Nur ein Prozent schafft den „Concours“

Wer EU-Beamter werden möchte, muss durch den sogenannten Concours – ein aufwendiges Auswahlverfahren, das nur die Besten der Besten bestehen.

Interview: Saskia Eversloh | 11.09.2018

Doch es heißt noch gar nichts, den Concours bestanden zu haben. Die glücklichen Absolventen landen erstmal auf einer Reserveliste, aus der die EU-Institutionen ihren Nachwuchs rekrutieren. In den Job schaffen es dann wiederum nur zwei Drittel derjenigen, die auf der Liste stehen.

Herr Dopheide, Sie sind dafür zuständig, dass Deutschland gut bei der EU vertreten ist – wer kann sich denn überhaupt bewerben?

Vorab: Vereinfacht gesagt gibt es EU-Beamte und Angestellte auf Zeit. Die Beamtenlaufbahn erfordert das Absolvieren eines allgemeinen oder speziellen Auswahlverfahrens. Erst Ende November hat das Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO) ein spezielles Auswahlverfahren für Wirtschaftsfachleute mit Erfahrung in den Bereichen Finanzmarktökonomie und Makroökonomie veröffentlicht.

Generell steht aber allen Fachrichtungen das allgemeine Auswahlverfahren offen – und damit jeder Posten, der kein spezielles Anforderungsprofil hat.

Sie sprechen den berüchtigten Concours an – wie sind die Chancen, diesen zu bestehen?

An den allgemeinen und speziellen Auswahlverfahren der EU haben seit 2010 fast 300.000 Hochschulabsolventen aus ganz Europa teilgenommen. Weniger als 3.000 Personen haben das Verfahren erfolgreich durchlaufen und wurden auf eine sogenannte Reserveliste gesetzt. Von dieser Liste rekrutieren die EU-Institutionen dann ihren Nachwuchs, am Ende eingestellt wurden etwa 2.000.

Aber lassen Sie sich nicht von den Zahlen entmutigen. Nicht alle gehen gut vorbereitet in die Auswahlverfahren.

Wer sich ernsthaft für eine Karriere bei der EU interessiert, hat auch gute Chancen, den Concours zu bestehen. Eine Altersgrenze gibt es übrigens nicht, und wenn man es nicht sofort schafft, kann man jederzeit wieder teilnehmen. 

Sie erwähnten das Auswahlverfahren für Wirtschaftsfachleute, was bringen die speziell für eine EU-Karriere mit?

Die EU ist im Kern eine Rechts- und Wirtschaftsgemeinschaft. Zu den Hauptaufgaben der EU gehören die Rechtsetzung und die Anwendung oder Durchsetzung bestehender EU-Regeln. Ein Wirtschafts- oder Jura-Studium ist damit eine ideale Voraussetzung für eine EU-Karriere.

Hochinteressante Aufgaben und Tätigkeiten finden Wirtschaftswissenschaftler und Juristen in den verschiedenen Generaldirektionen der Europäischen Kommission, zum Beispiel in der Beihilfen- oder Fusionskontrolle, der Binnenmarktregulierung, der Analyse der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten oder in der Handelspolitik. Den Juristen stehen darüber hinaus anspruchsvolle Tätigkeiten in den Juristischen Diensten der Institutionen oder bei den Europäischen Gerichten offen.

Viele EU-Mitarbeiter bekommen nur Zeitverträge …

Richtig ist, dass die Zahl der Zeitverträge zugenommen hat, derzeit sind etwa ein Siebtel der Mitarbeiter im Europäischen Parlament und in der EU-Kommission befristet angestellt.

Arbeiten in Brüssel: Die Zukunft der EU gestalten – Ein Drittel der EU-Beamten geht in diesem Jahrzehnt in Pension. Das macht den Weg für Bewerber aller Fachrichtungen frei. Aber die Einstiegshürden sind hoch.

Bei der Befristung sind die Hürden nicht so hoch: Man muss sich mit seinem Lebenslauf in einer Online-Datenbank registrieren und bekommt bei passender Qualifikation – und nach einem kleineren Auswahlverfahren – eventuell einen befristeten, maximal sechs Jahre laufenden Arbeitsvertrag. Dieser kann weder verlängert noch von einer anderen EU-Institution erneut vergeben werden.

Als möglichen Arbeitgeber sollte man aber auch die zahlreichen EU-Agenturen in Belgien und den EU-Mitgliedsstaaten im Blick behalten. Diese rekrutieren auch unbefristete Vertragskräfte.

Inwiefern kann ein Praktikum helfen, später bei einer EU-Institution beschäftigt zu werden?

Wer die EU-Beamtenlaufbahn einschlagen will, muss den Concours durchlaufen. Punkt. Trotzdem ist ein Praktikum empfehlenswert, etwa bei der Europäischen Kommission als sogenannter Blue Book-Stagiaire. Auch dieses Praktikum ist heiß begehrt – auf etwa 650 Plätze bewerben sich 15.000 Personen.

Daraus können sich Kontakte ergeben: So ist ein Praktikum im Europäischen Parlament für den einen oder anderen der Weg, Assistent oder Assistentin eines EU-Abgeordneten zu werden, oder für Blue Book-Praktikanten eine Chance, später mit einem befristeten Arbeitsvertrag bei der Europäischen Kommission angestellt zu werden.

Deutsche sind unterrepräsentiert bei der EU. Das Auswärtige Amt ist daran interessiert, sie beim Bewerbungsverfahren zu unterstützen …

Ja, wir bieten gemeinsam mit einem externen Dienstleister Vorbereitungskurse für den Concours an. Auch wenn – etwa bei den Spezialisten-Concours – die Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht wird, versuchen wir, den Bewerbern individuelle Orientierungshilfen zu geben.

Wie sind die Perspektiven für eine EU-Beschäftigung?

Derzeit müssen die Institutionen Stellen einsparen, aber in den nächsten Jahren geht eine erhebliche Zahl der EU-Beamten in den Ruhestand. Dabei sind die Einstiegsgehälter für Hochschulabsolventen absolut attraktiv, sie bewegen sich zwischen 4.000 und 5.000 Euro monatlich, Zuschläge noch nicht inbegriffen.


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