Online – aber mit System

Behandeln Sie Ihre Online-Bewerbung genauso sorgfältig wie eine Papierbewerbung. Setzen Sie vor allem auf Schlüsselwörter, rät Bewerbungsberater Gerhard Winkler.

G. Winkler, P. Attin | 11.09.2018

Als Jäger von Praktika oder Einstiegspositionen machen Sie Firmen-Webseiten zu Ihren bevorzugten Jagdgründen. Gibt es dort Online-Bewerbungsformulare und scheitern Ihre listenreichen und beharrlichen Versuche, sich die Namen, Telefonnummern und Mailadressen von Zielpersonen zu verschaffen, dann steht Ihnen der lange Marsch durchs Formular bevor. Achten Sie beim Ausfüllen auf die Tücken jeder Online-Bewerbung: Je kürzer das Formular ist, je weniger zielgerichtet die Fragen formuliert sind, desto eher ist das Ganze ein Datenfriedhof. Der angebliche Bewerberservice dient dann oft als reines Bewerberabwehrsystem. Lieblose Seiten, herzlose Abfragen im Stil von „Fällt Ihnen sonst etwas ein, was Sie uns mitteilen wollen?“ verweisen jedenfalls nicht auf Arbeitgeber, die ihren Nachwuchs adäquat begrüßen. Formulieren Sie einen kurzen Teasertext: Absolventin BWL, Diplom 1.5, erste Marketingpraxis bei Titleist Europe ltd. (London), möchte zu Ihnen. Wem darf ich begründen weshalb? Geben Sie diesen Text in das Feld „Warum bewerben Sie sich bei uns?“ ein und schicken Sie ihn mit Ihren Kontaktdaten ab.

Gute Fragen, guter Service

Atmen Sie auf, wenn die Fragen klar auf die Profile Studierender, Absolventen oder Einsteiger zugeschnitten sind und genug Raum für die Antworten vorhanden ist. Falls die Online-Erhebung erlaubt, sich umfassend zu präsentieren, dann nutzen Sie die Chance, alle Ihre Aktivitäten rings um Brot- und Wissenserwerb, Ihren Einsatz und Ihre Verdienste in vielen starken Stichworten zu präsentieren.

Nicht so hastig

Speichern Sie beim ersten Gang durch ein Online-Formular sämtliche Seiten. Geben Sie in alle Pflichtfelder Dummy-Daten ein, sonst kommen Sie nicht zur nächsten Maske. Brechen Sie dann die Bewerbung ab. Analysieren Sie die Fragen offline und tragen Sie Ihre Antworten in aller Ruhe zusammen – zum Beispiel in ein Word-Dokument. Sie haben alle Zeit der Welt für Ihre Formularbewerbung. Achten Sie genauso auf Rechtschreibfehler und Formulierungen wie in einer Papierbewerbung.

Es darf etwas mehr sein

Ist Ihre Antwort kürzer als die Frage, werden Sie nicht punkten. Wie umfangreich Sie antworten, hängt von der erlaubten Zeilenzahl eines Datenfeldes ab. Ein Anschreiben texten, einen Lebenslauf aufbauen, eine Bewerberstory entwickeln heißt immer Informationsreduktion. Beim Bewerben per Formular gibt der Web-Entwickler dagegen die maximale Textlänge vor. Wozu sich kürzer fassen, wenn mehr Stichwörter zugleich mehr Schlüsselwörter bedeuten? Der Sachverstand sagt Ihnen, wie ein Jobanbieter die Datenfelder gewichtet. Fehlende Hobbys und Interessen schmälern nicht Ihren Jobclaim. Fehlen von Engagement oder Mitgliedschaften aber schon. Ihre Mitbewerberin war schon als Studentin „Mitglied, Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e.V.“. Was halten Sie dem entgegen?

