So klappt es mit der Gehaltserhöhung

Eins steht für Sie fest: Ihre Leistungen werden nicht angemessen honoriert. Also auf zum Chef und eine Gehaltserhöhung verlangen. Doch aufgepasst: Gerade bei Gesprächen über Geld lauern tückische Fallen – diese fünf Gebote sollten Sie unbedingt befolgen.

Ulrike Heitze | 11.09.2018

1. Gebot: Denken Sie wie Ihr Chef

Warum sollte Ihr Chef Ihnen mehr Gehalt zahlen? Sie bekommen doch schon gutes Geld. Mehr wird er nur gegen ein entsprechendes Mehr an Leistung rausrücken. Setzen Sie die Chefbrille auf: Welchen Job erwartet der Boss eigentlich von Ihnen? Sind Ihre zusätzlichen Erfolge überhaupt wichtig und wertvoll für ihn? Wie hoch stehen Sie bei ihm im Kurs? Schätzt er Ihre Leistungen auch so ein wie Sie?

Und: Chefs lieben Zahlen – also liefern Sie sie: Wie viel neue Kundschaft, Umsatz, Ersparnis oder Gewinn haben Sie dem Unternehmen gebracht? Wer dem Chef die zurückliegenden Erfolge als Vorgeschmack verkaufen und ihm noch mehr in Aussicht stellen kann, hat bessere Chancen auf ein Gehaltsplus.

Gute Argumente:

Leistungen, die über den normalen Job hinausgehen, zum Beispiel: erfolgreich neue Aufgaben übernommen, Seminare besucht und jetzt umgesetzt, Projekte durch besonderen Einsatz gerettet, mehr Verantwortung übernommen, Azubis betreut, Seminare gehalten, Fachartikel veröffentlicht und damit das Firmenimage aufpoliert, Kollegen länger vertreten, Verbesserungsvorschläge eingebracht und umgesetzt, Kosten gesenkt, Kunden angeschleppt, interne Abläufe optimiert.

Schlechte Argumente:

Den bisherigen Job unverändert (gut) gemacht, seit fünf Jahren keine Erhöhung mehr bekommen, seit zehn Jahren im Unternehmen, die Kollegen kriegen alle mehr, in der Branche wird überall mehr gezahlt, das Leben ist teurer geworden, das Haus muss abbezahlt werden, außergewöhnliche Leistungen, die schon zwei Jahre zurückliegen.

Wer schon vor dem Gespräch nicht weiß, was er genau will, kann sich mit dem Chef nicht gut in der Mitte treffen. Und wer seine Pluspunkte nicht ansprechend verpackt, muss sich nicht wundern, wenn der Kunde die Ware enttäuscht wieder weglegt. Besser also, wenn man im Gespräch seine Wünsche und Argumente gleich bei der Hand hat.

Klären Sie für sich:

Wie viel Gehalt mehr wollen Sie mindestens haben? Muss es Festgehalt sein? Oder könnten Sie mit einer leistungsabhängigen Zulage oder einer einmaligen Prämie à la „Wenn ich das nächste Projekt erfolgreich abwickle, gibt es xy Euro“ leben?

Können Sie steuerfreie Extras wie Kindergartenplatz, Gratis-PC oder Benzingutscheine gebrauchen? Recherchieren Sie: Was kriegen die anderen in Ihrem Büro, wie geht es Ihrem Unternehmen – Auftragslage, Gewinne, Personalentwicklung? Wie steht es um die aktuellen Gehaltsrunden? Wie zahlt die Konkurrenz?

Wie ist Ihr Gesprächspartner drauf: Verträgt er klare Worte, versteht er nur Zahlen oder muss man ihm über die Schleimspur kommen? Legen Sie sich Ihre Argumente zurecht und sprechen Sie sie laut aus. Aufschreiben ist die eine, Aufsagen eine ganz andere Sache. Entwerfen Sie eine grobe Gesprächsdramaturgie. Denken Sie sich Einwände aus, kontern Sie. Üben Sie mit Freunden, die den unwilligen Chef markieren.

