Den Chef führen

Hat Ihr Chef die Weisheit mit Löffeln gefressen? Oder hat er keine Ahnung? Verkauft er Ihre Ideen als seine eigenen? Hier gibt es Tipps für typische Konfliktsituationen.

Sabine Scheltwort | 12.09.2018
Chef Konflikt Beschwerden Karriere

Über wenig lässt sich so gut lästern wie über den Chef. Kollegen, sonst spinnefeind, werden zum Dreamteam, wenn es darum geht, über den Chef herzuziehen. Gemeinsam leiden tut gut, gemeinsam lästern ist noch viel besser. Und alle sind sich einig: Wir können ja doch nichts ändern. Richtig ist, dass Sie Ihren Chef nicht ändern können. Aber es liegt durchaus in Ihrer Hand, sein Verhalten zu ändern, indem Sie Ihr eigenes Verhalten ändern.

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Sie wollen sich nicht verbiegen?

Sollen Sie auch nicht. Hier geht es nicht darum, dem Chef in den Hintern zu kriechen oder sich lieb Kind zu machen, indem man Kollegen anschwärzt. Hier geht es aber auch nicht darum, wie Sie Ihrem Chef das Leben möglichst schwer machen oder ihn gar aus dem Weg räumen. Unser Thema ist: Wie kann ich meinen Chef dazu bringen, das zu tun, was ich will? Wesentliche Voraussetzung: Werden Sie sich klar darüber, was Sie wirklich wollen. Das mag sich erst mal wie eine Binsenweisheit anhören. Aber wissen Sie tatsächlich immer so ganz genau, welches Marketingkonzept zum Beispiel das bessere wäre oder wie die Arbeit gescheiter auf die Kollegen zu verteilen wäre? Oder ist es nicht viel bequemer, über die Entscheidungen des Chefs zu jammern, als sich selbst den Kopf über eine Alternative zu zerbrechen und dann auch dafür geradezustehen?

Stellen Sie also zuerst so genau wie möglich fest, worin Ihr Chef-Problem besteht. Reflektieren Sie dann Ihr eigenes Verhalten genauso kritisch, wie Sie das Verhalten Ihres Vorgesetzten beurteilen. Fragen Sie sich, wie Sie bisher reagiert haben und ob das von Erfolg gekrönt war. Falls nicht, ist es an der Zeit, eine andere Strategie zu überlegen. In schweren Mobbing-Fällen werden Sie damit vermutlich nichts ausrichten können: Da hilft meistens nur die Flucht. Im alltäglichen Umgang aber können Sie so nach und nach Ihren Chef in den Griff kriegen. PS: Der Einfachheit halber ist hier nur vom Chef als männlichem Wesen die Rede. Damit wollen wir nicht unterstellen, dass Frauen die besseren Chefs wären.

Mein Chef ist ein Kontroll-Freak und macht am liebsten alles selbst

Die Angst, die Kontrolle zu verlieren, ist wohl die am weitesten verbreitete Chefneurose. Nicht ohne Grund: Der Vorgesetzte ist verantwortlich dafür, dass es rollt. Wenn es hakt, ist erst mal er schuld, nicht Sie. Gegen Kontrollsucht hilft nur eins: Erwerben Sie sich das Vertrauen Ihres Vorgesetzten, indem sie transparent arbeiten und Ihre Tätigkeit dokumentieren. Informieren Sie Ihren Chef über den Zwischenstand von Projekten und wichtige Entwicklungen, auch wenn er es nicht ausdrücklich wünscht. Schicken Sie ihm zum Beispiel Mails in Kopie. Wenn Sie wissen, dass er ein Zahlenfuchs ist, arbeiten sie supersorgfältig, wenn es um Zahlen und Daten geht. Wenn er in Sachen Rechtschreibung pingelig ist, lassen Sie wichtige Papiere von einem Kollegen gegenlesen, bevor Sie die Unterlagen weitergeben. Wenn er Formulare liebt, tun Sie ihm den Gefallen und füllen Sie sie aus. Hat sich das gut eingespielt, versuchen Sie, Ihren Freiraum allmählich auszudehnen. Schlagen Sie zum Beispiel bei Großprojekten einen Zeitplan vor, nach dem Sie Ihren Vorgesetzten informieren. Redet er wieder mittendrin rein, verweisen Sie auf den Zeitplan. Wichtig: Halten Sie sich in jedem Fall auch selbst dran, sonst verspielen Sie das mühsam erworbene Vertrauen wieder.
Mein Chef blockt ab, sobald ich ihn kritisiere.

