Suche nach Talenten: Headhunter surfen bei Xing

Gute Leute müssen keine Stellenanzeigen lesen – die Jobangebote kommen zu ihnen. Zum Beispiel über Online-Netzwerke wie Xing oder LinkedIn. Doch wer die Personaler auf sich aufmerksam machen will, sollte ein paar Regeln beachten.

Astrid Dörner | 11.09.2018
Der Chef kann Einspruch erheben, wenn der Mitarbeiter Firmengeheimnisse oder Beleidigungen postet.

Soziale Netzwerke bei der Arbeit Der Chef kann Einspruch erheben, wenn der Mitarbeiter Firmengeheimnisse oder Beleidigungen postet. © Luis Villasmil on Unsplash

Was machen Personaler, wenn sie eine Stelle zu besetzen haben? Sie surfen immer öfter in Online-Netzwerken wie Xing, StudiVZ oder dem englischsprachigen LinkedIn. Denn dort, wo es in erster Linie darum geht, Geschäftskontakte zu knüpfen und Freunde wiederzufinden, tummelt sich eine besondere Spezies von Kandidaten: die „passiven Bewerber“. Ihr Merkmal: Sie haben bereits eine passable Stelle – doch wenn ein besseres Angebot käme, wären sie schnell bereit, den Arbeitgeber zu wechseln. Was sie so begehrt macht? „Sie sind meist die qualifiziertesten und talentiertesten“, erklärt Armin Trost, Professor für Human Resource Management an der Hochschule Furtwangen. Dabei suchen Personaler nicht nur Führungskräfte. Auch Hochschulabsolventen und Mitarbeiter mit zwei bis drei Jahren Berufserfahrung stehen auf ihrer Liste.

Was machen Personaler, wenn sie eine Stelle zu besetzen haben? Sie surfen immer öfter in Online-Netzwerken wie Xing, StudiVZ oder dem englischsprachigen LinkedIn. Denn dort, wo es in erster Linie darum geht, Geschäftskontakte zu knüpfen und Freunde wiederzufinden, tummelt sich eine besondere Spezies von Kandidaten: die „passiven Bewerber“. Ihr Merkmal: Sie haben bereits eine passable Stelle – doch wenn ein besseres Angebot käme, wären sie schnell bereit, den Arbeitgeber zu wechseln. Was sie so begehrt macht? „Sie sind meist die qualifiziertesten und talentiertesten“, erklärt Armin Trost, Professor für Human Resource Management an der Hochschule Furtwangen. Dabei suchen Personaler nicht nur Führungskräfte. Auch Hochschulabsolventen und Mitarbeiter mit zwei bis drei Jahren Berufserfahrung stehen auf ihrer Liste.

Wenn Personalabteilungen selbst wenig Zeit für diese aufwändige Art der Kandidatensuche haben, lagern sie diese Arbeit an Personalberater aus. Die Agentur TMP bekommt im Jahr etwa 260 solcher Aufträge von Personalabteilungen. Dabei durchforsten sie nicht nur die Netzwerke, sondern auch klassische Datenbanken wie monster.de und Nischenbörsen wie automotive-job.net oder ingenieurkarriere.de. Solche Datenbanken haben jedoch einen Nachteil: Wer sich einträgt, signalisiert unmissverständlich, dass er einen neuen Job will.

Bei Xing & Co. steht dagegen das Knüpfen und die Pflege von Kontakten im Vordergrund. Die Jobsuche ist nur ein Aspekt. „Das führt dazu, dass die Atmosphäre lockerer ist“, sagt Völke. „Außerdem sieht man auch, welche Kontakte die Kandidaten haben. Das kann in Branchen wie Vertrieb und Medien eine interessante Information sein.“ Die besten Chancen, gefunden zu werden, hat – ähnlich wie bei Internet-Suchmaschinen -, wer in der Ergebnisliste weit oben erscheint.

