Arbeitsrecht: Ist Alkohol auf der Arbeit erlaubt?

Mit Bier im Büro erwischt? Was Mitarbeiter zu befürchten haben, wenn sie auf der Arbeit zu tief ins Glas geschaut haben.

Michael Scheppe | 17.11.2024
Ob Alkohol am Arbeitsplatz erlaubt ist oder nicht entscheidet der Arbeitsvertrag.

Wenn der Chef einen ausgibt Ob Alkohol am Arbeitsplatz erlaubt ist oder nicht entscheidet der Arbeitsvertrag. Foto: Major Tom Agency/ unsplash © Karriere

Das Rheinland ist im Ausnahmezustand – es ist Karneval. Die Süddeutschen feiern Fasching. Zur fünften Jahreszeit wird in Büros und Betrieben bisweilen gemeinsam angestoßen. Und der ein oder andere genehmigt sich auch in der Mittagspause gern mal ein kleines Bier. Doch darf der das eigentlich? Ist Alkohol auf der Arbeit gesetzlich erlaubt? Und welche Konsequenzen hat es, wenn ich betrunken einen Fehler machen? Karriere.de klärt auf – und zwar nicht nur für die Karnevalisten im Rheinland.

Ist Alkohol am Arbeitsplatz verboten?

Grundsätzlich nicht. „Es gibt kein Gesetz, das den Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz verbietet“, sagt Sebastian Schröder, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Düsseldorfer Kanzlei Aquan.

Aber: Viele Firmen untersagen ihren Mitarbeitern in Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträgen, während der Arbeitszeit zur Flasche zu greifen.

Ein Alkoholverbot gilt auch für Berufen mit besonderem Risiko wie etwa Chirurgen, Berufskraftfahrer und Piloten.

Ist ein Bier in der Mittagspause erlaubt?

In einigen Regionen der Republik gehört ein Glas Wein oder Bier während des Mittagessens zum guten Ton. Und auch das ist arbeitsrechtlich nicht verboten. So lange es bei einem Glas bleibt.

Wie viel Alkohol darf ich im Büro trinken?

Es gibt zwar keine Promillegrenze. Aber: „Der Arbeitnehmer muss immer seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen“, sagt Arbeitsrechtler Schröder. Heißt: Auch dort, wo es kein generelles Alkoholverbot gibt, dürfen Mitarbeiter den Bierhahn nicht pausenlos aufdrehen, weil Alkohol eben die Leistungsfähigkeit einschränkt.

Schon ab 0,3 Promille im Blut sind Menschen weniger aufmerksam und können sich nicht mehr so gut konzentrieren. Die erreicht ein Mann mit einer Körpergröße von 1,80cm und 85 Kilo bereits nach zwei kleinen Bier. Für eine Frau mit 1,75cm und 70 Kilo reicht schon ein Bier mit 0,33l aus. Ab 0,5 Promille reagieren Menschen langsamer. Ab einem Blutwert von 0,8 Promille ist der Gleichgewichtssinn deutlich beeinträchtigt.

Was passiert, wenn ich auf der Arbeit zu viel getrunken habe?

Wer als Angestellter zu tief ins Glas geschaut hat und seine Aufgaben nicht mehr korrekt erfüllen kann, verletzt seine Arbeitspflichten, so der Jurist. Angestellte unterliegen nämlich der Nebenpflicht, einen arbeitsfähigen Zustand zu gewährleisten.

Wer zu viel getrunken hat, dem droht die Abmahnung oder gar die Kündigung. Welche Konsequenzen es im Einzelfall sind, hängt von der Art des Fehlers ab. Wer etwa eine größere Maschine kaputt macht, weil er sich nicht mehr richtig konzentrieren konnte, dem droht die fristlose Kündigung. Studien zufolge kommt passiert jeder fünfte Arbeitsunfall unter Alkoholeinfluss.

Und wenn der Chef einen ausgibt?

Auch wenn der Chef die Flasche öffnet, ist es kein Freifahrtschein sich als Mitarbeiter zu betrinken. Denn wenn sie nach dem Umtrunk noch weiterarbeiten sollen, müssen die Angestellten körperlich und mental wieder in der Lage sein, ihren Pflichten nachzukommen. „Auch wenn der Chef ausschenkt, gibt es keine Narrenfreiheit“, sagt Schröder.

Welche Regelungen gelten für alkoholkranke Angestellte?

Sie sind im Arbeitsrecht ein Sonderfall: Wer alkoholabhängig ist, gilt als krank. Solche Mitarbeiter können deshalb nicht wegen eines alkoholbedingten Fehlers gekündigt werden. Juristen sprechen von einer verhaltensbedingten Kündigung.

Aber: „Wenn alkoholkranke Menschen nicht in der Lage sind, ihre Arbeit zu verrichten, und eine negative Zukunftsprognose vorliegt, kann ihnen eine personenbedingte Kündigung ausgesprochen werden“, sagt Schröder. Eine negative Zukunftsprognose liegt etwa dann vor, wenn der Betroffene nicht an einer Entziehungskur teilnehmen möchte oder nach einem Entzug wieder rückfällig wird.

Und was gilt für das Bier am Feierabend?

Wenn der Computer heruntergefahren ist, können Mitarbeiter das machen, was sie für richtig halten – sofern sie am nächsten Morgen wieder fit sind. Für Führungskräfte gilt das nur eingeschränkt, repräsentieren sie doch auch nach Feierabend ihr Unternehmen.

Besonders süffisant war der Fall von Margot Käßmann. Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche wurde 2010 mit 1,5 Promille im Blut in ihrem Auto gestoppt. Daraufhin trat sie von ihrem Posten zurück. Auch der Deutschland-Chef der Brauerei Becks, Till Hedrich, musste wegen Alkoholmissbrauch seine Karriere beenden. Er verursachte 2015 unter Alkoholeinfluss einen Autounfall.

Wie können Führungskräfte alkoholabhängigen Mitarbeitern helfen?

Experten schätzen, dass mehr als zehn Prozent der Belegschaft eines Unternehmens von Suchmitteln abhängig ist. Auch Alkohol beeinträchtigt die Gesundheit der Angestellten – sie sorgt für Fehlzeiten und verursacht Kosten für das Unternehmen.

Vor diesem Hintergrund sollten sich Führungskräfte mit ihren womöglich alkoholabhängigen Mitarbeitern befassen. Fünf Tipps:

  • Sensibel sein: Sie sollten mit auffälligen Kollegen klärende Gespräche führen und „Mitarbeiter mit Alkoholproblemen weder diskriminieren noch negativ über sie reden“, heißt es in einer Informationsbroschüre der Barmer-Ersatzkasse.
  • Rechtzeitig eingreifen: Wenn der Mitarbeiter lallt, unsicher durch den Flur stolpert oder eine Alkoholfahne hat, sollten Führungskräfte eingreifen. Am besten ist es, einen unbeteiligten Dritten aus der Personalabteilung hinzuziehen.
  • Gespräche führen: Sie sollten den Mitarbeitern mit konkreten Fakten über sein Fehlverhalten konfrontieren und Maßnahmen zur Verbesserung vereinbaren.
  • Hilfen anbieten: Weisen Sie die Kollegen etwa auf die betriebliche oder außerbetriebliche Suchtberatung hin.
  • Vorbild sein: Führungskräfte können auf ihre Mitarbeiter einwirken, indem sie mit gutem Beispiel vorangehen. „Verzichten Sie bewusst auf Alkohol am Arbeitsplatz“, heißt es in der Broschüre – selbst dann, wenn es gesetzlich gar nicht verboten ist.

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