Ihr Chef steht selbst unter Druck. Er fühlt sich ohnehin schon wie ein armer Wicht, eingeklemmt zwischen kaum zu erfüllenden Vorgaben von oben und renitenten Mitarbeitern. Und dann kommen auch noch Sie, um ihn zu schamponieren ­ kein Wunder, dass er davon nichts hören mag. Rüsten Sie sein fehlendes Selbstbewusstsein auf, geben Sie ihm Zucker. Verpacken Sie Ihren Änderungswunsch in einem Wattebausch voller Lob. Ganz wichtig: Formulieren Sie keine Du-Botschaft wie: „Du Esel hast dies und das vergessen.“ Sondern eine Ich-Botschaft: „Ich frage mich, ob wir nicht das noch berücksichtigen sollten.“ Wenn Sie noch eins draufsetzen wollen, fügen Sie hinzu: „Ich denke, das hatten Sie ohnehin geplant.“

Lassen Sie aus einem Konfliktchen keinen Riesenkonflikt wachsen. Je konkreter und zeitnäher der Anlass, desto einfacher ist es, Ihrem Chef klarzumachen, was Sie von ihm wollen. Und spielen Sie nicht den Korinthenkacker, der bis ins kleinste Detail Recht behalten will. Bauen Sie Ihrem Boss eine goldene Brücke, über die er ohne Gesichtsverlust gehen kann.

Mein Chef hat keine Ahnung

Beißen Sie sich lieber die Zunge ab, als ihn bloßzustellen. Ob in großer Runde oder unter vier Augen ­ eine solche Blamage würde er Ihnen nie verzeihen. Hier ist eine meisterliche Führungsleistung gefragt ­ von Ihnen. Denn Sie müssen ihm einerseits das Gefühl geben, dass er das Heft in der Hand hält ­ sonst laufen Sie Gefahr, dass er bestenfalls blockiert oder schlimmstenfalls wild um sich schlägt. Andererseits müssen Sie durchsetzen, was das Beste für Sie, Ihren Chef und das Unternehmen ist.

Wählen Sie kreideweiche Formulierungen. Machen Sie Vorschläge, statt zu sagen, was man tun „muss“. Noch besser: Lassen Sie Ihrem Chef die Wahl unter mehreren Vorschlägen ­ von denen Sie einen perfekt ausarbeiten und die anderen derart nachteilig formulieren, dass keine Frage ist, welchen Vorschlag er wählen wird. So lassen Sie ihm die Illusion, er sei es, der entscheide.
Sollte er sich doch für den Ihrer Meinung nach falschen Weg entscheiden, gehen Sie nicht sofort auf Konfrontationskurs. Sonst riskieren Sie, dass er dickköpfig bleibt, um zu zeigen, wer der Boss ist. Lassen Sie, wenn möglich, etwas Zeit verstreichen. Mit etwas Glück erledigt sich einiges von selbst. Wenn nicht, versuchen Sie, Ergänzungsvorschläge anzubringen, immer hübsch sanft formuliert.

Im Alltag denken Sie an Ihren Opa und seinen weisen Spruch „Wer viel fragt, kriegt viel Antwort“. Müssen Sie wirklich alles absegnen lassen? Oder können Sie nicht doch viel mehr selbst entscheiden, als Sie im ersten Moment meinen? Allerdings: Wenn’s schief geht, müssen Sie auch den Kopf dafür hinhalten.
Mein Chef bremst meine kreativen Höhenflüge aus.

Ist Ihr Chef ein Pedant, werden Sie ihn mit überschwänglicher Begeisterung kaum mitreißen können. Reden Sie stattdessen in der Sprache mit ihm, die er versteht. Schwärmen Sie nicht von Möglichkeiten, sondern präsentieren Sie Tatsachen. Geben Sie ihm so viele Details, wie er braucht. Liefern Sie nüchterne Argumente, gestützt auf Daten und Fakten. Durchforsten Sie Internet und Intranet nach Artikeln von Fachleuten und Statements der Geschäftsführung. Diese Schützenhilfe durch Autoritäten entfaltet mitunter eine verblüffende Überzeugungskraft.

