Was Sie beim Vorstellungsgespräch mit dem Chef alles falsch machen können

Diese fünf Fehler sollten Sie besser vermeiden.

Michael Scheppe | 23.07.2019
Vorstellungsgespräch Chef Fehler

Wer zum Vorstellungsgespräch mit dem Chef eingeladen wird, kann sich freuen. Die ersten Hürden sind erfolgreich genommen: Telefoninterview, Auswahltagung, Gespräch mit der Personalabteilung – jedes Mal mag der Bewerber überzeugt haben, doch sicher ist ihm die neue Stelle noch nicht.

Denn wer sich um Führungspositionen bewirbt, muss häufig noch eine Hürde nehmen – und zwar die mutmaßlich schwierigste: das Vorstellungsgespräch mit dem Chef. Doch worauf kommt es bei der Unterredung mit dem Geschäftsführer an? Und welche Fehler sollte man besser vermeiden?

Persönlichkeit zählt

Fragen, die Claudia Frese beantworten kann. Sie ist seit 2014 Chefin des Handwerkerportals MyHammer, das nach eigenen Angaben 14 Millionen Euro Umsatz macht und 120 Mitarbeiter beschäftigt. Davor war Frese Führungskraft bei verschiedenen Firmen in der Digitalwirtschaft, unter anderem bei eBay. Die 47-Jährige führt seit 20 Jahren Vorstellungsgespräche und hat in dieser Zeit Hunderte geführt, mutmaßt sie.

Daher weiß sie genau: Das zweite Gespräch ist kein Selbstläufer, der Bewerber muss gegenüber dem Chef beweisen, dass er sich nach den ersten Runden nochmals genau mit dem Unternehmen und seinen künftigen Aufgaben beschäftigt hat.  

Was Frese besonders wichtig ist: die Persönlichkeit des Bewerbers. „Fachliche Defizite lassen sich durch Schulungen noch ausgleichen“, sagt sie. „Die Persönlichkeit aber nicht.“

In ihrem Gespräch wolle sie nicht mehr primär prüfen, ob der Bewerber alle fachlichen Fähigkeiten mitbringt – das wurde schließlich schon in den vorangegangenen Runden getestet. „Ich möchte mein Gegenüber kennenlernen, und herausfinden, ob er menschlich zu unserem Unternehmen passt.“

Das mag trivial klingen. Doch mit seiner Persönlichkeit zu überzeugen ist gar nicht so einfach.

Fehler 1: Keine Fragen stellen

„Und, haben Sie noch Fragen?“ Wer das verneint, ist bei Frese schnell durchgefallen. „Wenn jemand gar keine Fragen stellt, wirkt er auf mich schlecht vorbereitet und signalisiert kein ehrliches Interesse an der Stelle.“ Die Liste passender Fragen ist lang, meint die MyHammer-Chefin:

  • Wie sind die Arbeitszeiten?
  • Gibt es Home-Office-Regelungen?
  • Wie sieht mein Arbeitsplatz aus, wie die Teamstruktur?
  • Was ist die Langfrist-Strategie der Firma?
  • Welche Karriereperspektiven gibt es?

Je nachdem, welche Fragen der Bewerber stellt, wird Frese klar, wie ihr Gegenüber tickt: Ob er Karriere machen will, ein Teamplayer ist oder auf Sicherheit bedacht sein mag – all das zahlt darauf ein, die Persönlichkeit des potenziellen Mitarbeiters kennenzulernen.

Fehler 2: Ohne Punkt und Komma reden

Fragen stellen mag wichtig sein, auch ausführlich über sich zu sprechen. Doch ein Vorstellungsgespräch ist kein Monolog.

Frese hat allerdings schon Bewerber kennengelernt, die fünf Minuten am Stück ohne Unterbrechung geredet haben. Gut angekommen ist das nicht: „Das zeigt mir, dass der Bewerber nicht sonderlich emphatisch ist.“ Ihr Rat an die Bewerber: Dinge auf den Punkt bringen.

Fehler 3: Nur über die Arbeit sprechen

Gehalt, Karriereoptionen, die eigene Vita – natürlich muss es auch im Gespräch mit dem Chef um die Arbeit gehen. Aber eben nicht ausschließlich. Für Frese ist eigentlich egal, über welches seiner Interessen und Hobbies ein Bewerber berichtet. Das könne der sechsmonatige Aufenthalt in Australien sein oder auch die letzte Tortendekoration. Er muss es nur tun.

Frese kommt es besonders auf die Art und Weise der Präsentation an. „Damit finde ich heraus, wie jemand in der Lage ist, über Privates und Emotionen zu sprechen.“ Selbst beim Chef, und dieses Vorurteil sollten Bewerber fallen lassen, geht es nicht immer nur um Arbeit.

Fehler 4: Sich (zu wenig) selbst darstellen

Natürlich: Ein Bewerber soll sich im Bewerbungsgespräch profilieren und muss seinem Gegenüber klarmachen, warum genau er der Richtige für den Job ist. Nur übertreiben sollte man es nicht. „Wenn mir jemand mit einem übertrieben großen Selbstbewusstsein versucht, die Welt zu erklären, stößt mir das negativ auf“, sagt Frese.

So habe ihr ein Bewerber einst weismachen wollen, warum die Strategie der Firma komplett falsch sei und mit welchen Gegenmaßnahmen er alles umkrempeln würde.

Grundsätzlich mag die Idee gut sein, seine fachliche Expertise zu zeigen. Doch die Kritik als Frage oder gut gemeinten Ratschlag zu formulieren, wäre bei Frese besser angekommen. „Es geht mir um Wertschätzung.“ Und so ging dieser Kandidat ohne Job nach Hause.

Doch sich zu wenig selbst darzustellen, ist auch ein Problem. Frese beobachtet, dass gerade weibliche Kandidaten sehr zurückhaltend sind und oft zu selbstkritisch auftreten würden. Manchmal muss es dann eben doch eine Schippe mehr sein.

Fehler 5: Eine Person ohne Ecken und Kanten

Ein Lebenslauf ohne Lücken, ein Abschluss mit Prädikat – das liest auch der Chef gerne. Doch wenn der Bewerber so gar keine Ecken und Kanten hat, wird Frese auch skeptisch. Ein abgebrochenes Studium oder ein längeres Sabbatical, kommt bei ihr nicht per se schlecht an, sofern der Bewerber eine gute Begründung dafür hat.

Dasselbe gilt auch fürs Auftreten. Der Bewerber muss nicht mit Jackett und Anzugshose erscheinen, wenn er sich darin nicht wohlfühlt. Stattdessen müssen Händedruck und Sitzhaltung stimmen.

„Ich freue mich über Typen“, sagt Frese. „Und dann darf der Bewerber auch mit Hoodie und Mütze zum Bewerbungsgespräch kommen.“