • Strebt ein Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags an, so sollte der Arbeitnehmer parallel zu den Verhandlungen ein Zwischenzeugnis fordern.
  • Ein triftiger Grund kann auch eine mehrjährige Dauer des Arbeitsverhältnisses sein, wenn zwischenzeitlich kein Zwischenzeugnis erstellt wurde. Dies gilt besonders, wenn im Unternehmen kein turnusmäßiges Beurteilungssystem besteht. Nur so kann später ein Endzeugnis erstellt werden, das wirklich eine Würdigung der Leistung und des Verhaltens im gesamten Arbeitsverhältnis darstellt.
  • Ein sehr wichtiger Grund für ein Zwischenzeugnis ist in neuerer Zeit auch der Übergang eines Betriebs oder eines Betriebsteiles nach § 613a BGB auf einen anderen Inhaber. Damit ist oft die Zuständigkeit einer neuen Personalabteilung verbunden, sodass einige Zeit nach dem Betriebsübergang für die frühere Zeit überhaupt nicht mehr sachgerecht ein Zeugnis erstellt werden kann.
  • Beim Wechsel in ein anderes Konzernunternehmen ist ein Arbeitgeberwechsel und damit ein Anspruch auf ein Endzeugnis gegeben.

Ohne triftigen Grund oder ohne tarifvertragliche Basis besteht kein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis.

Ein grundloses Verlangen kann den Verdacht erzeugen, der Arbeitnehmer wolle abwandern. Dies kann zu Benachteiligungen führen. Aus Arbeitnehmersicht sollte daher möglichst eine sich ohnehin bietende triftige Gelegenheit genutzt werden, ein Zwischenzeugnis zu verlangen.

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Leistungs-Beurteilung im Zwischenzeugnis

Die Beurteilung der Leistung und des Verhaltens fällt in Zwischenzeugnissen oft besonders gut aus. Gründe dafür sind:

  • Der Arbeitgeber möchte angesichts der weiteren Zusammenarbeit das gute Betriebsklima nicht stören. Oder:
  • Der nicht so gut gelittene Arbeitnehmer soll fortgelobt werden. Oder:
  • Bei betrieblichen Schwierigkeiten möchte man den Arbeitnehmern per Gefälligkeitszeugnis helfen, rasch eine neue Anstellung zu finden. Oder:
  • Der scheidende Vorgesetzte möchte bei seinen Mitarbeitern in angenehmer Erinnerung bleiben.
  • Ein Zwischenzeugnis mit guter Leistungs- und Verhaltensbeurteilung stellt in gewissem Maße auch einen Schutz gegen personen- oder verhaltensbedingte Kündigungen dar.

Während früher die Bitte um ein Zwischenzeugnis oft abgelehnt wurde, entspricht es heute dem Servicegedanken in vielen Unternehmen, den Wunsch möglichst zu erfüllen. Es ist dann ein korrektes Zeugnis zu erstellen, das dem Arbeitnehmer zu übergeben ist.

Es wird sein Eigentum und muss später bei Erhalt eines Endzeugnisses nicht zurückgegeben werden. Selbst bei einer späteren Änderung von Leistung und Verhalten bleibt das Zwischenzeugnis für seinen Zeitraum gültig.

In seltenen Fällen kann ein Zwischenzeugnis widerrufen werden, zum Beispiel, wenn es dem Arbeitnehmer Vertrauenswürdigkeit attestiert und erst nachträglich seine Unterschlagung entdeckt wird.

Formulierungsbesonderheiten im Zwischenzeugnis

Für Bewerbungen eignen sich vor allem Zwischenzeugnisse, welche das ganze bisherige Arbeitsverhältnis darstellen. Dabei sind die Aussagen in der Gegenwartsform zu formulieren, da das Arbeitsverhältnis ja noch andauert. Formulierungen in der Vergangenheitsform können den unguten Verdacht erzeugen, die Beendigung der Zusammenarbeit stehe schon fest. Verlangt ein Arbeitnehmer wiederholt ein Zwischenzeugnis, so wird manchmal nur die neueste Zeit dargestellt.

Mein Karrierecoach: Darf im Arbeitszeugnis der Kündigungsgrund einfach angegeben werden?

Manchmal werden aktuelle Zwischenzeugnisse bei Bewerbungen auch kritisch beäugt. Es wird spekuliert, ob hier ein Arbeitnehmer nur fortgelobt werden soll. Daher ist es empfehlenswert, dass der Ausstellungsgrund genannt wird. Besser als die nichtssagende Formulierung „Dieses Zwischenzeugnis wurde auf Wunsch von Frau X erstellt.“ klingt da zum Beispiel „Frau X bat anlässlich ihrer Versetzung um ein Zwischenzeugnis. Wir erfüllen diesen Wunsch gerne und freuen uns auf eine weiterhin angenehme und effiziente Zusammenarbeit.“

Oder: „Grundlegende Restrukturierungsmaßnahmen führen dazu, dass es künftig den Zentralbereich Strategisches Marketing nicht mehr geben wird. Da wir Frau X zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine gleichwertige Aufgabe in unserem Unternehmen bieten können, erhält sie auf eigenen Wunsch dieses Zwischenzeugnis, um sich auch außerhalb unseres Konzerns bewerben zu können.“

Auch Dank kann in den Schlussabsatz eingeflochten werden: „Wir danken Frau X für die konstruktive und erfolgreiche Zusammenarbeit.“

Unterschied Zwischenzeugnis und Endzeugnis

Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber im späteren Endzeugnis exakt die gleichen Formulierungen wie im Zwischenzeugnis verwendet. Entscheidend ist aber die Bindungswirkung eines Zwischenzeugnisses.

Betrifft es den weitaus größten Teil des Arbeitsverhältnisses, kann auf Grund dieser Bindungswirkung nur ein wirklich triftiger Grund zu einer deutlichen Revision der Beurteilung führen. So spricht bei einem fünfjährigen Arbeitsverhältnis einiges dafür, dass die Beurteilungsgrundlage die gleiche geblieben ist, wenn bei Abfassung des Endzeugnisses nur zehn Monate seit dem Zwischenzeugnis vergangen sind.

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