Mein Chef macht schwammige Vorgaben, ist hinterher aber immer unzufrieden mit meiner Leistung

Helfen Sie ihm dabei, klare Ziele zu formulieren. Das ist nicht Ihr Job? Da haben Sie Recht. Aber es ist in Ihrem eigenen Interesse und allemal besser, als unklaren Vorgaben hinterherzuhecheln, bei denen Sie sowieso nur alles falsch machen können.
Finden Sie durch genaues Zuhören heraus, was Ihr Chef eigentlich von Ihnen erwartet. Wiederholen Sie seinen Auftrag in Ihren eigenen Worten, so dass Sie sicher sind, auf einer Wellenlänge zu sein. Geben Sie Ihrem Chef Rückmeldung, ob, wie und in welchem Zeitraum Sie dieses Ziel erreichen können. Halten Sie die Vereinbarung so präzise wie möglich schriftlich fest. Daran können Sie sich hinterher messen lassen.

Wenn mein Chef einmal eine Entscheidung getroffen hat, ist er nicht mehr davon abzubringen

Klar, denn dann müsste er ja einräumen, einen Fehler gemacht zu haben. Kehren Sie keine fachliche Überlegenheit heraus. Nichts fürchtet er mehr, als wie ein Trottel dazustehen. Die cleverste Lösung: Präsentieren Sie Ihre Vorschläge von Anfang an so, dass Ihr Chef die Entscheidung trifft, die Sie wollen. Zu spät? Dann attackieren Sie seine Entscheidung nicht frontal, sondern leiten Sie ihn auf Umwegen zu einer anderen Lösung. Bauen Sie Ihre Argumentation so auf, dass Ihr Chef nicht eine plötzliche Kehrtwendung vollziehen muss, die ihm peinlich wäre. Vermeiden Sie Reizworte und versuchen Sie, Probleme aus einer neuen Perspektive zu zeigen.

Mein Chef nörgelt ständig rum

Auch wenn es schwer fällt: Verteidigen Sie sich nicht sofort, sondern hören Sie erst einmal ruhig zu. Fragen Sie nach, was genau gemeint ist, wenn Sie die Kritik nicht auf Anhieb nachvollziehen können. Schlagen Sie bei Pauschalkritik nicht mit einer Pauschalantwort zurück, sondern versuchen Sie, auf den Punkt zu kommen. Je präziser, desto mehr haben Sie und Ihr Chef davon. Wenn Sie sich zu sehr ärgern, um sachlich reagieren zu können, bitten Sie um Bedenkzeit. Listen Sie nicht die vergangenen Fehler auf, sondern vereinbaren Sie gemeinsam, was genau wann und wie zu tun ist.

Mein Chef verkauft meine Ideen als seine eigenen

Hören Sie sofort auf, Ihre Ideen unter vier Augen mit Ihrem Vorgesetzten zu besprechen. Wenn Sie Vorschläge mündlich vortragen, dann nur in einer größeren Runde, mit Kollegen, noch besser aber mit anderen Besprechungsteilnehmern auf der Ebene Ihres Chefs. Entwickeln Sie möglichst viele Konzepte schriftlich. Erweitern Sie Ihren Verteilerkreis von Mails oder Hausmitteilungen, die neue Ideen enthalten.

Mein Chef denkt, wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn

Mangelnde Loyalität wird von allen Chefs gefürchtet. Zu den Todsünden im Arbeitsleben zählt, sich beim Chef des Chefs zu beschweren. Nur wenn Ihr Vorgesetzter Sie rüde mobbt und Sie überhaupt keinen Ausweg mehr sehen, sollten Sie in Erwägung ziehen, eine Hierarchieebene zu überspringen. Denn eins ist sicher: Hinterher wird Ihr Verhältnis zum Chef irreparabel sein. Wahrscheinlich ist, dass der Konflikt auf eine Konfrontation „er oder ich“ hinausläuft. Und ob Sie da die besseren Karten haben, ist zweifelhaft.

Grundsätzlich gilt: Vermeiden Sie alles, was Ihren Vorgesetzten an Ihrer Loyalität zweifeln lassen könnte. Werden Sie trotzdem bei einer abweichenden Meinung gleich als Verräter verdächtigt, handelt Ihr Chef vermutlich stark aus dem Bauch und legt großen Wert auf Harmonie in seinem Team. Auf sachliche Argumente dürfte er kaum reagieren, im Gegenteil: Kommen Sie ihm nüchtern, sind Sie für ihn der kühle Kopfmensch, der im Zweifelsfall im anderen Lager steht. Versichern Sie Ihrem Vorgesetzten zuerst so emotional wie möglich, dass Sie auf seiner Seite sind. Garnieren Sie Ihre abweichende Meinung dann ebenfalls mit Gefühlen.
Und vergessen Sie nicht: Chefs sind auch nur Menschen. Wie ihre Mitarbeiter lechzen sie nach Zuneigung, Bestätigung, Respekt ­ die sie, umgeben von Konkurrenten, Neidern, Heuchlern, selten bekommen. Ein ehrliches freundliches Wort wirkt manchmal Wunder.