Selbstbewusst, aber nicht überheblich. Nett, aber nicht schleimig. Offen und direkt, aber nicht mit der Tür ins Haus: Gehaltsgespräche gehorchen den gleichen Regeln wie jede Verkaufsverhandlung. Sie haben eine ausgezeichnete Ware – sich selbst – und müssen den Käufer überzeugen, dass die Ware zum neuen Preis noch sehr viel besser ist als zum alten.

Dos:

Preisen Sie erst die Ware an, dann nennen Sie den Preis. Besser noch: Bieten Sie eine grobe Bandbreite als Verhandlungsmasse oder lassen Sie den Chef bieten.

Pokern Sie mit Augenmaß. Beginnen Sie bei zehn Prozent über dem, was für Ihre Position realistisch ist. Bringen Sie das stärkste Argument erst im Laufe der Verhandlung. Möglicherweise hat der Chef sein Pulver an Einwänden bis dahin verschossen.

Don’ts:

Drohen Sie nicht mit „Geld her, oder ich gehe“. Das ist unsouverän und nötigt Sie eventuell zu Konsequenzen. Beharren Sie nicht auf sofortigen Entscheidungen, wenn der Chef um Aufschub bittet. Möglicherweise muss er sich bei seinem Vorgesetzten oder der Zentrale rückversichern.

Tragen Sie nie zu dick bei Ihren Leistungen auf. Flunkern fällt schnell auf und macht Ihren Ruf kaputt. Ein bisschen schön reden ist okay.

Diplomatie hat noch nie geschadet. Wer halsstarrig an seinen Forderungen klebt, nimmt sich die Möglichkeit zu gar nicht mal so schlechten Kompromissen und hinterlässt einen negativen Nachgeschmack. Wenn Ihr Chef bockt, bieten Sie ihm Alternativen an. Lassen Sie sich nicht gleich nach dem ersten Satz abwimmeln. Das bringt kein Geld und wirft ein schlechtes Bild auf Ihre Standhaftigkeit im Geschäftsleben.

Vergleichen Sie sich nie mit Kollegen. Allein Ihre Leistung zählt.

Verschwenden Sie nicht die Zeit aller Beteiligten. Nach einem kurzen Small Talk kommen Sie zur Sache. Wer sich zuviel auf Nebenkriegsschauplätzen rumtreibt, nimmt seinem Gespräch die Spannung und die Wertigkeit. Ziehen Sie sich nach einer Ablehnung auf keinen Fall schmollend zurück und machen Dienst nach Vorschrift. Sehr unsouverän. Dafür gibt es beim nächsten Mal garantiert nicht mehr Geld.

Es ist wie früher: Wollte man als Kind etwas unbedingt erreichen, hat man den Augenblick abgepasst, in dem Mama und Papa gut auf einen zu sprechen waren. Gleiches gilt fürs Gehaltsgespräch: Passen Sie einen Zeitpunkt ab, an dem der Chef Ihre Leistungen noch präsent, außerdem gute Laune und Ruhe für ein Gespräch hat. Die besten Argumente verpuffen, wenn der Chef den Kopf voll anderer Dinge hat.

Gute Zeiten:

Kurz nach einem erfolgreichen Projekt, im Zusammenhang mit Beförderungen, im jährlichen Zielvereinbarungsgespräch, dienstags bis donnerstags – weit weg von Montags-Blues und Wochenendstimmung, am späten Morgen oder frühen Nachmittag – da ist die Leistungskurve oben.

Schlechte Zeiten:

Nach dem eigenen oder dem Urlaub des Chefs – Ihre Leistungen sind ihm dann nicht mehr präsent, in Troublezeiten wie Messe, Weihnachtsgeschäft oder Bilanzsaison, zwischen Tür und Angel, abends beim Bier, mitten in Kündigungswellen, wenn sich Kunden oder Kollegen über Sie beschwert haben, wenn ein Projekterfolg schon länger zurückliegt.

