Besser keine Lücken im Lebenslauf

Studium abgebrochen, eine lange Reise gemacht oder einfach mal eine Auszeit genommen: Manche Fakten möchte man im Lebenslauf lieber verschweigen. Doch eins steht fest: Ehrlichkeit zahlt sich aus.

G. Winkler, M. Albrecht | 16.12.2021
Manche Lebensereignisse lassen sich schlecht im klassischen Lebenslauf darstellen. Aber: Authentizität zählt heute.

Lügen im Lebenslauf Manche Lebensereignisse lassen sich schlecht im klassischen Lebenslauf darstellen. Aber: Authentizität zählt heute. Foto: Camille Villanueva on Unsplash

Bei Lücken im Lebenslauf werden Personaler hellhörig. Und fragen nach, was sich hinter den nicht dokumentierten Zeiten vor und nach der Ausbildung oder zwischen den Jobs verbirgt. Das kann unangenehm sein im Vorstellungsgespräch. Daher: Sparen Sie sich fantasievolle Ausreden. Stopfen Sie die Löcher lieber mit Fakten – und gehen Sie selbstbewusst mit Fehlversuchen und Auszeiten um. So macht es unser Muster-Bewerber Frank.

In Franks Lebenslauf klafft zwischen Abitur und Studium eine Lücke:

Schulbildung: 1991 – 1995, Grundschule in Brühl 1995 – 2004, Gymnasium Schwetzingen Abschluss: Abitur (Note 1,7),

Studium: seit 10.2005 Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Universität München.

Das muss Frank ändern:

  1. Der Rekrutierer fragt: Wo war Frank? Frank hat einen akademischen Fehlversuch verschwiegen, den er nach dem ersten Semester abgebrochen hat. In der neuen Version listet er ihn nüchtern und ohne Erklärungen auf. Dabei beschränkt er sich auf Hauptwörter.
  2. Die Tour durch Kanada ist nicht erwähnenswert? Weit gefehlt. Reisen bildet – und bietet Möglichkeiten zum Einstieg ins Gespräch. In der geänderten Fassung führt Frank deshalb jede Reise auf, die aus den üblichen Urlaubstouren heraus sticht.
  3. So wird der Lebenslauf übersichtlich: Grundschule streichen, schulische und akademische Ausbildungen in einer Rubrik „Ausbildung“ zusammenfassen.

Der neue, übersichtliche Lebenslauf:

Ausbildung: seit 10.2005: Diplomstudium Technologie- und Management-orientierte Betriebswirtschaftslehre, TU München.
07 – 09.2005 Radreise Vancouver – Ottawa (Kanada).
10.2004 – 06.2005 Diplomstudium Wirtschaftsingenieurwesen, FH Mannheim. 1995 – 2004 Hebel-Gymnasium Schwetzingen, Abitur, 1,7

Was Personaler nervt:

„Wenn ich eine Bewerbung bekomme, schaue ich mir das Anschreiben an. Danach lese ich den Lebenslauf chronologisch. Dabei fallen Lücken auf. Manche Kandidaten liefern bei einzelnen Stationen keine Monatsdaten, sondern nur Jahreszahlen. Das macht mich stutzig, da frage ich nach. Denn Lücken regen die Fantasie erst an. Wenn jemand eine Lücke von bis zu drei Monaten nach dem Studium oder der Bundeswehr hat, ist das normal. Manche Bewerber, die eine Auszeit genommen haben oder arbeitslos waren, versuchen das zu kaschieren. Letztens hat eine Bewerberin sechs Monate in Spanien als Sprachreise deklariert. So etwas macht misstrauisch, da Sprachreisen normalerweise nicht so lange dauern. Beim ersten Nachfragen wurde klar, dass das ein langer Urlaub war. Spätestens beim Interview kommen diese Punkte zu Tage. Das kann für den Bewerber peinlich sein. Die Kandidaten sollten immer bei der Wahrheit bleiben und Dinge proaktiv ansprechen. Unehrlichkeit ist ein K.o.-Kriterium. Deshalb haben wir die Bewerberin mit dem Spanienurlaub auch nicht genommen.“

Michael Albrecht ist Leiter des Bereichs Recruiting und Personaleinsatz bei der BMW Group. Mitarbeiter weltweit: 107.000; Deutschland: 80.000; Bewerbungen weltweit pro Jahr: 250.000; Vorstellungsgespräche: circa 6 pro Stelle; Neueinstellungen weltweit pro Jahr: 4.000

Der Bewerbungs-Coach rät:

  1. Nach dem Berufseinstieg ist Ihr Lebenslauf zu jedem Zeitpunkt lückenlos.
  2. Absehbare Leerzeiten, etwa nach sozialem Jahr oder Praktikum, überbrücken Sie mit Bildungsreisen, gemeinnützigen Einsätzen, Sprachkursen oder Aushilfsjobs.
  3. Wenn Sie jetzt länger arbeitslos sind, setzen Sie „Kenntnisse und Fähigkeiten“ oder „Weiterbildung“ als erste Rubrik. Der VHS-Kurs ist zwar nicht das stärkste Argument, aber besser als „stellensuchend“.
  4. Krankheits- und Rekonvaleszenz-Zeiten erwähnen Sie nicht, falls sich Ihr Studium dadurch nicht allzu sehr verlängert hat. Thematisieren Sie aber Ihren Sieg über Schicksalsschläge, sofern die Auszeit sonst misstrauisch macht.
  5. Stehen Sie zum sechsmonatigen Motorradtrip durch Australien. Man schätzt die Mutigen und Selbstständigen.
  6. Tragen Sie Ihre Story, wenn Ihr CV wie ein Schadensbericht aussieht, immer persönlich oder am Telefon vor.

Gerhard Winkler ist Bewerbungsberater und Buchautor. Auf seiner Webseite und in seinem Blog schreibt er über Bewerbungsstress und Selbstvermarktung. www.jova-nova.com

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