Mein Chef ist ein Choleriker

Lassen Sie ihn brüllen. Zugegeben, das klingt leichter, als es ist. Aber jeder Versuch, einen Choleriker mit kühlen Argumenten zu besänftigen, ist zum Scheitern verurteilt. Versuchen Sie, an etwas anderes zu denken. Stellen Sie sich vor, Sie seien gar nicht persönlich gemeint ­ was gar nicht so abwegig ist: Choleriker brüllen in der Regel jeden mal an, nicht nur Sie. Versuchen Sie, sich nicht einschüchtern zu lassen, blicken Sie nicht demütig zu Boden. Sollte Ihr Chef in seinem Zorn die Grenze zur persönlichen Beleidigung überschreiten, müssen Sie sich das nicht anhören. Lassen Sie sich aber um Himmelswillen nicht auf sein Niveau herab. Gehen Sie ganz einfach ­ eventuell mit dem Angebot, wiederzukommen, nachdem er sich beruhigt hat.
Bleiben Sie höflich, aber kriechen Sie nicht ­ das nötigt ihm Respekt ab. Lassen Sie sich von der Drohung, Sie zu feuern, nicht erschrecken. Machen Sie sich klar, wie wenig Mitarbeiter Ihr Chef tatsächlich schon gefeuert hat und wie wichtig Ihre Leistung für das Unternehmen ist. Die meisten Drohungen sind nichts als heiße Luft.

Mein Chef ist ein Zauderer

Glück für Sie, denn so haben Sie gute Chancen, ihn in Ihre Richtung zu lenken. Kauen Sie ihm Entscheidungen mundgerecht und so langfristig wie möglich vor. Ersparen Sie es sich und ihm, unter Zeitdruck zu entscheiden. Reichern Sie eine Liste von Optionen mit konkreten Empfehlungen an. Strahlen Sie Sicherheit aus: Wenn er Fehlentscheidungen fürchtet, wird er es zu schätzen wissen, wenn Sie den Eindruck vermitteln, Sie wüssten genau, was Sie tun. Das verringert seine Angst. Nachteil: Wenn etwas schief geht, wird er die Schuld auf Sie abschieben. Aber da Sie ja genau wissen, was Sie tun, stehen Sie voll hinter Ihrer Entscheidung, mit allen Konsequenzen.

Mein Chef jagt mir Angst ein

Stärken Sie erst einmal Ihr Selbstbewusstsein. Führen Sie sich Ihre Erfolge vor Augen, die Sie im Studium oder im Beruf hatten. Und spielen Sie diese Leistungen nicht gleich wieder runter nach dem Motto: „Ach, daran war doch mein Anteil gar nicht so groß…“. Freuen Sie sich an allem, was gut geklappt hat. Und versuchen Sie aus dem, was nicht geklappt hat, eine Lehre zu ziehen, die Sie vorwärtsbringt. Zweiter Schritt: Setzen Sie sich ein festes Ziel, das Sie erreichen möchten. Fangen Sie klein an, fordern sie nicht gleich im ersten Gespräch eine Beförderung oder eine saftige Gehaltserhöhung.

Dann spielen Sie das Gespräch mit Ihrem Chef im Geist durch. Ihnen rutscht jetzt schon das Herz in die Hose? Fragen Sie sich, was das schlimmste Ergebnis sein könnte. Sie könnten entlassen werden? Glauben Sie das wirklich? So schnell schießen Vorgesetzte nicht; Ihr Chef wird eine überzeugende Begründung dafür brauchen. Oder ist das schlimmste Ergebnis „nur“, dass Sie nicht die Entscheidung bekommen, die Sie wollten? Dann können Sie eventuell einen Kompromiss aushandeln. Wenn gar nichts geht, haben Sie es immerhin versucht. Und, vor allem, haben Sie Ihre Angst überwunden.

