Risikomanagement: Kühle Rechner für stürmische Zeiten

Risikomanagement wird für Unternehmen wichtiger. Zahlenaffine Generalisten sind umworben. Vorbilder sind Banken und Versicherungen. Viele Jobs sind ein Sprungbrett ins Topmanagement.

Chris Löwer | 17.12.2021
Risikomanagement

Es kann jedes Unternehmen treffen. Jeden Tag. Für einen großen Schaden genügt oft ein kleiner Anlass, und die Risiken nehmen zu: Knappe Rohstoffe, teure Energie, flatterhafte Währungen, Fehlkalkulationen, Konjunktureinbrüche oder Naturkatastrophen sind nur ein paar Unsicherheiten, die den Geschäftserfolg plötzlich gefährden.

Für Geschäftsführer bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder lassen sie sich kalt erwischen – oder sie bauen mit einem Risikomanagement vor, das alle Eventualitäten im Blick hat.

Entsprechende Abteilungen gibt es in der Finanzindustrie schon lange. Doch auch andere Branchen setzen verstärkt auf Vorsorge und suchen dafür händeringend nach Spezialisten. 

Komplexe Anforderungen

„Die Anforderungen an das Risikomanagement in Unternehmen werden immer komplexer“, sagt Uwe Herre, Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Viele Unternehmen würden das Risikomanagement mittlerweile als zentrales Steuerungsinstrument betrachten.

Entsprechend hoch ist der Personalbedarf. Die Industrie habe den hohen Stellenwert des Themas begriffen, sagt Peter Bömelburg, Geschäftsführender Partner der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Rödl & Partner. „Mittlerweile ist Risikomanagement für alle Unternehmen und Branchen wichtig.“

Besonders in der Chemieindustrie, bei Energieunternehmen, Maschinenbauern, aber auch im Gesundheitsbereich und selbst im öffentlichen Sektor käme Risikomanagern eine wachsende Bedeutung zu. In der Fondsbranche werde voraussichtlich ab 2013 gesetzlich ein Risikomanagement vorgeschrieben sein. Zugleich steigen die Anforderungen von Kreditgebern, Investoren und Gesellschaftern. „Großunternehmen und Mittelständler sind gleichermaßen betroffen“, sagt Bömelburg.

Job-Profil entwickelt sich

Das Job-Profil entwickelt sich so immer weiter. Gute Risikomanager identifizieren nicht nur Gefahren, sie ergreifen auch Chancen und wirken so strategisch an der Geschäftsentwicklung mit.

„Der Job ist zahlenlastig, aber Kandidaten müssen zudem einen Blick für das Ganze mitbringen und unternehmerisch denken können“, sagt Andreas Christl, Gründer und Geschäftsführer von Talentspy, einer auf Risikomanagement und Finanzdienstleistungen spezialisierten Personalberatung.

Die Anforderungen an Bewerber sind allerdings hoch. Klassischerweise fänden Mathematiker, Physiker & und Wirtschaftswissenschaftler ins Risikomanagement. „Sehr begehrt am Arbeitsmarkt sind Kräfte, die bereits ein paar Jahre in der Strategieberatung das Thema bearbeitet haben“, sagt Christl.

Erfahrene Risikomanager von Banken, die in die Industrie wechseln möchten, sind natürlich ebenfalls gerngesehen. Schließlich sei der gesamte Finanzsektor relativ gut mit den raren Spezialisten bestückt.

Gute Chancen haben aber auch Quereinsteiger mit finanzmathematischen Kenntnissen, besonders wenn sie bereits Erfahrungen im Controlling oder in der Revision vorweisen können. Zudem gibt es immer mehr Angebote zur Aus- und Fortbildung. So bietet unter anderem die Fachhochschule Deggendorf ein Masterprogramm für Risikomanagement an.

Zusammenführen unterschiedlicher Unternehmensbereiche

Aber auch Aspiranten aus technischen Berufen seien gefragt – wie etwa aus der Produktion, sagt Bömelburg: „Grundsätzlich kommen Menschen infrage, die über unternehmerisches Denken, Prozessdenken und über Kommunikationsstärke verfügen.“

Denn Risikomanager müssen unterschiedlichste Unternehmensbereiche zusammenführen, zwischen Kaufleuten und Technikern moderieren und an die Unternehmensleitung berichten. 

„Risikomanager werden immer gesucht, auch in Krisenzeiten, denn der Nachholbedarf der Unternehmen ist groß“, sagt Christl.

Hohe Einstiegsgehälter

Einsteiger können mit einem Jahresgehalt von 60.000 bis 80.000 Euro rechnen. Nach fünf Jahren Berufstätigkeit sind 100.000 Euro drin, in leitender Position das Doppelte.

In jedem Fall ist eine Position im Risikomanagement ein hervorragendes Sprungbrett, weil sie oft einen direkten Draht zum Vorstand bedeutet. „Hier kann man sich für Managementfunktionen qualifizieren“, sagt Bömelburg.