Bei Xing werden pro Suche maximal 300 Mitglieder angezeigt, immer zehn pro Seite. „Ganz oben landen diejenigen, bei denen die relevanten Suchbegriffe am besten verteilt im Profil genannt werden“, sagt Netzwerk-Coach Michael Rajiv Shah. In Seminaren zeigt er Xing-Mitgliedern, wie sie ihr Profil optimieren. Doch das allein reicht nicht. Viele Personaler bevorzugen ausführliche Profile, in denen das Mitglied auch ein Foto von sich zeigt. „Ich glaube, vielen ist noch nicht bewusst, dass sie eher angesprochen werden, wenn sie viel von sich preisgeben“, sagt Simone Siebeke, Personalleiterin der Kosmetiksparte bei Henkel.

Bei Mustafa Sancar hat es geklappt, er verdankt seinen Jobwechsel der Mitgliedschaft bei Xing. Der 32-Jährige war zwei Jahre lang Vertriebsleiter bei der E-Plus-Tochter Ay Yildiz – bis im Mai vergangenen Jahres der Anruf einer Headhunterin kam. Sie habe sein Profil gesehen und wolle ihm eine Stelle anbieten. Minuten später schickte sie ihm weitere Infos in sein Xing-Postfach. „Ich war eigentlich zufrieden mit meiner Arbeit bei E-Plus, aber ich wusste: Irgendwann muss ich mich entscheiden, wo ich den nächsten Karriereschritt machen will“, sagt Sancar. Das Angebot passte gut in die Karriereplanung des Wirtschaftswissenschaftlers: Die Oldenburger Telefongesellschaft Ewe Tel suchte einen Vertriebsleiter. Heute führt er ein Team von 18 Leuten, das bis Ende des Jahres auf 33 aufgestockt werden soll. Bei E-Plus war er für fünf Kollegen zuständig.

Wer sich für eine Stelle in einem Unternehmen interessiert, in dem vor allem Englisch gesprochen wird, der sollte sich auch in einem englischsprachigen Netzwerk wie LinkedIn eintragen. „Jeder, der LinkendIn benutzt, zeigt, dass er Englisch sprechen kann. Das ist schon mal ein gutes Indiz“, sagt Edward Caulfield von der Personalberatung Swissconsult.

Festangestellte sollten in Online-Netzwerken allerdings nicht zu offensichtlich nach einer neuen Stelle suchen. Denn wer die Floskeln „Suche neue Herausforderungen“ oder „Bin offen für Neues“ in sein Profil einträgt, riskiert Ärger mit dem Chef. Arbeitsrechtlich sind deutlich formulierte Wechselabsichten in einer Grauzone zwischen dem, was zulässig ist und was nicht. „Ein Mitarbeiter hat grundsätzlich die Pflicht, loyal zu seinem Arbeitgeber zu sein und ihn nicht zu schädigen. Ob Sätze wie ,Suche neue Herausforderungen‘ diese Pflicht verletzen, muss im Einzelfall geklärt werden“, sagt der Hamburger Arbeitsrechtler Markus Bregazzi.

Man muss sich allerdings gar nicht so offensichtlich als Wechselwilliger outen. Headhunter und Personaler erkennen auch zwischen den Zeilen, wer sich über ein Jobangebot freut. „Wenn jemand sehr präzise ausfüllt, was er zu bieten hat, ist das ein deutliches Zeichen“, sagt Headhunter Achim Birnmeyer von der HJH Personalberatung. Ein weiteres Indiz sei für ihn, wenn bei Xing die Felder „Ich suche“ und „Ich biete“ in vielen Punkten übereinstimmten.

Sebastian Haase hat diese beiden Felder mittlerweile wieder aus seinem Profil gelöscht. Der Softwareentwickler des Stuttgarter IT-Unternehmens ITK bekam einfach zu viele Angebote. Auch er hat seine jetzige Stelle einer Xing-Nachricht zu verdanken. Kurz vor Ende seines Informatik-Studiums stellte er seinen Lebenslauf in verschiedene Netzwerke ein. Als das Jobangebot seines heutigen Teamleiters kam, hatte der 27-Jährige schon mehrere Stellen zur Auswahl – entschied sich aber dann für die ITK.