Mein Chef beutet mich aus

Ihr Chef will dies und das und jenes, und am besten alles sofort? Setzen Sie Prioritäten: Was ist am wichtigsten? Zeigen Sie ihm die Folgen: Wenn Sie sich zuerst um A kümmern, bleiben B und C liegen. Sagen Sie nicht einfach: „Ich brauche mehr Zeit.“ Sondern seien Sie präzise: „Dafür benötige ich zwei Tage.“ Sagen Sie nicht einfach: „Geht nicht.“ Sondern zeigen Sie Möglichkeiten, die gehen.

Ihr Chef lässt sich auf nichts ein und will partout, dass Sie A, B, C parallel auf die Reihe kriegen? Dann lassen Sie es krachen, bevor Sie mit Ihrem fünften Hörsturz darniederliegen. Denn wenn Sie trotz Mahnung Tag und Nacht funktionieren wie eine perfekt geölte Maschine, wird keiner Ihre Bedenken ernst nehmen. Wenn Sie Ihrem Chef rechtzeitig Warnsignale gesendet haben, warum etwas nicht zu schaffen ist, dann ist es eben auch mal so.

Mein Chef ist ein kreativer Hektiker

Immerhin werden Sie nicht in Routine sterben. Wenn aber vor lauter neuen Ideen nichts mehr in die Tat umgesetzt wird, sollten Sie die Kreativität fruchtbar machen, indem Sie Prioritäten setzen. Bügeln Sie eine neue Idee nicht sofort ab. Manches erledigt sich durch Abwarten von selbst. Wenn Ihr Chef darauf besteht, es müsse alles sofort und gleichzeitig umgesetzt werden, halten Sie ihm die Folgen vor Augen: was alles liegen bleibt, was aus Kostengründen gecancelt werden muss. Wenn die Prioritäten klar sind, verlangen Sie von ihm keine Details für die Umsetzung ­ Sie werden sie ohnehin nicht erhalten. Nutzen Sie den Freiraum und besorgen Sie sich selbst die Infos, die Sie brauchen.

Mein Chef ist ein Kühlschrank

Wenn Ihr Chef selbst keine Gefühle zeigt, können Sie ihn auch nicht mit Gefühlen überzeugen. Bleiben Sie immer sachlich, im Positiven wie im Negativen ­ wenn Sie ihn von einem Projekt überzeugen wollen, und wenn Sie von ihm kritisiert werden. Überfallen Sie ihn weder mit spontanen Ideen noch mit Tränen, denn mit beidem kann er nicht umgehen. Und erwarten Sie kein Lob ­ Sie werden es nicht bekommen, auch wenn Ihr Chef mit Ihnen eigentlich sehr zufrieden ist. Seien Sie froh, dass er Sie sachlich behandelt, es gibt Schlimmeres.

Mein Chef produziert Chaos und schiebt mir hinterher die Schuld in die Schuhe

Ihr Chef gibt Ihnen eine völlig sinnlose Anweisung und will nichts mehr davon wissen, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist? Dann sichern Sie sich schriftlich ab. Listen Sie die möglichen Fallstricke auf. Wenn Sie ganz misstrauisch sind, übergeben Sie ihm das Papier vor Zeugen und legen Sie Ihre Bedenken in einer größeren Runde dar. Mein Chef lobt nie. Haben Sie ihn denn schon mal gelobt? Im Ernst: Erwarten Sie nicht zu viel. Wie heißt es bei den Schwaben so nett: Nicht kritisiert ist gelobt genug. Ziehen Sie Ihre Motivation aus Ihrer Leistung ­ und wer könnte die besser beurteilen als Sie selbst? Je mehr Selbstvertrauen Sie besitzen, desto leichter können Sie Lob Ihres Vorgesetzten entbehren.

Mein Chef spielt seine Mitarbeiter gegeneinander aus

Vorsicht, hier ist ein Profi am Werk, der von den alten Römern gelernt hat: Divide et impera. Motto: Wenn sich meine Mitarbeiter untereinander beharken, stehe ich unangefochten an der Spitze. Seien Sie klüger als er und durchkreuzen Sie seine Strategie, indem Sie sich mit Ihren Kollegen kurzschließen. Wenn Sie sich untereinander einig sind, läuft Ihr Chef mit dem Spielchen auf.
Schwierig wird's, wenn Ihr Boss schon so viel Zwietracht gesät hat, dass jeder dem anderen misstraut. Achten Sie immer darauf, keine unbedachten Urteile über Ihre Kollegen zu fällen. Berücksichtigen Sie, dass bestimmte Informationen gezielt gestreut sein könnten. Gehen Sie möglichst unvoreingenommen auf Ihre Kollegen zu. Und tragen Sie Probleme nicht vor ihrem Chef, sondern unter vier Augen aus.

