Sieben Eigenschaften von Top-Managern

Ein innovatives Produkt oder eine gute Strategie allein machen noch kein erfolgreiches Unternehmen. Erfolg ist häufig Chefsache. Eine Auswertung der Merkmale von 900 CEOs weltweit zeigt, wie der perfekte Chef sein muss.

Kerstin Dämon, wiwo.de | 11.09.2018

Gute Chefs sind gut für die Motivation ihrer Mitarbeiter. Sie achten darauf, dass ihr Unternehmen nachhaltig wirtschaftet und haben ständig innovative Ideen. So zumindest das Ideal. Dass dem niemand immer und vollständig entsprechen kann, ist klar. Trotzdem gibt es natürlich viele Dinge, die ein Vorstandsvorsitzender können und beachten muss, die für seine Angestellten unerheblich sind.

Selbstvertrauen und ein bisschen Größenwahn gehören dazu, um ein Unternehmen zu lenken. Doch vom Durchschnittsmanager trennt den CEO mehr.

Was  macht den CEO aus?

„CEOs unterscheiden sich durch viele Eigenschaften von anderen Führungskräften  – bei manchen Eigenschaften bestehen sogar sehr große Unterschiede“, heißt es in einer Studie der Studie der Personalberatung Russell Reynolds Associates, die der WirtschaftsWoche Online vorliegt. Um herauszufinden, wo genau die Unterschiede liegen, haben die Berater psychometrische Analysen von mehr als 900 CEOs mit den Profilen von 6000 Managern der zweiten und dritten Führungsebene verglichen.

„Unsere psychometrischen Daten verdeutlichen, dass insbesondere die CEOs von börsennotierten Unternehmen darauf trainiert sind, ambitionierte, aber erreichbare Ziele zu proklamieren und häufiger auf Schönfärberei verzichten“, sagt Joachim Bohner, der bei Russell Reynolds für Leadership und Assessment verantwortliche Managing Director.

Was den CEO vom Personalvorstand unterscheidet

Laut der Studie „Inside the Mind of the Chief Executive Officer“ sind es sieben Eigenschaften, die den Vorstandsvorsitzenden vom Manager in der zweiten Reihe unterscheiden:

  • Mut und der Willen, Dinge voranzutreiben
  • starke Eigeninitiative
  • ausgeprägte Bereitschaft zu kalkuliertem Risiko
  • ausgeprägte Belastbarkeit und starker Eigenantrieb
  • offener gegenüber Veränderungen, neugieriger und unbesorgter
  • Bereitschaft zu unkonventionellem Denken
  • Kommunikationsfähigkeit

Natürlich haben auch andere Manager diese Charaktereigenschaften. Bei den untersuchten CEOs waren diese jedoch deutlich stärker ausgeprägt, als bei der Vergleichsgruppe.
 
Die Unternehmenslenker waren mutiger, neugieriger, kommunikativer belastbarer, teamfähiger zukunftsorientierter und häufig auch deutlich empathischer.

Best-performing CEOs

Es gibt jedoch auch innerhalb der Gruppe der CEOs Unterschiede. Und zwar zwischen einfachen Unternehmenslenkern und solchen, deren Unternehmen ein jährliches Umsatzwachstum von mehr als fünf Prozent hat. Letztere seien deutlich leidenschaftlicher, fokussierter, analytischer, empathischer und unprätentiöser als ihre weniger erfolgreichen Kollegen. Außerdem hätten sie mehr Humor.
 
Überraschend: Obwohl sich diese best-performing CEOs, wie sie in der Studie heißen, ihren Erfolg auf die Fahnen schreiben könnten, ist ihnen Eigenmarketing eher unangenehm und sie seien auch deutlich weniger arrogant als die schlechter wirtschaftende Vergleichsgruppe.

Demnach gilt in Chefetagen offenbar die Faustregel: Je besser, desto bescheidener.

„Introvertierte, die gelernt haben, sich extrovertiert zu geben, sind häufig erfolgreicher als diejenigen, die nur in ihrem Schema verharren. Nach unserer Einschätzung verhält es sich mit Arroganz ähnlich“, erklärt Thomas Tomkos, verantwortlicher Managing Director für das Deutschlandgeschäft bei Russell Reynolds das Phänomen. „Es geht darum, die eigene Wirkung auf das Umfeld anzupassen. Arroganz oder auch Extrovertiertheit mäßigen und kontrollieren zu können, kann sehr hilfreich sein.“ Entsprechend ist Bescheidenheit nicht zwangsläufig ein Merkmal sehr guter Chefs, wohl aber Disziplin und Selbstkontrolle.

Das Auftreten eines Unternehmenslenkers hängt laut Tomkos Erfahrung allerdings auch von der Art des Unternehmens als auch der Region ab. „Wenn der CEO eines börsennotierten Konzerns bei Investoren um Vertrauen werben muss, muss er selbstbewusst, aber auch nach vielen Richtungen hin vertrauensbildend auftreten. Schon dadurch ist er gezwungen, seine Arroganz in einem stärkeren Maß im Zaume zu halten als der CEO eines privatwirtschaftlichen Unternehmens.“

Hinzu kommt die Verbindung eines CEOs zum Unternehmen: Apple war Steve Jobs, Facebook ist Mark Zuckerberg – aber BMW ist BMW und die Deutsche Bank die Deutsche Bank – unabhängig vom Unternehmenslenker.

Internationale Unterschiede

„Unterschiede zwischen amerikanischen und deutschen CEOs lassen sich derzeit nicht auf Basis der Studie belegen, aber der deutsche CEO ist in der Regel Teil eines Kollektivs: Er ist Mitglied des Vorstandes und berichtet dem Aufsichtsrat. Das ist in den USA anders, dort sind CEOs typischerweise Alleinentscheider, die nur ihren Investoren Rechenschaft schuldig sind“, sagt Tomkos.

Das begünstigt natürlich eine gewisse Einstellung: Rampensäue sind in den USA eher willkommen als im deutschen Mittelstand. Oder, wie Tomkos sagt: „Bei uns ist die Prägung auf Eliten nicht so stark ausgeprägt wie in anderen Ländern. Die Einstellung, dass es nur einen Entscheider geben kann, ist hier seltener. Insofern lässt sich erwarten, dass bestimmte Charakteristika bei CEOs anderenorts ausgeprägter sind, als in Deutschland.“

Der deutsche CEO sei eher konsensorientiert, weil er es muss. Sein amerikanisches Pendant kann auch mal mit der Faust auf den Tisch hauen und sagen: „Ich will aber!“

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