„Warum sollten wir ausgerechnet Ihnen mehr zahlen?“

– Ruhig bleiben, Provokation überhören, selbstbewusst loslegen: „Ich habe ein wichtiges Geschäft an Land gezogen, neue Kunden gewonnen, …“

„Hören Sie mal, beim letzten Projekt ist ja so einiges schief gelaufen. Und da wollen Sie eine Gehaltserhöhung?“

– „Da gebe ich Ihnen Recht. Ich finde auch, dass das Projekt nicht gut gelaufen ist. Aber ich denke, dass ich meine Aufgabe innerhalb des Projektes ordentlich erledigt habe. Darüber hinaus habe ich Folgendes erreicht…“

„Wenn ich Ihnen mehr zahle, wollen die anderen auch gleich mehr.“ 

– Lassen Sie sich keine Vergleiche aufdrängen. Ihre Antwort: „Ich kann Ihnen versichern, dass ich über unsere Vereinbarung Stillschweigen bewahren werde. Im übrigen möchte ich nur über meine Leistungen sprechen.“

„Glauben Sie wirklich, dass Ihre Leistung eine so hohe Gehaltsforderung rechtfertigt?“ 

– Natürlich denken Sie das, sonst wären Sie ja nicht da. Ihre Antwort also: „Ja, davon bin ich überzeugt. Und zwar weil….“

„Ich würde Ihnen ja gerne mehr geben, aber: Anweisung von oben. Wir müssen sparen.“ 

– „Wenn es Ihnen Recht ist, könnte ich mein Anliegen auch persönlich in der Zentrale vortragen.“

„Sie kriegen doch schon mehr, als in der Branche für Ihre Position üblich.“

– Falls das nach Ihrer Vorrecherche stimmt: „Ja, das mag sein, aber ich mache ja auch einen guten Job. Und zwar…“ Falls das wieder ein Bluff ist: Lassen Sie durchblicken, dass Sie Bescheid wissen. Wenn Sie Gehaltsstudien zitieren wollen, tun Sie das taktvoll, sonst wirkt es schnell altklug oder provokativ.

„In Ihrer Position ist einfach nicht mehr Gehalt drin.“ 

– „Nun, das verstehe ich sehr wohl. Deshalb wäre es vielleicht jetzt an der Zeit, über eine verantwortungsvollere Position zu sprechen.“

„Na, Sie sind lustig. Der Wirtschaft geht es schlecht und Sie fragen nach mehr Gehalt. Unsere Kassen sind leer.“ 

– Klassischer Fall für eine gründliche Vorrecherche: Wenn das Unternehmen in Wahrheit gar nicht so schlecht da steht, kontern sie vorsichtig mit den jüngsten Erfolgen und brechen Sie das Ergebnis nach und nach auf Ihren Anteil daran herunter: „Wie Sie wissen, war unser Bereich in diesen schweren Zeiten einer der rentabelsten im Unternehmen. Wir haben den Auftragseingang sogar leicht um xy Prozent steigern können. Mir ist es dabei gelungen, der Konkurrenz drei langjährige Kunden auszuspannen…“.

War das Chef-Argument kein Fake, dann sollten Sie jetzt vor allem die Kirche im Dorf lassen und vorsichtig weiterverhandeln. Zeigen Sie sich flexibel, bieten Sie Weiterbildung, steuerfreie Extras oder auch eine Verschiebung der Gehaltserhöhung um ein halbes Jahr an.

„Sie waren doch erst im vergangenen Jahr hier.“ 

– „Ja, das ist richtig. Aber während dieses Jahres hat sich mein Aufgabengebiet/Verantwortungsbereich deutlich vergrößert /habe ich einige außerordentliche Erfolge erzielt, die meiner Meinung nach ein erneutes Gehaltsgespräch rechtfertigen.“ Im übrigen sind ein bis 1,5 Jahre ein durchaus üblicher Zeitraum für Gespräche. In Krisenzeiten könnte man auf 1,5 bis zwei Jahre verlängern.

„Lassen Sie uns im nächsten Jahr noch mal drüber sprechen. Heute sehe ich da keine Chance.“ 

– Nun ja, die guten Leistungen, mit denen Sie werben, sind nun mal jetzt angefallen und bald Schnee von gestern. Im nächsten Jahr müssen neue Referenzen her. Versuchen Sie es mit Alternativen wie Weiterbildung. Wenn gar nichts drin ist, dann eventuell künftige Erhöhung jetzt beschließen und erst in sechs Monaten auszahlen. Im Worst Case neuen Termin in drei, spätestens sechs Monaten aushandeln. In der Zwischenzeit arbeiten Sie an Ihren Argumenten und Leistungen.