Mein Chef kanzelt mich vor versammelter Mannschaft ab

Die harmlose Variante: Ihr Chef ist ein Temperamentbündel. Eigentlich wollte er lieber unter vier Augen kritisieren, aber dann sind doch mal wieder die Pferde mit ihm durchgegangen. Nehmen Sie es ihm nicht übel und machen Sie sich drauf gefasst, dass es immer wieder passieren kann. In der Regel lobt er genauso überschwänglich. Die gedankenlose Variante: Ihr nüchtern-sachlicher Chef hat’s schlicht nicht gemerkt, dass so was verletzend sein kann. Dann sollten Sie ihm offen Rückmeldung geben und ihn darum bitten, in Zukunft unter vier Augen zu kritisieren. Machen Sie ihm klar, dass eine solche Kritik sehr viel „zielführender“ (Chefs lieben dieses Wort) ist als eine Pauschalanklage vor Publikum. Die fiese Variante: Ihr Chef will seine Leitwolf-Funktion unterstreichen. Seht her, ich bin der Größte, und Ihr seid meine Untertanen. Kleiner Trost: Meistens trifft es aus heiterem Himmel jeden mal. Nehmen Sie es also nicht persönlich. Wenn Sie sich mit Ihren Kollegen solidarisieren und gemeinsam auf Distanz gehen, machen Sie dieses Chef-Verhalten kontraproduktiv.

Mein Chef trifft einsame Entscheidungen

Wenn er es tut, weil er sich selbst für den Allergrößten hält, haben Sie wenig Chancen. Lassen Sie ihn in dem Glauben, wenn Sie verhindern wollen, dass er Sie als Stolperstein auf dem Karriereweg betrachtet und beiseite räumt. Wenn er es tut, weil er überlastet ist und glaubt, sich mit den Ratschlägen anderer nicht lange aufhalten zu können, können Sie ihm helfen. Wichtig ist, kurz und knapp zu argumentieren. Kinder- und Vorstandsvorlagen sollen nicht mehr als eine Seite umfassen, spotten manche Kollegen. Ganz so kurz muss es nicht immer sein, aber es ist etwas Wahres dran. Verstecken Sie die entscheidenden Themen nicht in 60 Charts ­ Ihr Chef wird während der Präsentation einschlafen, wenn er Ihnen überhaupt so viel Zeit einräumt. Reden Sie nicht lange um den heißen Brei herum, sondern sagen Sie ihm klar und deutlich, was Sie von ihm wollen. Mit etwas Glück wird Ihr Chef antworten: „Das habe ich nicht gewusst. Warum haben Sie das nicht früher gesagt?“

Mein Chef spielt den Teamplayer, macht dann aber doch alles ganz anders

Ich entscheide, also bin ich Chef ­ so definieren sich, in freier Abwandlung von Descartes, viele Vorgesetzte. Nicht jeder will aber den kleinen Diktator raushängen lassen und bezieht deshalb sein Team mit ein, wenn Entscheidungen zu treffen sind. Eigentlich vorbildlich, wenn der Boss hinterher nicht doch immer wieder alles anders machen würde. Erforschen Sie zuerst die Gründe. Möglicherweise haben sich die Voraussetzungen für die Entscheidungen geändert, wovon das Team nichts erfahren hat. Oder die Gründe für den Mehrheitsentscheid schienen Ihrem Chef bei reiflicher Überlegung im stillen Kämmerlein doch nicht gut genug. Dann sollte das Team an seiner Argumentaton feilen.

Oder Ihr Chef ist selbst unsicher: Er will sich das Good-feeling des Mehrheitsentscheids holen und hört schließlich doch lieber auf seinen Bauch. Dann verzichten Sie auf solche pseudodemokratischen Veranstaltungen, und fordern Sie Ihren Boss auf, seine Entscheidungen allein zu treffen. Wenn ihm wirklich an der Meinung seines Teams etwas liegt, wird ihm das peinlich sein, und er wird sie in Zukunft stärker berücksichtigen. Weicht Ihr Chef auf vage Formulierungen aus, nageln Sie ihn fest. Bestehen Sie auf konkreten Vereinbarungen und Terminen, die schriftlich festgehalten werden. Keiner wird sich gern schwarz auf weiß nachweisen lassen, anders als gemeinsam vereinbart gehandelt zu haben.

