Mit diesen 10 Tipps gelingt das Debüt als Chef
Souveräner Auftritt, Aufgaben delegieren, richtig Feedback geben: Wer zum ersten Mal Chef wird, muss viel beachten. So gelingt der Start als Vorgesetzter.
Setzten Betriebe früher noch auf Erfahrung und Routine, suchen Unternehmen heute verstärkt junge Führungskräfte, die neue Ideen in den Betrieb bringen, belastbar und flexibel sind. Gute Zeiten also für junge Fachkräfte, die die ersten Berufsjahre erfolgreich hinter sich gebracht haben, oder?
Prinzipiell ja. Doch auch wenn die meisten 30- bis 40-Jährigen mit einer guten Ausbildung im Rücken – Studium, zahlreiche Praktika und einigen Jahre Berufserfahrung – bereit sind, eine Führungsrolle zu übernehmen: Beim ersten Mal Chef-Sein gibt es eine Menge zu beachten. Und: viele Fragezeichen.
Was, wenn die anderen einen nicht respektieren und all die innovativen Ideen nicht umsetzen wollen? Wie umgehen mit Generationsunterschieden? Was, wenn ich unfair werde und einzelne Mitarbeiter übervorteile oder benachteilige?
Die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung (DGFK) Jutta Boenig und BWL-Professor und Altersforscher Sven Voelpel von der Jacobs University Bremen haben effektive Tipps, wie sich vor allem junge Führungskräfte Respekt verschaffen und in ihrer neuen Rolle etablieren können.
Vor den Spiegel stellen und üben
„Man kann sein erstes Auftreten vor dem neuen Team einfach vor einem Spiegel proben“, rät Voelpel. Die Forschung habe bewiesen, dass das Gehirn dabei leicht zu überlisten sei, denn es unterscheide irgendwann nicht mehr, ob eine Situation realistisch ist oder nicht. Vorausgesetzt man beherzigt drei Dinge: Üben, üben und üben. Sowohl für das eigene Selbstbewusstsein als auch für einen souveränen Auftritt in der neuen Rolle kann der Spiegeltrick oder auch das Vorsprechen vor Freunden hilfreich sein.
Auf die Körperhaltung achten
Unsicherheit und Angst machen sich zunächst physisch bemerkbar. „Die Körperhaltung sollte vor allem durch ‚positive‘ Spannung überzeugen“, empfiehlt daher Karriereberaterin Boenig. Eine gerade Haltung verbunden mit einer bestimmten Lässigkeit in der Bewegung drücke Dynamik und Zuversicht aus.
Auch Mimik und Gestik, die sogenannte „nonverbale Kommunikation“, sei weitaus wichtiger als allgemein angenommen. „Um Interpretationen und falschen Auslegungen zuvorzukommen, sollten sich Führungskräfte sehr genau überlegen, welche der Situation angemessene Gesamthaltung sie ausdrücken wollen.“
Konjunktive vermeiden
„Das Wörtchen eigentlich sollten Führungskräfte nicht verwenden, ebenso nicht den Konjunktiv“, sagt Jutta Boenig. „Würdet ihr das bitte machen“ sei eine ungeeignete Höflichkeitsfloskel. Das provoziere sicherlich einige Querulanten im Team zu einem sofortigen „Nein, mache ich nicht!“. Die Karriereexpertin weiß aus langjähriger Erfahrung: „Mitarbeiter brauchen Sicherheit in den Entscheidungen.“ Eine starke Haltung und klare Ansagen seien hier das Mittel der Wahl. „Es geht darum, zugleich direktiv zu sein und integrativ zu wirken.“
Bloß nicht verbiegen
„Sei authentisch“ – das klingt nach Floskel. Doch es stimmt: Wer seinem eigenen Stil treu bleibt, wird eher ernst genommen und respektiert – und kommt damit in seiner neuen Führungsrolle besser an als jemand, der sich verstellt. „Man muss sich nicht verbrüdern – ob man mit seinem Team abends essen geht oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen“, betont Sven Voelpel.
Einigen Menschen liege es, sich abends mit Kollegen zu treffen, anderen wiederum nicht, sei es aus familiären oder anderen individuellen Gründen. „Wichtig ist es, Werte und Ziele im Auge zu behalten“, so der Experte. Effektive Meetings und Gespräche seien wichtiger als das sogenannte Socializing.
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Mentor suchen
Eine große Hilfe für die neue Rolle als Chef sind Mentoren. „Ich rate dazu, sich einen älteren Mentor zu suchen, diesen zu begleiten und zu beobachten“, schlägt Jutta Boenig vor. Aus dessen Verhalten, wie er mit Menschen umgehe oder in schwierigen Situationen auftrete, könne man ableiten, „ob die Kommunikationsführung zu einem passt: Kann das auch mein Stil sein? Was finde ich gut? Was schlecht?“ Wichtig sei zu erkennen, „wie theoretisches Wissen gut in die Praxis umgesetzt werden kann“.
