Mein Karrierecoach: Geisteswissenschaften und Künstliche Intelligenz – passt das zusammen?

Der Karrierecoach erklärt, wie man Arbeitgeber auch ohne vertiefte IT-Kenntnisse von seinen Fähigkeiten überzeugt.

karriere.de | 17.11.2024
Jahrelange Managementerfahrung zeichnet ihn aus: Henryk Lüderitz ist Business Coach und Führungskräftetrainer.

Für karriere.de-User im Einsatz Jahrelange Managementerfahrung zeichnet ihn aus: Henryk Lüderitz ist Business Coach und Führungskräftetrainer. © Karriere Foto (M): PR/karriere.de

Annabel F. fragt den Karrierecoach:

Ich bin Geisteswissenschaftlerin, schreibe derzeit meine Doktorarbeit und möchte gerne im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) Fuß fassen. Dafür lerne ich aktuell die Programmiersprache Python im Selbststudium. Ansonsten habe ich keinerlei IT-Vorkenntnisse.

Aus den USA weiß ich, dass dort Geisteswissenschaftler als KI-Quereinsteiger eingestellt werden, weil ihr analytisches, kreatives und interdisziplinäres Denken in diesem Bereich gefragt ist. In Deutschland scheint mir diese Erkenntnis noch wenig verbreitet. Können Sie mir sagen, wie ich ein Unternehmen hier trotzdem von meiner Eignung überzeugen kann?

Henryk Lüderitz antwortet:

Lieber Frau F., Sie besitzen mit Ihrer Qualifikation und Ihrem Know-How einen Wissensvorsprung, auch wenn dieser vorerst nur theoretisch ist. Die meisten Unternehmen in Deutschland stehen bei den Themen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz noch am Anfang. Deshalb sehe ich in Ihrer Qualifikation als Geisteswissenschaftlerin – ähnlich, wie Sie es aufführen – aber keinen Nachteil, sondern eher einen Vorteil.

Denn: Wer sich tief in der Materie befindet, denkt häufig zu limitiert. Mein Rat lautet daher: Nutzen Sie Ihren frischen Blick von außen. Fragen Sie sich für die Unternehmen dort draußen, wo diese in Sachen KI aktuell am meisten Potenzial verschenken. Bestimmt finden Sie zahlreiche Beispiele.

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Entscheiden Sie sich dann für die Branche, die sich am meisten mit Ihren eigenen Werten und Interessen deckt. Erstellen Sie eine Shortlist von fünf bis zehn interessanten Unternehmen. Für Ihre Favoriten auf der Liste entwickeln Sie eine Art KI-Schlachtplan. Und der sieht so aus:

Einsatz von KI für Wunschunternehmen identifizieren

Versuchen Sie für die jeweiligen Unternehmen, ähnlich wie in Assessment-Center-Fallstudien, mehr über die möglichen Probleme des Unternehmens herauszufinden – und fragen Sie sich, wo genau der Einsatz von KI helfen könnte. Lesen Sie dazu vom Jahresabschluss bis zur Kundenbewertung alles, was Ihnen interessant erscheint.

Je mehr Ansatzpunkte Sie finden, wovon die Firma später profitieren könnte, desto besser.

Ein KI-Konzept erstellen

Danach versuchen Sie mit Ihrer Erfahrung aus den USA, Ihrem Überblickswissen und der konkreten Recherche, ein Konzept für das Unternehmen zu erstellen.

Skizzieren Sie, welche Probleme Sie im Zusammenhang mit KI identifiziert haben, und wie eine Vision der KI-Zukunft für das Unternehmen aussehen kann. Wichtig fürs Konzept sind drei Punkte.

1. Das Problem.
2. Eine Vision davon, wie die Welt mit KI und ohne das Problem aussähe.
3. Die Strategie dorthin.

Machen Sie dem Unternehmen ruhig den Mund ein bisschen wässrig, indem Sie sich trauen, konkrete Prognosen abzugeben. Sie sind schließlich die Expertin!

Ihre Rolle bei der Umsetzung annehmen

Spätestens am Ende des Konzeptes gilt es natürlich auch, über den Weg zu Ihrer Lösung zu sprechen. Und genau an dieser Stelle kommen Sie selbst ins Spiel. Nicht als IT-Expertin, die weiß, wie man den Machine-Learning-Algorithmus am besten selbst codet. Sondern als Koordinatorin oder Designerin, die es mit einem geisteswissenschaftlichen Ansatz vermag, mehrere Faktoren zu kombinieren.

Wichtig: Sie müssen sich voll und ganz mit Ihrer Rolle als Gestalterin identifizieren, damit Sie Ihre Botschaft authentisch und glaubwürdig rüberbringen. Dann geht es an die Bewerbung.

Quereinsteiger müssen klassische Bewerbungspfade verlassen

Die Stellenausschreibung, in der man eine KI-Quereinsteigerin aus den Geisteswissenschaften sucht, werden Sie vermutlich nicht finden. Mein letzter Tipp für Sie lautet deshalb: Verlassen Sie die üblichen Bewerbungswege.

Sprechen Sie direkt mit der Führungsebene über ihr Konzept. Am besten mit dem Fachbereichsleiter oder Vorstand, der sich um die technische Koordination im Unternehmen kümmert. Im Mittelstand ist das häufig die Geschäftsführung selbst.

Im Rahmen Ihrer Unternehmensrecherche sind Ihnen bestimmt die Namen der Entscheider untergekommen. Kontaktieren Sie diese direkt und preisen Sie Ihr Konzept an, ohne jedes Detail zu verraten. Damit haben Sie einen garantierten Aufmerksamkeitsbonus.

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