Mein Chef stellt sich nicht vor seine Mitarbeiter

Ihrem Chef mangelt es an Selbstbewusstsein, er fühlt sich mickrig. Wie soll er sich da vor seine Mitarbeiter stellen, wenn es Kritik von oben oder von Kunden hagelt? Sie können ihn dafür verachten ­ aber das bringt Sie nicht weiter. Mehr erreichen Sie, wenn Sie sein Selbstwertgefühl stärken. Versetzen Sie sich in seine Lage: Er hat selbst einen fiesen Chef, die Zahlen sehen mies aus, und da erwarten Sie auch noch einen Robin Hood? Erinnern Sie ihn an ­ gemeinsame ­ Erfolge. Vermitteln Sie ihm das Gefühl, auf seiner Seite zu sein. Helfen Sie ihm, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Versorgen Sie ihn mit guten Argumenten. Geben Sie ihm volle Kanone Rückendeckung, wenn Sie wollen, dass er sich für Sie ins Gefecht stürzt.

Mein Chef lässt mich strampeln und macht sich selbst einen feinen Lenz

Na und? Darf er auch, dafür hat er ja Sie. Vergleichen Sie sich nicht mit anderen und erst recht nicht mit Ihrem Chef. Fragen Sie sich: Was sind Sie selbst zu leisten bereit, wo liegen Ihre persönlichen Grenzen? Vielleicht engagieren Sie sich gern überdurchschnittlich, weil Ihnen Ihre Aufgabe am Herzen liegt. Dann ist doch egal, ob Ihr Chef pünktlich nach 7,5 Stunden die Löffel fallen lässt. Werden Sie wirklich brutal ausgebeutet, wehren Sie sich. Abgesehen davon: Können Sie tatsächlich fair beurteilen, was Ihr Chef leistet? Oder kennen Sie vielleicht nur einen Teil seines Jobs?

Mein Chef glaubt, er habe die Weisheit mit Löffeln gefressen, weil er ein alter Hase ist

Loben Sie zuerst seine lange Erfahrung, schmieren Sie ihm Honig um den Bart. Und bringen Sie ihn dann mit geschickten Fragen zu der Erkenntnis, dass das aktuelle Problem einzigartig ist und sich mit bisherigen nicht vergleichen lässt. Ergo: Es muss auch anders gelöst werden als in der Vergangenheit. Bieten Sie ihm Lösungen an und verkaufen Sie diese Ideen so, dass er glaubt, es seien seine eigenen.

Mein Chef reitet gern auf meinen Schwächen herum

Möglicherweise testet er mit einer falschen Anschuldigung nur Ihr Selbstbewusstsein. Dann widersprechen Sie ruhig, aber mit sicherer Stimme. Sollte er Sie wirklich bei einer Schwäche erwischt haben, bricht Ihnen kein Zacken aus der Krone, wenn Sie es zugeben. Keiner ist perfekt. Machen Sie am besten gleich einen Vorschlag, wie Sie das Problem beseitigen wollen.
Mein Chef will mir seinen Arbeitsstil aufzwingen. Überzeugen Sie ihn davon, dass Sie mit Ihrem eigenen Stil am effektivsten arbeiten. Das können Sie nur mit blitzsauberen Ergebnissen, besonders wenn Sie zur Schlampigkeit neigen und er von der pedantischen Sorte ist. Wenn Sie ihm nachweisen, dass Sie trotz Wanderdünen auf dem Schreibtisch keinen Termin platzen lassen oder trotz staubkörnchenfreiem Büro kreative Ideen entwickeln, wird er sie gewähren lassen.

Mein Chef lässt ständig wie eine Diva auf sich warten

Wenn Ihr Vorgesetzter notorisch unpünktlich ist, hilft manchmal Erziehung nach dem Motto: Wie Du mir, so ich Dir. Lassen Sie Ihre Unterlagen im Besprechungsraum liegen und gehen Sie in Ihr Büro zurück. Erst wenn Sie dort angerufen werden, gehen Sie zurück. Ihr Chef wird das höchstens zweimal mitmachen, danach hat er keine Lust mehr, auf Sie zu warten. Sollte Ihr Vorgesetzter ein Zahlenfreak sein, ist es nützlich, ihm vorzurechnen, wie viel es kostet, wenn ein, zwei, x hochbezahlte Mitarbeiter zehn Minuten auf ihn warten.