Management-Wissen trainieren
Die DGFK-Vorsitzende Boenig appelliert, Unternehmen konkret anzusprechen, um an Führungskräfte-Workshops oder -Seminaren teilnehmen zu können. Es sei unerlässlich, „sich intensiv Management-Wissen anzueignen“.
Delegieren zelebrieren
Beim Übergang von Fach- zu Führungskraft muss man sich immer vor Augen halten, dass man künftig weniger für inhaltliche und mehr für strategische Ziele der Abteilung oder des Unternehmens verantwortlich ist. „Eine junge Führungskraft freut sich in der Regel, gemeinsam mit dem Team Ziele zu realisieren“, erklärt Experte Sven Voelpel. Dabei würden sich junge Menschen häufig darin verrennen, auch inhaltliches Klein-Klein selbst zu übernehmen. „Ziel eines Chefs ist es, anderen zu helfen, ihre Ziele zu erreichen“, fügt Voelpel hinzu. Das sei das effektivste Mittel bei der Mitarbeiterführung.
Eine Grundvoraussetzung dafür ist, „Führungsrolle“ und „Inhalterolle“ voneinander abzugrenzen. Wer Chef ist, sollte führen und zusehen, dass ein Team oder eine Abteilung das vorgegebene Ziel erreicht. Um einzelne inhaltliche Probleme oder Herausforderungen sollten sich dann die Mitarbeiter kümmern. Dabei gilt es den Kollegen stets zu vermitteln, dass man als Chef bei Problemen jederzeit ansprechbar ist.
Genau zuhören sei dabei das A und O, so Voelpel. „Wenn ich zuhöre, weiß ich, wie Abläufe bisher waren und vor allem, womit ich meine Mitarbeiter motivieren kann.“ Dann sei es auch egal, ob man als Chef jünger oder älter sei.
Wissen, was der andere will
Der Bremer Professor unterscheidet bei dem Antrieb der meisten Mitarbeiter zwischen drei Dingen – Macht, Leistung und Zugehörigkeit. Wenn künftige Führungspersönlichkeiten wissen, welches Ziel ihre Mitarbeiter verfolgen, sei es leichter, sie zu unterstützen. „Jüngere Arbeitnehmer sind oft leistungsorientierter, die kriegt man auch mit mehr Geld oder Punkten“, so Voelpel. Ältere hingegen würden diesen Anreiz oft nicht so zu schätzen wissen und würden ihre Prioritäten woanders sehen. Sie würden sich dagegen vielleicht über mehr Freizeit oder angenehmere Arbeitsbedingungen freuen.
Positive Verstärkung geben…
Wer im Vorfeld eher Lust statt Angst vor der neuen Rolle als Vorgesetzter hat, wird am Ende wahrscheinlich auch der bessere Chef sein, meint Voelpel: „Wenn ich positiv an meine Rolle als Führungskraft herangehe, habe ich schon viel gewonnen.“ Junge Menschen könnten sich etwa ein gutes Gefühl verschaffen, indem sie sich vergegenwärtigen, dass es etwas Besonderes ist, so früh die Verantwortung für ein Team oder ein Unternehmen bekommen zu haben.
…auch beim Feedback
Positiv zu denken, hilft auch im Umgang mit anderen. Wer sich als Chef sensibel und wertschätzend mit den Informationen, persönlichen Lebensumständen, den Gewohnheiten und Zielen seiner Mitarbeiter beschäftigt, wird akzeptiert und vor allem auch von ihnen respektiert. Daher sollten junge Chefs, die auf ein neues Team treffen, sich auch genug Zeit nehmen, um ausführlich zu reflektieren. Das gilt insbesondere für Kritikgespräche.
„Feedback wird immer negativ aufgenommen“, sagt Experte Voelpel. Schaffe man es als neuer Vorgesetzter allerdings, im Vier-Augen-Gespräch positive Leistungen des Mitarbeiters besonders hervorzuheben und zu loben, steigere das die Motivationskurve des Mitarbeiters. Als effektiv und wertschätzend gilt beim Feedback-Geben zum Beispiel die Drei-Schritte-Methode:
- In Schritt 1 schildert man dabei neutral das Verhalten oder die Situation:
„Ich habe wahrgenommen, dass…“ - In Schritt 2 geht es um die Gefühle, die bei Ihnen als Führungskraft bei dem beobachteten Verhalten entstehen:
„Das löst bei mir Bauchschmerzen/Jubelschreie/Nachdenken aus.“ - Schließlich gilt es in Schritt 3 eine Bitte als Wunsch oder Anweisung zu formulieren (je nachdem wie stark Sie in der Situation eingreifen wollen):
„Deshalb wünsche ich mir, dass Du X und Y machst – und nur wenn das nicht klappt, bitte Z probierst.“