Setzen Sie auf Schlüsselwörter

Ihre Formular-Bewerbung ist keine Präsentation. Geben Sie deshalb in Online-Eingabemasken niemals Volltext ein. Füllen Sie den verfügbaren Platz bis zum Gehtnichtmehr mit Stichwörtern auf. Die Beachtung des Personalers findet Ihr Datensatz nur dann, wenn er den Abfragekriterien entspricht. Wichtige Schlüsselbegriffe sind Zahlen, Namen, Bezeichnungen. Machen Sie sich klar: Welche Wörter kleben an einer Positions- und Berufsbeschreibung? Als Türöffner eignen sich Studienschwerpunkte, Fach- und Wissensgebiete, Noten, Auflistungen von Aufgaben, Zuständigkeiten, Leistungen, Namen von Organisationen, Ländern und Städten, Fremdsprachen, IT-Kenntnisse, Mitgliedschaften in Berufsverbänden und Standesorganisationen. Personaler leiten die persönlichen Qualitäten eines Jobkandidaten nicht aus dessen Selbstaussagen, sondern aus seinen Taten und Leistungen sowie aus Testimonials vertrauenswürdiger Dritter ab. Manche Rekrutierer leben allerdings auf einem eigenen Stern. Vielleicht filtern ihre Online-Masken deshalb Top-Bewerber nach Kriterien wie „Belastbarkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Motivation, Flexibilität“ raus. Im Gegensatz zur selbstgesteuerten Bewerbung gilt: Mischen Sie in Ihre Formular-Angaben reichlich Bewerberstärke.

Rühren Sie Ihr Anschreiben nicht an

Ihr Formulareintrag geht nicht an eine Person, sondern an eine Datenmaschine. Finden Sie heraus, wie viel Platz Sie haben, um mehr über sich selbst und Ihre Bewerbungsgründe zu schreiben. Schreiben Sie Ihre Bewerberstory, also den Abriss Ihres Werdegangs, auf. Kopieren Sie diesen Text in das Eingabefeld. Denn auch hier sucht die Maschine nach verknüpften Begriffen. Falls Ihr Qualifikationsprofil stimmt, wimmelt Ihre Bewerberstory geradezu von Schlüsselwörtern.www.jova-nova.com

Nie ohne Goodies

Laden Sie, auch wenn nur Nachweise und Zeugnisse erbeten sind, immer auch Ihren Lebenslauf, ein Anschreiben und Ihr Bewerberporträt hoch. Denn diese drei Goodies machen Ihre Präsentation aus. Gelingt Ihnen diese, treffen Sie genau ins Ziel.

Gerhard Winkler ist Bewerbungsberater. Er betreibt die Karriere-Webseite www.jova-nova.com

Was Personaler nervt

„Pro Jahr bewerben sich circa 12.000 Kandidaten bei uns auf konkrete Stellen über unsere Online-Jobbörse, weitere 3.000 Personen hinterlegen ihre Daten im Online-Talentpool. Wir laden 900 Kandidaten zu Gesprächen ein, rund 300 von ihnen erhalten ein Angebot. 25 Prozent der Bewerbungen gehen per Post ein, ihre Zahl ist rückläufig. Einsteiger wählen meist den Online-Weg, Kandidaten für Führungspositionen schicken ihre Mappe per Post. Das Medium Internet verleitet vereinzelt dazu, die Daten zu schnell an verschiedene Adressaten zu versenden. Wenn wir merken, dass ein Bewerber sich nicht mit uns und der Position auseinander gesetzt hat, sondern die gleichen Daten an viele Unternehmen verschickt und uns mit falschem Namen anspricht, ist das ein K.-o.-Kriterium. Gerade wer den Online-Weg wählt, sollte zeigen, dass er sich auf unserer Homepage informiert hat.
Wichtig sind der chronologische, schlüssige CV und die entsprechenden Zeugnisse, ferner dass der Adressat die Dateien überhaupt öffnen kann. Wir brauchen keine Fünf-Megabyte-Fotos oder Excel-Tabellen. In Online-Bewerbungen sollten die stellenspezifischen Schlüsselwörter auftauchen. Die Personalreferenten bearbeiten 1.500 Bewerbungen im Jahr. Da ist es gut, wenn sie sich schnell einen Überblick darüber verschaffen können, ob ein Kandidat zu der ausgeschriebenen Stelle passt.“

Peter Attin ist Leiter im Bereich Personal Führungskräfte bei der MAN Nutzfahrzeuge Gruppe

Nur Mut: Initiative ergreifen bei der Bewerbung

Auf den Punkt: Konkretes Anschreiben statt langer Floskeln

Glaubwürdige Dritte: Referenzen sammeln für die Karriere