Mein Chef steckt seine Mitarbeiter in Schubladen

Warum lassen Sie sich denn darin einsperren? Wenn er mit seinem Vorurteil Unrecht hat, beweisen Sie Ihrem Boss das Gegenteil. Er hält Sie für unkreativ? Dann legen Sie ihm eine ausgefallene Idee vor. Er glaubt, Sie seien zu chaotisch? Dann präsentieren Sie ihm eine nützliche Übersicht, gespickt mit Daten und Fakten. Wählen Sie dafür einen günstigen Moment, in dem er Zeit und gute Laune hat. Und wenn er mit seinem Urteil richtig liegt und Sie mit genau den Aufgaben betraut, für die Sie wie geschaffen sind ­ was wollen Sie mehr?

Konflikte enden immer nur in gegenseitigen Vorwürfen

Bleiben Sie freundlich, auch wenn Ihr Chef aggressiv wird. Lassen Sie sich auf seinen Ton ein, gewinnen Sie gar nichts, im Gegenteil, eine Lösung rückt in weite Ferne. Durchbrechen Sie die Spirale der gegenseitigen Schuldzuweisungen, die ohnehin nicht weiterführt. Fragen Sie zum Beispiel, wie Sie sich anders hätten verhalten sollen. Werfen Sie dem Chef auch in heftigen Debatten Ihre Wahrheit nicht wie einen Fehdehandschuh vor die Füße, sondern überreichen Sie sie mit ein paar netten Worten wie eine Visitenkarte.

Ich weiß jetzt schon, dass das alles nichts bringt

Sie Ärmster haben also überhaupt gar keinen Einfluss auf Ihren Boss? Ist es nicht komisch, dass Sie ihn aber dazu bringen, eine rote Birne zu kriegen und loszubrüllen? Wenn Sie eine negative Reaktion provozieren können, dann geht's mit Sicherheit auch andersrum. Versuchen Sie es einfach mal unvoreingenommen, überraschen Sie ihn mit einer Reaktion, die er von Ihnen nicht erwartet hätte. Lassen Sie sich nicht vom ersten Misserfolg entmutigen, nehmen Sie neuen Anlauf. Und vergessen Sie nicht: Wer sich selbst als Pfannkuchen ausgibt, wird auch als solcher aufgegessen.

Den Chef im Griff. Petra Begemann. Don’t panic, Eichborn, Frankfurt 2000. 7,95 Euro. Wenig Theorie, viele nützliche Praxistipps. Eingängig geschrieben, leicht verständlich, kurz und knapp auf den Punkt gebracht. Macht Mut, das schwierige Verhältnis zum Chef gleich am nächsten Morgen nach der Lektüre anzugehen.

Wie führe ich meinen Chef? Gabriele Stöger. Heyne Business. München 2000. 7,95 Euro. Weniger Praxis, mehr Psychologie. Anleitung zum Selbstbewusstsein-Tanken, ein Aufmunterer für die ganz Verzagten. Leitmotiv: Es gibt mehr Menschen, die aufgeben, als Menschen, die scheitern.
Cheffing: Führen von unten. Friedrich Ulrich. Cornelsen. Berlin 2001. 13,70 Euro. Umständlich geschrieben. Walzt das aus, was bei Begemann flotter zu haben ist.

So managen Sie Ihren Chef. Esther Weidlich. Falken Gabler. Niedernhausen 2000. 15,29 Euro. Unterscheidet unterschiedliche Cheftypen vom Direktor bis zum Inspirator und gibt für jeden Typen Handlungsempfehlungen.

Wenn der Chef das Problem ist. Leitfaden zur Lösungsfindung. Stefan Blankertz. Klartext. Essen 1999. 9,95 Euro. Viele Listen zum Ankreuzen und Konfliktdiagramme.

Gespräche mit dem Chef. Silke Schubert, Thomas Zimmermann. Gräfe + Unzer Ratgeber Karriere. München 2001. 12,90 Euro. Sehr allgemeine Tipps, zum Beispiel für das Jahresgespräch, mitunter praxisfern und wenig hilfreich.

Die Neurosen der Chefs und wie Sie mit ihnen fertig werden. Hesse/Schrader. Frankfurt 1994. Demnach laufen nur Therapierbedürftige in den oberen Etagen rum. Nach der Lektüre müssten wir sofort kündigen und uns selbstständig machen ­ ohne eigene Angestellte wohlgemerkt, sonst landen wir bald selbst in der Klapse.

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