Gerade in der IT-Branche haben sich die unkonventionellen Wege schnell durchgesetzt. Stefan Kellner, Mitgründer des Internet-Unternehmens plazes.com spricht von einem regelrechten Abwerbekrieg bei Xing. „Wir hören von unseren Mitarbeitern ständig, dass sie mit lukrativen Angeboten gelockt werden – auch von befreundeten Unternehmen“, sagt Kellner. Auch Wolfgang Brickwedde, Recruiting-Leiter bei SAP, sucht seit mehr als einem Jahr bei Xing nach geeigneten Kandidaten – auch bei den Wettbewerbern. „Wenn ein Mitarbeiter bei der Konkurrenz gute Arbeit macht, dann schauen wir schon nach, ob er nicht seinen Lebenslauf irgendwo reingestellt hat“, sagt Brickwedde. Die Mitarbeiter kann das nur freuen.

Dos and Dont’s für Ihr Xing-Profil

Do’s:

Ausführlich sein: Personaler mögen detaillierte Lebensläufe. Machen Sie tabellarische Angaben zu Ihrer Ausbildung und Berufserfahrung und stellen Sie ein Foto zu Ihrem Profil.

Regelmäßig aktualisieren: Bringen Sie Ihren Lebenslauf immer auf den neuesten Stand. Nur so signalisieren Sie, dass Ihr Wunsch nach einer neuen Stelle noch aktuell ist.

Gästebuch freischalten: Wer kein zahlendes Mitglied bei Xing ist, kann auch keine Nachricht bekommen. Deshalb sollte auf jeden Fall das Gästebuch freigeschaltet sein, damit Headhunter und Personaler Ihnen eine Nachricht hinterlassen können.

Aktivitätsindex ausblenden: Der grüne Balken auf der rechten Seite Ihres Profils zeigt, wie regelmäßig Sie das Netzwerk nutzen. 100 Prozent erreichen Sie, wenn Sie sich mindestens einmal pro Tag einloggen. Wer das nicht macht, sollte den Index in seinen Profileinstellungen deaktivieren. Eine Aktivität von 50 Prozent oder weniger erweckt bei Personalern und Headhuntern leicht den Eindruck, eine Karteileiche zu sein.

Kontakte pflegen: In einigen Branchen wie im Vertrieb oder in den Medien ist nicht nur wichtig, welche Qualifikation Sie haben, sondern auch, wen Sie kennen. Pflegen Sie deshalb Ihre Kontakte regelmäßig, damit potentielle neue Arbeitgeber sofort sehen, wie gut Sie verdrahtet sind.

Dont’s:

Über den Arbeitgeber lästern: Schreiben Sie nicht schlecht über Ihren derzeitigen oder ehemaligen Arbeitgeber. So wirken Sie indiskret und nicht vertrauenswürdig.

Gruppen-Beiträge im Internet sichtbar machen: Stellen sie in der Rubrik „Privatsphäre“ ein, dass ihre Artikel und Kommentare in den Xing-Gruppen nicht über Suchmaschinen und über das elektronische Nachrichtenformat RSS abgerufen werden können. Personaler können so Ihre privaten Interessen erfahren, die Sie bei einer herkömmlichen Bewerbung vielleicht lieber verschwiegen hätten. Xing weist darauf hin, dass sich die Auffindbarkeit in Suchmaschinen nach der Änderung um mehrere Monate verzögern kann.

Zu offensiv werden: Vermeiden Sie Sätze wie „Suche neue Herausforderungen“ oder „Bin offen für Neues“. So riskieren Sie unnötig Ärger mir dem Chef. Er könnte denken, Sie seien nicht mehr loyal. Personaler erkennen auch so, wer offen für neue Angebote ist.

Kryptische Jobbezeichnungen: Vermeiden Sie Titel und Beschreibungen Ihrer Arbeit, mit denen nur Ihre Kollegen etwas anfangen können. Fragen Sie sich lieber, welche Schlagwörter Personaler benutzen würden, um Sie zu finden, und bauen Sie diese möglichst häufig in Ihr Profil ein. Denn je häufiger die Schlagwörter vorkommen, desto eher taucht Ihr Profil in der Ergebnisliste auf.